«Die Luft wird spürbar sauberer»

Interview mit Hans-Joachim Hummel zu Umweltzonen

Für den ADAC führen Umweltzonen laut einer aktuellen Studie zu keiner nennenswerten Verbesserung der Luftqualität. Dem widerspricht Hans-Joachim Hummel vom Umweltbundesamt im Interview mit der Autogazette.

Nach einer aktuellen Studie des ADAC führen Umweltzonen zu keiner nennenswerten Verbesserung der Luftqualität. Das sieht Hans-Joachim Hummel vom Umweltbundesamt (UBA) in Dessau anders.

Bereits Effekt durch Stufe eins

«Meine Kollegen sowohl in Berlin als auch des Umweltministeriums in Stuttgart haben festgestellt, dass die Umweltzone bereits in der ersten Stufe einen Effekt zeigt», sagte Hummel im Interview mit der Autogazette. Hummel leitet beim UBA das Fachgebiet Grundsatzfragen Luftreinhaltung.

«Umweltzonen senken Verkehrsemissionen»

Autogazette: Sind Umweltzonen nur eine wirkungslose Effekthascherei?

Hans-Joachim Hummel: Nein, Umweltzonen senken deutlich die Verkehrsemissionen und die Luft wird sauberer, die die Menschen in den Städten einatmen.

Autogazette: Der ADAC sieht das nicht so und stellt in einer Studie fest, dass Umweltzonen zu keiner nennenswerten Verbesserung der Luftqualität geführt haben.

Hummel: Mir liegt die ADAC-Studie nicht vor, aber meine Kollegen sowohl in Berlin als auch des Umweltministeriums in Stuttgart haben festgestellt, dass die Umweltzone bereits in der ersten Stufe einen Effekt zeigt.

«Zweite Stufe mit deutlicher Reduktion»

Hans-Joachim Hummel Foto: UBA

Autogazette: In Berlin ist die Feinstaubbelastung durch die Umweltzone an Hauptverkehrsstraßen nur um drei Prozent zurückgegangen. Spricht das nicht für die Aussagen des ADAC?

Hummel: In der ersten Stufe der Umweltzone hatten wir nichts anderes erwartet. Auch unsere Berechnungen liefen auf etwa drei Prozent hinaus. Das liegt daran, dass derzeit nur wenige stark emittierende Fahrzeuge betroffen sind und noch viele Ausnahmen gemacht werden. In der zweiten Stufe werden nur die Fahrzeuge mit geringen Emissionen in der Umweltzone fahren dürfen, sodass dann mit einer deutlicheren Reduktion der Feinstaubbelastung zu rechnen ist.

Autogazette: Mit welcher Feinstaubreduktion rechnen Sie, wenn ab 2010 in Berlin nur noch Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzone dürfen?

Hummel: Die Feinstaubelastung der Luft wird um etwa 10 Prozent zurückgehen, sodass an 20 Tagen weniger als bisher der Grenzwert überschritten wird.

Autogazette: In Hannover lockert man die Festlegungen, will bis Ende 2011 auch Fahrzeuge mit gelber Plakette in die Städte fahren lassen. Ist das für Sie eine umweltpolitische Fehlentscheidung?

Hummel: Als umweltpolitische Fehlentscheidung würde ich das nicht bezeichnen, der beschrittene Weg ist ja der richtige. Doch wenn man nur Fahrzeuge mit grüner Plakette in die Umweltzonen lassen würde, hätte man schneller saubere Luft.

«Der Effekt wird höher sein»

Auspuffabgase und Feinstaubplakette Foto: dpa

Autogazette: Für den ADAC bringt eine Ausweitung der Fahrverbote auf Autos mit gelber oder roter Plakette keine ausreichende Minderung der Emissionen. Sollte man auf die Einführung der zweiten Stufe verzichten?

Hummel: Diese Aussage ist unrichtig. Mit der zweiten Stufe werden in Berlin die Emissionen der Kraftfahrzeuge deutlich sinken. Wenn nur saubere Fahrzeuge fahren dürfen, ist der Effekt auch deutlich höher.

Autogazette: Der ADAC sieht in Umweltzonen eine Einschränkung der Mobilität. Ist die Umweltzone vor dem Hintergrund von derzeit drei Prozent weniger Feinstaub in der Luft zu rechtfertigen?

Hummel: Das Umweltbundesamt meint, dass das hinzunehmen ist. Der Gesundheitsschutz hat hier Vorrang. Mit der zweiten Stufe wird die Luft spürbar sauberer. Damit wird mehr Lebensqualität in den Innenstädten erreicht.

Autogazette: 40 Prozent der Feinstaubbelastung gehen auf den Verkehr zurück, der Rest auf Industrie, Gewerbe und Heizungen. Wird in diesen Bereichen genug getan?

Hummel: Auch in diesen Bereichen ist was getan worden und wird etwas getan. Seit 2002/2003 gibt es schärfere Grenzwerte für Industriebetriebe und Kraftwerke, und unsere Heizungen werden zukünftig weniger Feinstaub in die Luft bringen, eine entsprechende Gesetzesnovellierung ist von der Bundesregierung auf den Weg gebracht.

Das Interview mit Hans-Joachim Hummel führte Frank Mertens

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