Georg Bushs fliegender Teppich

Der Cadillac DTS gehört zu den am besten geschützten Geheimnissen der Automobilwelt. Das Dienstfahrzeug des US-Präsidenten ist rein technisch aber nicht gerade auf der Höhe der Zeit.

Von Stefan Grundhoff

Eigentlich ist der Cadillac DTS ein weitgehend unspektakuläres Autos und fällt allenfalls durch seine Länge von 5,28 Metern und seine bevorzugt älteren Insassen auf. In punkto Fahrdynamik, Motor und Verarbeitung kann es der Luxusamerikaner keinesfalls gegen die deutlich bessere Konkurrenz aus Europa und Asien aufnehmen. Aber der amerikanische Präsident wäre nicht der amerikanische Präsident, wenn er nicht in einer Luxuslimousine aus eigenen Landen auf Staatsbesuche gehen würde. Technisch ist der DTS selbst im GM-Konzern eine alte Nummer. Er basiert nach wie vor auf der Plattform des betagten Edeldoppels Cadillac DTS und STS, die im Sommer 1993 ihre Premiere feierten.

Antrieb über die Vorderachse

Während sich der STS mittlerweile technisch und optisch frisch gemacht hat, ist der DTS das, was er schon immer war: eine Sänfte auf Rädern. Der DTS ist der Nachfolger des geradezu legendären Cadillacs DeVille Touring Sedan, von dem sich auch sein Namenskürzel ableitet. Zusammen mit dem Lincoln Towncar hat der DTS in den USA den Stellenwert einer Mercedes S-Klasse und ist seit Anfang der 50er Jahre das Aushängeschild der Marke Cadillac. Mittlerweile ist der DTS nur noch als viertürige Limousine im Handel. Die lange Jahre angebotenen Coupé- und Cabrioletversionen wurden aufgrund geringer Nachfragen eingestellt. Anders als die gesamte Konkurrenz aus dem In- und Ausland wird der DTS trotz üppiger Motorleistung und entsprechendem Leergewicht über die Vorderachse angetrieben. Aus dem ehemaligen 4,9-Liter-Triebwerk wurde 1996 der durchzugsstärkere 4,6 Liter V8.

Über fünf Tonnen schwer

Zum Vergleich: die aktuelle Auflage der Normalversion Foto: Cadillac

In den USA ist der Cadillac DTS mit einem 279 und einem 295 PS starken Achtzylinder mit Benzindirekteinspritzung und Vierstufenautomatik auf dem Markt. Während die Serienmodelle 180 bzw. 210 km/h schnell sind und knapp 1,9 Tonnen wiegen, hat die Staatslimousine mit dem Namen «Cadillac One» des amerikanischen Präsidenten deutlich imposantere Werte. Die Motorleistung soll bei rund 500 PS liegen. Die Panzerung oberhalb der üblichen B6/B7-Panzerung von anderen Schutzlimousinen und der nochmals verlängerte Radstand machen das US-Car-Nummer-1 knapp fünf Tonnen schwer. Die gepanzerten Scheiben sind dicker als ein Unterarm und halten selbst schwerstem Beschuss stand. Zudem bietet der DTS einen höchstmöglichen Schutz vor terroristischen Angriffen.

Alles, was technisch möglich ist

Im Cadillac One geht es da etwas geräumiger zu Foto: Cadillac

Seine Armierung hält Gewehrprojektile alle Art ebenso aus wie Handgranaten und andere Sprengsätze. Zusätzliche Sicherheits-Features sind Reifen mit Notlaufeigenschaften, ein selbst dichtender Tank und eine Feuerlöschanlage. Im Notfall lassen sich die Türen zum Notausstieg heraussprengen. Satellitentelefon, Computer und gesicherte Telefonleitungen sind nur einige der Ausstattungsdetails, die eine Fahrt zwischen zwei anstrengenden Krisensitzungen zur Wohltat werden lassen. «General Motors und Cadillac sind stolz mit dem DTS als Präsidentenlimousine das neueste Kapitel in der amerikanischen Automobilgeschichte zu schreiben», so General-Motors-Chef Rick Wagoner.

Es gibt mehrere Fahrzeuge des Cadillac One. Alle Fahrzeuge sind identisch ausgestattet, mit einem schwarzen Metalliclack (Jet-Black) überzogen und verfügen über dunkelblaue Ledersitze. Im Innenraum haben sechs Personen bequem Platz.

Verbrauch ist kein Thema

Das Cockpit im regulären DTS Foto: Cadillac

Der normale Cadillac DTS zeichnet sich durch eine schwammige Lenkung, weiche Dämpfer und einen Verbrauch von gerade einmal 13,7 Litern Normalbenzin auf 100 Kilometern auf. Der schwerstgepanzerte DTS von George Bush dürfte deutlich mehr als 30 Liter pro 100 Kilometer verbrauchen. In den vergangenen Jahren hat insbesondere die europäische Konkurrenz dem DTS sehr zugesetzt, während sich viele Cadillac-Fans zum neu entwickelten STS mit Heckantrieb, Powermotor und zunehmend europäischen Genen hingezogen fühlen. Bei den betont älteren US-Kunden steht der DeVille Touring Sedan jedoch nach wie vor hoch im Kurs. Platzangebot sowie Serienausstattung sind opulent und Bodenwellen werden wie von einem fliegenden Teppich so gut wie negiert.

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