Mammutaufgabe für die Zukunft

Opel

Mit Opel geht es seit Jahren bergab: Der Autobauer verliert massiv Marktanteile. Selbst die Abwrackprämien in ganz Europa sorgten nur für eine Verschnaufpause, Autoexperte Dudenhöffer sieht eine «Marke im Sinkflug». GM steht bei der Sanierung vor einer schweren Aufgabe.

Von Harald Schmidt und Christian Ebner

Die Aussichten für Opel sind auf den ersten Blick wenig rosig. Denn bisher sind der Hersteller und die Schwestermarke Vauxhall fast ausschließlich in Europa aktiv - einem gesättigten und hartumkämpften Markt. Doch Firmen-Chef Nick Reilly ist kämpferisch. Er will die Wende schaffen. Und dafür nicht nur die Kosten senken, sondern vor allem mit besseren Modellen, alternativen Antriebstechnologien und dem Eintritt in neue Märkte Kunden (zurück-) gewinnen.

Elf Milliarden Euro an Investitionen

Schon 2011 strebt der walisische Manager ein ausgeglichenes Ergebnis an, 2012 soll Opel wieder Gewinne einfahren - und den Absatz in Europa von 1,2 Millionen Autos 2009 auf 1,7 Millionen erhöhen. Der Weg zurück auf die Erfolgsstraße wird zweifelsohne steinig. Doch die US-Mutter fährt nicht nur endlich wieder Gewinne ein, sie will diese nun sogar aktiv in Modelle und Strukturen bei der europäischen Tochter investieren, sagt Experte Helmut Becker, Leiter des Instituts für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation: «Das gibt Anlass zur Hoffnung.»

Der neue GM-Boss Ed Whitacre, selbst kein altgedienter Automanager, habe die Bedeutung Opels für den Gesamtkonzern erkannt, sagt Becker. Und damit mehr Verstand bewiesen, als alle seine Vorgänger der letzten Jahrzehnte zusammen. Immerhin Investitionen über 11 Milliarden Euro hat Reilly bis 2014 für neue Modelle und alternative Antriebstechnologien in Aussicht gestellt.

Neue Märkte erschließen

Die GM-Zentrale in Detroit Foto: dpa

Die Opelaner werfen den Managern in Detroit schon lange vor, über die Modellpolitik und das Design bei Opel zu entscheiden, dabei die Wünsche europäischer Kunden aber missachtet zu haben. «Seit 20 Jahren geht es mit Opel bergab. Aber das lag an der Mutter, die sich einen Dreck um Opel gekümmert hat», schimpft Becker. IG-Metall-Chef Berthold Huber beschrieb die Modellpolitik der GM-Bosse einmal so: «Sie haben Automodelle mit dem Luftwiderstandswert eines Scheunentors und dem Leergewicht eines Mini-Panzers produziert.»

Diese Probleme dürften nun ein für alle Mal der Vergangenheit angehören, wenn man Reillys Versprechungen glauben darf. Denn Entscheidungen über neue Modelle und Forschungsschwerpunkte sollen künftig in Rüsselsheim getroffen werden, nicht in den Türmen im fernen Detroit. Mit Autos «Made in Europe» will Opel sein angestaubtes Image verbessern, Marktanteile in Europa zurückgewinnen und neue Kunden in bisher brachliegenden Märkten etwa in Asien erschließen.

«Tapfere» Händler als Pluspunkt

Meriva als Hoffnungsträger Foto: Oopel

Ihre Modellpalette halten sie im Stammwerk Rüsselsheim jedenfalls für wettbewerbsfähig, zumal in diesem Jahr noch wichtige Fahrzeuge auf den Markt kommen. Der Astra-Kombi soll an den Erfolg des größeren Insignias anknüpfen, während der neue Mini-Van Meriva mit cleverem Innenraum sowohl junge Familien als auch ältere Stammkunden ansprechen könnte. Reilly hat zudem weitere neue Modelle wie einen Lifestyle-Mini und ein Cabrio angekündigt.

«Opel hat durchaus einen Vorsprung bei der Entwicklung und dem kostengünstigen Bau von Kleinwagen» sagt Wolfgang Meinig, Leiter der Bamberger Forschungsstelle Automobilwirtschaft (FAW). Das eigentliche Problem sei der Vertrauensverlust der Verbraucher, der mit der Ersparnis durch die nun abgesagten Staatsbürgschaften nie hätte aufgewogen werden können. Dies habe Reilly endlich erkannt und konzentriere sich nun auf Produktentwicklung und Effizienzsteigerung. «Opel muss jetzt hart arbeiten und Ruhe bewahren», meint Meinig. Ein Pluspunkt seien die «tapferen» Händler, die Opel die Treue hielten.

Vorsprung beim E-Auto

Das Elektroauto Opel Ampera
Das Elektroauto Ampera Foto: Opel

Der Auto-Professor Markus Voeth aus Hohenheim bei Stuttgart verwendet Opel als Paradebeispiel, wenn er seinen Studenten die Zerstörung einer Marke erklärt. Das Ende des Polit-Hick-Hack könne Opel nur nutzen. Das Unternehmen sei aber noch weit von seinem Ziel entfernt, beim Publikum als «grüner Volumenhersteller» zu gelten, lautet seine Bestandsaufnahme.

Weit vorn unter den deutschen Herstellern ist Opel im Verbund mit dem Mutterkonzern General Motors immerhin in Sachen Elektroauto. Der in Rüsselsheim entwickelte, aber zunächst nur in Detroit gebaute Opel Ampera kommt in Europa im kommenden Jahr in die Verkaufsräume, in den USA als Chevrolet Volt schon 2010. Im Unterschied zu anderen E- Konzepten ist der Elektro/Benzin-Hybrid durchaus alltagstauglich und legt kurze Strecken ausschließlich mit Strom zurück. Größere Verkaufszahlen erwartet aber nicht einmal Opel selbst. (dpa)

Vorheriger ArtikelZwei neue Italo-Zwerge
Nächster ArtikelLadestation gratis
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden