Opel hofft weiter auf Bürgschaften

Hilfe aus Bundesländern

Der Autobauer setzt auf die Bundesländer, die ihre Hilfsbereitschaft signalisiert haben. Doch Hessen äußert sich zurückhaltend – einen Freibrief könne es nicht geben.

Von Harald Schmidt

Opel setzt nach dem Nein des Bundes zu Staatshilfen auf Unterstützung aus den Ländern. Bis zu 400 Millionen Euro Bürgschaften erhofft sich Firmenchef Nick Reilly von den vier Bundesländern mit Opel-Werken. Thüringen und Rheinland-Pfalz haben bereits Hilfen über zusammen 168 Millionen Euro signalisiert. Doch nicht überall stößt Reilly auf derart offene Türen.

Warten auf den Antrag

Hessens Wirtschaftsminister Dieter Posch (FDP) kritisierte am Freitag den «vorauseilenden Gehorsam» seiner Kollegen: «Ich finde es nicht in Ordnung, wie sich die Länder jetzt mit Summen überbieten, ohne zu wissen, worum es überhaupt geht.» Er rechne mit einem Antrag von Opel, über den dann entschieden werde. «Ich bin nicht spendabel, sondern wir halten uns an unsere Richtlinien.»

Opel will die neuen Anträge auf Bürgschaften allerdings nicht sofort stellen. «Wir haben uns sehr über das Gesprächsangebot der Länder gefreut. In den Gesprächen müssen konkrete Hilfsmöglichkeiten besprochen werden», sagte ein Unternehmenssprecher.

Keine Absicherung vom Bund

Dabei müssten auch formale Fragen geklärt sein. Dazu gehöre, ob statt des Bundes auch die Länder bei möglichen Hilfen der Europäischen Investitionsbank (EIB) eine Bürgschaft übernehmen könnten. Opel habe bereits Kontakt zur EIB aufgenommen. Vom Bund werde es jedenfalls keine Kreditabsicherung geben, stellte Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) klar.

«Wenn es am Schluss wieder auf eine Bürgschaft des Bundes rausläuft - und das Übliche ist, dass die EIB keine eigenen Risiken übernimmt, sondern komplett das wieder beim Bund abliefert als Bürgschaft -, würde bei gleichen Kriterien die gleiche Entscheidung getroffen werden», sagte Brüderle dem Deutschlandfunk. Es sei offen, ob Opel einen Antrag bei der EIB stellen und wie dieser aussehen werde.

Hessen für Alleingang

Reilly hatte die Finanzierungslücke nach Brüderles Absage auf 800 Millionen Euro beziffert - und die Hoffnung geäußert, die Länder könnten für 25 bis 50 Prozent dieser Lücke bürgen. Thüringen kündigte an, seinen Beitrag von 27,8 auf etwa 68 Millionen Euro erhöhen zu wollen. Rheinland-Pfalz will eine Bürgschaft von bis zu 100 statt 62 Millionen Euro geben. Für den Rest - nach Reillys Erwartungen rund 400 Millionen Euro - müssten andere Wege gefunden werden. Der Hersteller rechnet mit Sanierungskosten von 3,3 Milliarden Euro, davon will die US-Mutter General Motors 1,9 Milliarden Euro beisteuern.

Hessen will die Verhandlungen über Bürgschaften nicht gemeinsam mit den anderen Standortländern führen. Bei einer Landesbürgschaft gehe es um hessische Steuergelder, so dass nur geprüft werden müsse, welche Restrukturierungsmaßnahmen in Hessen anstehen, sagte Posch. «Die Probleme in Kaiserslautern, Eisenach und Bochum sind ganz andere als in Rüsselsheim.»

Weniger Geld benötigt

Ursprünglich hatte Opel bei Bund und Ländern 1,5 Milliarden Euro Staatshilfe beantragt. Dass die Lücke inzwischen auf 800 Millionen Euro geschrumpft ist, führt Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz auf gesunkene Sanierungskosten zurück: «Wir haben mehr neue Modelle und Getriebe geplant und von General Motors mehr Ingenieursverantwortung übertragen bekommen», sagte er der Nachrichtenagentur dpa. Zudem übernehme der Hersteller Aufgaben, die früher ausgelagert waren.

Aus diesen Gründen müssten vermutlich weniger Stellen abgebaut werden. Zahlen nannte Franz nicht. Der Opel-Sanierungsplan sieht bisher die Streichung von 8300 der europaweit 48 000 Jobs vor.

Betriebsräte machen Druck

Betriebsräte und IG Metall mahnten das Management, bei den Bürgschaftsanträgen aufs Tempo zu drücken. Die Ungewissheit über die Zukunft des Unternehmens müsse nach beinahe zweijähriger Hängepartie innerhalb kurzer Zeit beendet werden. «Die Finanzierung von Opel/Vauxhall in Europa muss bis Ende Juni 2010 sichergestellt sein», schrieben die Betriebsräte der deutschen Opel-Standorte und Gewerkschaftsvertreter in einem Brief an die Belegschaft. (dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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