Benelli Leoncino 800: Viel Fahrspaß fürs Geld

Benelli Leoncino 800: Viel Fahrspaß fürs Geld
Die Benelli Leoncino 800 ist charakterstark und lebendig, lässt aber auch beschauliches Dahinrollen zu. © Benelli

Auf Land- und Bergstraßen kann die Benelli Leoncino 800 so richtig punkten. Und auch optisch macht das Naked-Bike was her.

Der vor 111 Jahren in Italien gegründeter Motorradherstelle Benelli gibt Gas, seitdem die Marke von der chinesischen QJ-Gruppe übernommen wurde. So war die TRK 502X im vergangenen Jahr in Italien das meistverkaufte Motorrad. Und nun kommt die Leoncino 800, ein Mittelklasse-Nakedbike mit 754 Kubik-Zweizylinder und einer Leistung von 76 PS. Es will an die ruhmreiche Vergangenheit der Marke anknüpfen.

Lange Zeit gab bei den Mittelklasse-Nakeds die Ducati Monster den Ton an. Heute müht sich dort die 800er Scrambler, und zwar zu beträchtlichen Tarifen; Eine Scrambler Icon kostet mindestens 10.500 Euro. Die Benelli Leoncino bietet Ähnliches, ebenfalls sehr Ansehnliches schon für 8.000 Euro.

Mit viel Liebe zum Detail

Typisch für Benelli ist der kleine Löwe auf dem vorderen Schutzblech. Foto: Benelli

Am Design der Leoncino 800 etwas aussetzen zu wollen, fällt schwer: Schwarzer Gitterrohrrahmen, dezent-matte Metalliclackierung, der sehnige Tank, die markante Frontmaske, die charakterstarken LED-Beleuchtungseinheiten – das Naked-Bike macht zweifellos was her. Auch Details wie der in den Lenker eingelaserte Markenname oder der seitlich am Rahmen angebrachte Leoncino-Schriftzug verraten Liebe zum Detail. Schön gestaltet ist auch der Tankverschluss.

Ergänzend stellt das große TFT-Display ein repräsentatives Stück Technik dar. Die Ablesbarkeit wird durch zu kleine Buchstaben und Zahlen allerdings beeinträchtigt; bei praller Sonne ist zudem der Kontrast zwischen der blauen Drehzahlmesser-Einfärbung und dem schwarzen Display-Hintergrund zu gering. Kleinigkeiten, die sich leicht besser machen ließen. Das gilt auch für die Bedienungsanleitung, die offenbar bereits überarbeitet wird, was sie auch dringend nötig hat. Ihre aktuelle „Qualität“ schwankt zwischen unvollständig, verwirrend und irreführend.

Die Kritikpunkte verblassen aber fast vollständig, wenn der Zweizylinder-Twin die Arbeit aufnimmt. Ein sehr charaktervoller, potenter und drehfreudiger Motor, dessen Entwicklung – wie auch die des gesamten Motorrads – am Firmensitz an der italienischen Adria erfolgt ist. Die Maximalleistung von 76 PS liegt zwar erst bei 8.500 U/min an, doch ist der nutzbare Bereich von 2.500 bis zum Einsetzen des Begrenzers bei knapp 10.000 Touren schön breit. Besonders beeindruckend ist das volle Öffnen der Drosselklappen bei mittleren Drehzahlen: Es sind wahre Brunftschreie, die aus der Ansaugbox tönen. Extrem sparsam ist die Italo-Chinesin allerdings nicht: Wir brauchten bei zügiger, aber unhektischer Landstraßenfahrt 5,1 bis 5,9 Liter E10-Sprit für 100 Kilometer, was eine Reichweite von an die 250 Kilometer ohne Nachtanken des 15-Liter-Reservoirs ermöglicht.

Die Stabilität in Kurven überzeugt

Die Abgase des Zweizylindermotors werden über einen wuchtigen Endschalldämpfer entlassen. Foto: Benelli

Die 222 Kilo wiegende Leoncino 800 ist kein Leichtgewicht; Stahl dominiert, aber immerhin hat sie eine Leichtmetallschwinge und auch eine sehr kräftig dimensionierte USD-Gabel erhalten. Sie ist bestens austariert und lässt sich einfach fahren. Die Ergonomie ist gelungen, denn Sitz, Fußrasten und Lenker sind genau da, wo sie hingehören, um entspannt und gleichzeitig fahraktiv unterwegs zu sein. Deshalb fällt das Einlenken leicht, die Stabilität in Kurven und auch geradeaus bei hohem Tempo überzeugt. Die Federungsabstimmung ist straff, Komfort wird geliefert, dominiert aber nicht.

Ideales Terrain der Leoncino sind Land- und Bergstraßen, denn da kann die 800er richtig punkten: Die Leistung passt, die Drehfreudigkeit des Motors überzeugt und das Fahrwerk macht alles mit. Dabei setzt sich der prägnant profilierte Pirelli-Pneu vom Typ MT 60 RS sehr gut in Szene. Auch die Dreischeiben-Bremsanlage ankert kräftig und lässt sich punktgenau dosieren. Die Weitenverstellung der Handhebel indes ist extrem schwergängig. Zu zweit möchte man übrigens nicht längere Strecken fahren, dafür ist die Sitzbank zu kurz und zu wenig anschmiegsam. Aber das sieht man der Leoncino schon im Stand an.

Angesichts ihres Einstandspreises bietet sie verblüffend viel Fahrspaß fürs Geld. Und zeigt darüber hinaus, dass chinesische Motorradhersteller mittlerweile genau wissen, was in Europa gefragt ist – gute Qualität in gutaussehender Verpackung zu günstigen Preisen. (SP-X)

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