Die wöchentliche PS – Abgasnachbehandlung

Kolumne

Über die Verstaatlichung von BMW, den Kingelbeutel der Autoindustrie und die Furcht von Wendelin Wiedeking vor Gevatter Piech.

Von Martin Woldt

Sind Sie von dieser Finanzmisere auch so angefressen? Mein Sohn überraschte mich dieser Tage mit der Nachfrage, ob ich auch gehört hätte, dass «sie BMW dicht machen wollen?» Ehe ich in dem Moment an die latente Krise denken konnte, fiel mir zunächst eine ganz andere ein. Und bei dem, was da zuletzt in München los war, mochte ich zunächst gar nichts ausschließen. Dass bei den Bayern vielleicht eines der gefallenen Mannsbilder, der Huber Erwin oder der Beckstein Günther, in ihrer Torschlusspanik noch eilfertig eine Vorlage unterzeichnet haben. Dann wäre bei BMW nicht nur ein paar Tage Produktionsruhe wegen einiger Absatzprobleme, sondern womöglich auf unbestimmte Zeit Betriebsferien? Bis der Seehofer per Untersuchungsausschuss die Sache wieder gerade rückt. Aber so eine, natürlich vom Steuerzahler bezahlte, Zwangspause käme BMW unter Umständen gar nicht ungelegen. Sieht es doch kaum so aus, als würden etwa die Amerikaner momentan viel über die Anschaffung neuer Autos nachdenken. Da wie hier hat man derzeit andere Sorgen. Über drei Millionen Autos weniger als 2007 werden in diesem Jahr in den USA abgesetzt; darunter wohl auch mancher geschmähte BMW.

Fahnen auf Halbmast

Es ist ein schwacher Trost für die Münchener, dass die Fahnen fast überall in der Branche auf Halbmast wehen. Mercedes, Renault, Volvo, Ford, GM, das Elend ist zum Greifen nah, beklagen einen bockige Kunden. Ihr Geld sitzt nicht mehr so locker. Und wenn sie sich noch überreden lassen, dann keineswegs für grün-lackierte Spritschleudern. Die Hoffnung muss wohl niemand hegen, selbst wenn der Ölpreis mit gegenwärtig unter 100 Dollar das Barrel, womöglich Illusionen nährt. Bei der Autoindustrie jedenfalls nicht, sonst wären diese Woche nicht die Hemmungen gefallen, den Klingelbeutel auszupacken. Wie im Falle der Banken oder der Konkurrenz in den USA wird nun nach staatlichen Krediten verlangt. Und das von einer Branche, die wohl die aufwändigste Lobbyarbeit betreibt, sich staatlicher Einflussnahme unter allen Umständen zu verbieten. 40 Milliarden Euro sollte die Zusage mindestens betragen, plus Verschrottungsprämie für Altautos natürlich, hat Anfang der Woche der europäische Herstellerverband ACEA mit PSA-Chef Streiff vorweg verlangt. Im Gegenzug sei man geneigt, die CO2-Einsparungsziele der EU als realistisch zu betrachten.

Der schweigsame Ritter

Das ist schon ziemlich dreist und müsste eigentlich die große Stunde von Wendelin Wiedeking, dem Ritter ohne Furcht und Tadel aus dem Hause Porsche, sein, der staatliche Geschenke, früher zumindest, rundweg als anstößig. Aber er schweigt.Inzwischen denkt er vielleicht anders? Nachdem ihm klar geworden sein dürfte, wie viel man so im Sparstrumpf haben muss, um so spät noch etwa einen Elektro-Sportwagen auf die Beine zu kriegen. Zu einem mit dem Tuner Ruf entwickelten Prototypen im 911er Kleid hat es diese Woche wenigstens gereicht. Aber sonst? Sonst ist er viel mit sich beschäftigt, weil Gevatter Piech immer so durch die Zähne lächelt, wenn er ihm begegnet. Und weil unser Ritter auch nicht weiß, wie lange das noch gut gehen kann, hat er lieber vorgesorgt. Immerhin. Hat sich in diesen unsicheren Zeiten, in denen am Aktienmarkt selbst Porsche-Gewinnbeteiligungen wie Schnee in der Sonne schmelzen, einen Traum erfüllt und eine Kneipe in seiner westfälischen Heimat gekauft. Man kann ihn gut verstehen: Wo ließe sich auch besser des Zeitalters der durstigen Autos gedenken als eben dort?

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