Unterwegs mit der Göttin

Der VW Eos im Cabrioland

Deutschland gilt weltweit als einer der größten Cabriomärkte. Der VW Eos kam indes viel zu spät, um der Konkurrenz gefährlich zu werden. In Kalifornien traf die Göttin der Morgenröte auf Freund und Feind.

Von Stefan Grundhoff

Angesichts warmer Temperaturen, grandioser Landschaften und endloser Highways gibt es kein perfekteres Cabrioland als Kalifornien. Im Bundesstaat des ehemaligen Mucki-Königs Arnold Schwarzenegger kann man die offene Mütze wie kaum anderswo auf der Welt genießen. Hier sind nicht nur die einheimischen Cabriomarken Chrysler, Ford und Toyota stark. Volkswagen hat im autoreichsten Bundesstaat der USA eine besondere Historie. Nirgends gibt es mehr Sonnenanbeter, die noch heute Cabrioversionen von Käfer, Kübelwagen, Golf oder Beetle fahren. Sogar einige offene VW-Bus-Umbauten gab es dank lässiger Vorschriften einst zu bestaunen.

Dach nur im Stand funktionstüchtig

Beim Start der Tour in San Francisco trifft der hellblaue Eos der Neuzeit bereits seinen Bruder. Auf dem überfüllten Highway 280 in Richtung Downtown kommt es zum Augenkontakt mit einer nahezu identischen Sonnengöttin - ein Eos ebenfalls mit zwei Liter Hubraum, DSG und 200 PS. Trotz sonniger 19 Grad Celsius hat sich die schmucke Pilotin entschlossen das Dach ge- und sich verschlossen zu halten. Vielleicht ist sie im drohenden Stau noch nicht zum stehen gekommen. Einer der Nachteile am VW. Das vollelektrische Dach öffnet und schließt sich nur bei stehendem Fahrzeug. Die breiten Highways zwischen San Jose und San Francisco scheinen dem Eos wie auf den Leib geschnitten. Der Fronttriebler ist kein Kurvenreißer, einer mit dem das forsche Fahren lockt. Die Antriebskräfte in der Lenkung sind nervig. 200 PS und 280 Nm Drehmoment arbeiten gerade beim Anfahren spürbar am Steuer. Daran ändert auch die überzeugende Doppelkupplung nichts.

Lust auf ein Windschott kommt dafür jedoch keinesfalls auf. Die Strecke ins Spielerparadies Las Vegas ist lang und so geht es bereits nachts um halb drei über die Bay Bridge in östlicher Richtung nach Oakland. Es ist kühl, jedoch alles andere als kalt und die Sitzheizung bullert kräftig. Auch bei geöffnetem Dach gibt es im Kofferraum genügend Platz für einen großen Koffer und zwei Taschen. Notfalls würde auch die Rückbank helfen, denn in der zweiten Reihe sollte man abgesehen von sehr kurzen Kurzstrecken keinen ernsthaft sitzen lassen. Be- und Entladen kann man den Eos jedoch nur bei geschlossenem Dach. Sonst gibt es abgebrochene Fingernägel und kaputtes Gepäck. Der Verbrauch des Vierzylinders hält sich im Rahmen. Modernste Motorentechnik mit Turbolader, Direkteinspritzung und den strengen US-Tempolimits sei Dank liegt der Verbrauch bei unter sieben Litern Super auf 100 Kilometern.

Durch die Wüste cruisen

Lässig in der Sonne Foto: VW

Erst nach Sonnenaufgang steht der erste Tankvorgang an. 3,16 Dollar für eine Gallone Super treiben einem angesichts der hohen Benzinpreise in Europa die Tränen in die Augen. Bei warmem Wetter geht es weiter Richtung Mojave Wüste, vorbei an der bekannten Edwards Airforce Base und Barstow bis zum Staatenwechsel nach Nevada. Solche lange Touren machen Spaß. Lässig, ruhig und souverän lässt sich der Niedersachse mit Geburtsland Portugal auch in der Spielermetropole nicht aus der Ruhe bringen.

Hier gibt es den ersten nennenswerten Fremdkontakt. Mehrere Chrysler Sebring Cabriolets werden im Laufe des ersten Vormittags passiert. Der noch junge Sebring ist in den USA der gefährlichste Eos-Gegner und gilt mithin als das meistverkaufte Mietcabriolet. Das Platzangebot bei ihm ist üppiger als im geräumigen Eos. Die Mietwagen sind mit einem preiswerten PVC-Dach ausgestattet. Für echte Kunden gibt es die Wahl zwischen schicken Stoff und einem vollelektrischen Aludach. Er setzt zumindest in den USA auf solide V6-Technik mit rund 180 PS. Zum Cruisen ebenfalls keine schlechte Wahl.

VW-Paradies LA

VW-Treffen Foto: press-inform

Ein paar Meilen weiter in Richtung des Wynn-Hotels begegnet der VW Eos seinem Vorvorvorgänger - zumindest in geschlossener Form. Der beigefarbene Käfer hat schon bessere Zeit gesehen; der Boxer rasselt jedoch noch rüstig vor sich hin. Zweifelhaft, ob der Eos auch einmal so ein Klassiker wird. Ehe es zurück an die Küste geht, gibt es weitere Begegnungen mit Ford Mustang Cabrio und dem alles andere als überzeugenden Toyota Solara, der nur in den USA auf dem Markt ist.

Konnte der VW Eos bereits an der San Francisco Bay, in der Wüste Nevadas und auf den langen Verbindungsstrecken überzeugen, so schlägt seine große Stunde in Los Angeles. Nirgends in den USA findet man mehr alte Volkswagen. Vom T1-Bully bis zum neuesten Touareg V8 ist alles vertreten. Im südlich gelegenen Marina del Rey ein kurzer Halt an einem dunklen VW Golf I Cabrio. Au weia, dem ist kaum noch zu helfen. Ein paar Meter weiter lockt ein ehemals dunkelgrüner Classic Line. Sein Dach ist geöffnet. Innen gibt es beiges Leder und die Deutschland seltene Klimaanlage. Mehr war Anfang der 90er Jahre nicht zu bekommen. Sein Dach war wohl Jahre nicht mehr geschlossen und das Leder ist selbst von Westcoast Customs nicht mehr zu retten.

«Ist das der neue Jetta?»

Pause am Flughafen Foto: press-inform

Es geht weiter nach Venice. Hier wohnen bevorzugt Szene-People, ein paar Promis und die Alternativen von Los Angeles. Endlich das erste Käfer Cabriolet - in verblichenem gelb mit geöffnetem Dach und undefinierbarer Laufleistung. Schwarze Kunstledersitze und ein kaputtes Pioneer-Radio zeigen, dass der Besitzer Surfbretter lieber mag als seinen Käfer. So sahen die Cabriolets in den frühen 70er Jahren aus. Der Unterschied zum aktuellen Eos - mehr als eine halbe Ewigkeit.

Beim letzten Tanken in Venice Beach gibt es den ersten echten Dämpfer. Nach viel Anerkennung in die letzten Tagen kommt eine Mittvierzigerin auf den Eos zu und fragt unvermittelt: «Sieht gut aus. Ist das der neue Jetta?» Beim zweiten Hinsehen kann man ihr noch nicht einmal widersprechen. Ändert nichts daran: Der VW Eos ist gerade mit dem 2.0-TFSI-Triebwerk eine Verlockung für Cruiser. Aber das Design dürfte beim besten Willen etwas schärfer sein. Hier kann der Eos auch im Heimatland der Cabriolets noch einiges lernen.

Kampf mit dem Beetle

Der VW Eos ist seit seiner Markteinführung das Lieblingscabriolet der Deutschen. Ohne lange zu hadern hat die Klappdachversion die Vorgängermodelle VW Beetle Cabrio und den offenen VW Golf III deutlich hinter sich lassen können. Und auch in den USA ist der Eos auf dem besten Weg zu einem der erfolgreichsten Cabriolets zu werden. In den ersten fünf Verkaufsmonaten in 2006 verkaufte man bereits 14.200 Fahrzeuge. In diesem Jahr stehen die Chancen gut, den durchaus erfolgreichen US-Beetle hinter sich zu lassen.

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