Das Auto bremst selbst

Auffahrunfälle könnten schon bald der Vergangenheit angehören. Mercedes präsentiert mit dem neuen Coupe CL ein Auto, das bei Gefahr eigenständig bremst.

Von Stefan Grundhoff

Autofahrer werden an Bord immer mehr zu Verwaltern von High-Tech-Systemen. Schon jetzt haben moderne Fahrzeuge eine ganze Menge drauf: Routenberechnung in Sekundenschnelle, Datentransfer via Bluetooth, Ferndiagnose, Einparken, Spur halten und dem Vordermann in sicherem Abstand folgen. Die neueste Entwicklung aus dem Hause Mercedes-Benz zeigt, wie sicher wir mittelfristig unterwegs sein werden. Auffahrunfälle könnten schon bald Geschichte sein.

Bei tonnenschweren Brummis gibt es die intelligenten Bremsassistenten mit Eigeninitiative bereits. Jetzt legen die Stuttgarter in der PKW-Sparte nach. Mercedes stattet ab Herbst nicht nur seine Luxuslimousine S-Klasse, sondern auch das neue Mega-Coupe namens CL mit einer Wunderbremse aus. Ein intelligenteres Bremssystem ist derzeit auf zwei Achsen nicht zu bekommen. PRE-SAFE kennt man bereits seit 2002 aus der S-Klasse; mittlerweile auch in anderen Mercedes-Modellen. Erkennt das System einen kritischen Fahrzustand, werden die Sitze in die optimale Position gebracht, Bremsen angelegt, Fenster sowie Schiebedach geschlossen und die Vorbereitungen für einen Zusammenprall getroffen. Mit dem erweiterten Bremsassistenten, den die Schwaben im Herbst letzten Jahres mit der Einführung der neuen S-Klasse (Baureihe W 221) vorstellten, wurde per Radar nicht nur der Abstand zum Vordermann gehalten, sondern auch vor einem bevorstehenden Aufprall mit dem Vordermann gewarnt.

40 Prozent der maximalen Bremsleistung

Erkennen die in der Front untergebrachten Radarsensoren für Nah- und Fernbereich, dass ein Aufprall bevorsteht, wird der Fahrer akustisch und optisch auf die höchste Gefahrensituation hingewiesen. Der kann so in buchstäblich letzter Sekunde entsprechende Maßnahmen wie Brems- oder Ausweichmanöver einleiten. Das neue System der PRE-SAFE-Bremse kann noch mehr. Reagiert der Fahrer auf die vehementen Warnungen nicht adäquat, tritt das System selbstständig in die Eisen - immerhin mit bis zu 40 Prozent der maximalen Bremsleistung. Geplant war der Serienstart des Bremsassistenten der dritten Generation ursprünglich zur Markteinführung der S-Klasse im September 2005. Doch erst ab Herbst 2006 wird das Extra zu bekommen sein. „Wir haben das System nicht zurückgehalten, sondern wir waren vor knapp einem Jahr schlicht und ergreifend noch nicht fertig“, so Christian Früh, der bei Mercedes-Benz für die Entwicklung von Bremsanlagen verantwortlich ist.

Mehr als eine Million Testkilometer legten 30 Versuchsfahrzeuge in zwei Jahren weltweit zurück, ehe das System im Alltagsbetrieb fehlerfrei funktionierte. Besonders im Kolonnenverkehr auf der Autobahn soll es für mehr Sicherheit sorgen. Die Ergebnisse klingen verheißungsvoll. Entweder der Fahrer kann noch ausweichen oder die autonom eingeleitete Bremse sorgt dafür, dass die Unfallschwere um rund 40 Prozent zurückgeht. «Ein solches System abzustimmen, ist extrem schwierig», erklärt Mercedes-Benz-Entwicklungsleiter Thomas Breitling: «derzeit können wir mit der autonomen Teilbremsung immerhin 40 Prozent der Bremsleistung abrufen. Das ist ein riesiger Sicherheitsgewinn. Entweder wird der Unfall durch Eingreifen des Fahrers verhindert oder die Schwere des Zusammenpralls kann deutlich gemindert werden.“

Autonome Vollbremsung kommt demnächst

Doch das ist nur der erste Schritt. Mit Hochdruck arbeitet Mercedes-Benz ebenso wie einige andere Hersteller an einem autonomen Vollbrems-System. Derzeit verzögern S- und CL-Klasse mit einer negativen Beschleunigung von maximal 0,4 g. »Wir sind mit der Technik derzeit noch nicht so weit, dass wir eine autonome Vollbremsung umsetzen können«, sagt Breitling, »das wird jedoch der logische nächste Schritt sein. Wir benötigen hierfür eine absolute Null-Fehler-Toleranz.« Zum Modellwechsel 2006 / 2007 wird das System zusammen mit BAS Plus und Abstandstempomat als Option zu bekommen sein. Das Sicherheitssystem wird in der S-Klasse rund 2650 Euro und im neuen CL etwa 1910 Euro Aufpreis kosten.

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