Der Großraumpanzer-Spritschlucker-Protz

Kommentar zu Energiepreisen

Es gibt Wege aus den Windungen der Spritkostenschraube. Der Staat, der Steuersenkungen vehement ablehnt, muss nur endlich Druck in die richtige Richtung ausüben, meint Tilman Steffen.

Nichts gegen Steuersenkungen und Entlastung der Bürger - solange sie zukunftstauglich sind. Doch angesichts der Rekord-Spritpreise dem Staat vorzuwerfen, er saniere sich an dem Preis-Desaster, ist Unsinn. Die in Deutschland fällige Abgabe auf jeden Liter Benzin von 0,66 Euro (bei Diesel 0,47 Euro) hat mit dem Rekordwert nichts zu tun. Lediglich durch die Mehrwertsteuer profitieren Bundes- und Länderkassen von den Rekordpreisen.

Den Spritpreis gesetzlich zu begrenzen oder Steuern zu senken oder abzuschaffen, käme so einer Einladung für einen neue Preisrunde der Mineralölindustrie gleich. Nicht das Mindern oder Abschaffen der Steuern nimmt Autofahrern den steigenden Kostendruck. Denkbar sind drei andere Wege, die Budgets der Privathaushalte zu entlasten: die Pendlerpauschale, engmaschigere Nahverkehrsnetze oder Autos, die mit weniger Sprit dieselbe Leistung erzielen.

Doch schon der erste Ansatz hat Schwächen: Die Pendlerpauschale entlastet nur den, der am Monatsende viel Brutto auf dem Konto hat. Wer kaum etwas versteuert, wie etwa die Friseuse oder der Wachschutzmann, kann beim Finanzamt auch den Arbeitsweg nicht entlastend geltend machen. Doch auch Wenigverdiener müssen zum Arbeitsort gelangen, Gerechtigkeit sieht anders aus.

Wer, etwa am Wochenende oder im Urlaub, privat unterwegs ist, hat zudem von der Pendlerpauschale gar nichts. Hinzu kommen die weiteren Folgen des Entfernungs-Bonus': Der Umweltschaden durch Abgase und die stärkere Zersiedelung der Landschaft. Denn der Staat finanziert über den Steuernachlass den Häuslebau jenseits der Stadtgrenzen mit. Wegen ebendieser Probleme stand die Pauschale schon oft in der Kritik.

Sinnvoller als in die Pendlerpauschale wären die Steuereinnahmen des Staates in den Ausbau des Nahverkehrsnetzes investiert. Denn bei Zeittakten von derzeit 30 oder gar 60 Minuten hat kein Landbewohner Lust, auf den Bus umzusteigen - sofern es überhaupt einen gibt. Den Sprit fressenden Individualverkehr zu verringern schont jedoch die Nerven der jetzt staugeplagten Pendler. Weiterhin hilft dies der Autofahrer-Nation Deutschland, die hohen europäischen Klimaziele zu erreichen.

Das Drehen an diesen Stellschrauben ist jedoch nur halbherzige Bastelei im Vergleich zum dritten Weg: die Kosten dort zu vermeiden, wo sie entstehen. Im Entwickeln wirklich Sprit sparender Motoren steckt das wahre Potenzial, Autofahrer und Umwelt zu entlasten. Nach Wolfsburg, Ingolstadt, Stuttgart oder München hin muss der staatliche Druck wirken. Denn die dort tätigen Entwickler können weit mehr, als sie derzeit in den Verkaufsausstellungen der Autohändler zeigen.

Und noch etwas kann der Staat bewirken: Statt Managern den Betrieb ihrer geleasten, Sprit fressenden Großraumpanzer samt Tankquittung steuerlich zu versüßen, muss der Besitz rollender Statussymbole wieder das werden, was er ist - ein Luxus. Wenn diesen Reichtum sich nur noch Wenige wirklich leisten können, anstatt ihn Steuer mindernd auf Kosten der Allgemeinheit rollen zu lassen, werden die Autokonzerne endlich ihre Prioritäten ändern.

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