Gabriels Pleite mit dem Biosprit

Aus für Beimischungsziel

Gabriels Biosprit-Pläne stehen vor dem Aus – darüber freuen sich Fahrer älterer Autos. Aber zugleich wächst die Kritik am Umweltminister wie am alternativen Kraftstoff an sich. Viel wichtiger sei, den Verbrauch der Fahrzeuge zu senken.

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) ist nach seiner Ankündigung, gegebenenfalls die angestrebte Beimisch-Quote von Biosprit ins Benzin von zehn Prozent zu kippen, in die Kritik geraten. Die Erhöhung der Biosprit-Beimischung sei eine «klimapolitische Luftnummer» Gabriels, sagte Bayerns Umweltminister Otmar Bernhard (CSU) der «Passauer Neuen Presse». «Biomasse gehört weniger in den Tank, sondern mehr ins Heizkraftwerk.»

Viel wichtiger als die Biosprit-Beimischung seien Kraftstoffeinsparung und Verminderung des Durchschnittsverbrauchs der Fahrzeuge, sagte Bernhard. «Biomasse sollte in erster Linie Lebensmittel sein oder zur Strom- und Wärme-Erzeugung genutzt werden.»

Ähnlich äußerte sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen. Sein Generalsekretär Christian Hey sagte der «Neuen Osnabrücker Zeitung», der eigentliche Ansatz müsse sein, «viel leichtere, weniger PS-starke und effizientere Autos» auf den Markt zu bringen. Dies könne viel mehr zum Klimaschutz und zur Versorgungssicherheit beitragen als der Einsatz von Biosprit.

Warten auf Zahlen

Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Renate Künast sagte der «Leipziger Volkszeitung», Gabriel sei «an seinem jetzigen Schlamassel selbst Schuld». Aufgabe der Politik sei es, der Wirtschaft einen «ökologischen und sozialen Rahmen zu setzen». Die Zeit freiwilliger Vereinbarungen, die von den Konzernen nie eingehalten würden, sei vorbei.

Fakt ist: Deutschlands Autoindustrie muss die strengen EU-Klimaschutzvorgaben mit einer Schadstoff-Obergrenze von 120 Gramm pro Kilometer erfüllen. Bislang hoffte sie, damit unter Anrechnung des Biosprits zu erreichen. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Regierung auf, bei den Verbrauchsvorgaben aus Brüssel die Einberechnung von Agrar-Kraftstoffen auszuschließen. Dies sei ein Schlupfloch der Autoindustrie, um ihr Versagen bei der Verbrauchsminderung ihrer Modellflotten zu kaschieren.

Noch wartet Gabriel offizielle Zahlen ab - doch auch schon die Daten, die der ADAC verbreitet, sprechen eine klare Sprache: Der Automobilclub kommt auf mindestens 3,1 Millionen Autos in Deutschland, die die geplante höhere Biosprit-Beimischung ins Benzin nicht vertragen. Deren Fahrer müssten also auf teuren Super-Plus-Kraftstoff umsteigen. Gabriel hatte aber angekündigt, dass er seine Beimischungsziele kippen werde, wenn die Zahl eine Million Fahrzeuge übersteigt. Eine andere Entscheidung dürfe es auch gar nicht geben, sagte ADAC-Präsident Peter Meyer der in Hannover erscheinenden «Neuen Presse».

Rückkehr zur Steuerbefreiung gefordert

Die Beimisch-Quote von zehn Prozent ist damit wohl vom Tisch - was in der Regierung aber noch umstritten ist. Die FDP-Umweltpolitikerin Christel Happach-Kasan forderte Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf, Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) zur Ordnung zu rufen. «Er hält halsstarrig an der Beimischungsquote fest, obwohl sich die Bundesregierung dadurch zum 'Totengräber' der deutschen Biokraftstoffbranche macht, die Regenwaldzerstörung forciert und Schäden bei drei Millionen Automobilen zu verantworten hat», sagte die Abgeordnete der Netzeitung.

Happach-Kasan stimmte Gabriels Ankündigung, die Beimischungsziele notfalls fallen zu lassen, ausdrücklich zu. Sie sei «zwingend notwendig», aber nur ein erster Schritt: Die Regierung müsse die «unsinnige Zwangsbeimischung» abschaffen und Rein-Biokraftstoffe wieder von der Steuer befreien, forderte die FDP-Expertin.

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