Autobranche in Partylaune

Schnelle Erholung

Die deutschen Autohersteller haben die Krise überwunden. Zwar dümpelt der westeuropäische Markt noch eher vor sich hin, dafür sorgt nicht nur der chinesische Markt für Freude bei VW und Co.

Von Dorothee Tschampa

Passend zum Start des Pariser Autosalons herrscht gute Stimmung in der Branche: Die tiefe Krise scheint überwunden. Seit Monaten berichten die Chefs von VW, Daimler, BMW und Co. von steigenden Verkäufen, wachsenden Gewinnen und sogar Rekorden. Die Besucher der Messe (2. bis 17. Oktober) dürfen Partylaune erwarten - auch wenn das Geschäft in Westeuropa den Herstellern nach wie vor Probleme bereitet.

Überraschende Geschwindigkeit

Dass die Erholung schneller als erwartet eingetreten ist, geht vor allem auf den Boom in China zurück. Profitieren konnten davon besonders die deutschen Premiumhersteller Audi, BMW und Daimler. «Aber auch die Geschwindigkeit, mit der sich der US-Markt erholt hat, war für alle überraschend», sagt Gregor Matthies, Automobilexperte der Unternehmensberatung Bain & Company.

Zurücklehnen können sich die Automanager aber nicht: Noch wartet beispielsweise der westeuropäische Markt nach dem Ende der Abwrackprogramme auf ein Anspringen der natürlichen Nachfrage. «Es ist noch offen, ob und wann der westeuropäische Markt noch einmal auf das Niveau von 2007 - vor Einbruch der Krise - zurückkommt», warnt Matthies.

Nicht abreißende Nachfrage in China

Dagegen werden die USA nach Ansicht des Experten langfristig ein Wachstumsmarkt bleiben. Schließlich wachse die Bevölkerung im Gegensatz zu Westeuropa weiter. Zudem gelte das Auto bei den aufsteigenden Bevölkerungsgruppen dort unabhängig von Konjunkturzyklen nach wie vor als Statussymbol. Ähnliches treffe auf chinesische Kunden zu.

Die Nachfrage auf dem mittlerweile weltweit größten Automarkt China dürfte vorerst nicht abreißen: «In China kaufen 70 Prozent der Käufer zum ersten Mal ein Auto», erklärt Automobilexperte Matthies. Dort gebe es noch sehr viel Wachstumspotenzial, schließlich liege die Dichte erst bei 20 Autos pro 1000 Einwohner. In Westeuropa komme dagegen auf jeden zweiten Einwohner ein Auto.

Hohe Ziele

Daimler-Chef Dieter Zetsche Foto: dpa

Mit dem Rückenwind aus Asien will Audi in diesem Jahr an das Rekordjahr 2008 anknüpfen und wieder mehr als eine Million Fahrzeuge verkaufen. BMW will mit einem Absatz von mehr als 1,4 Millionen Autos den ersten Platz unter den drei Premiumherstellern verteidigen.

Daimler könnte mit dem angestrebten zweistelligen Wachstum bei den Pkw zumindest einen Teil der Einbuße von 2009 wieder wettmachen. Zudem wollen die Stuttgarter den Verlust vor Zinsen und Steuern von einer halbe Milliarde Euro allein in der Autosparte vergessen machen und nun rund um die Kernmarke Mercedes-Benz wieder einen Gewinn von vier Milliarden Euro einfahren.

Große Autos im Vordergrund

Audi A7 Sportback
Der A7 feiert Premiere in Paris Foto: Audi

Europas größter Autobauer Volkswagen kam 2009 trotz Krise vergleichsweise glimpflich davon. Im laufenden Jahr sollen Umsatz und Ergebnis zum Vorjahr deutlich zulegen. Auch die Premiumhersteller versprechen steigende Profitabilität: BMW will mit seinen Autos 2010 auf der Zwischenetappe zu den Zielen 2012 eine Umsatzrendite von mehr als fünf Prozent erzielen.

Entsprechend zeigen die deutschen Hersteller auf der Pariser Messe, was sie am besten bauen können: Große Limousinen wie den Audi A7, das erste viertürige Coupe der Ingolstädter. Mercedes-Benz kontert mit der Neuauflage des CLS, dem Begründer dieser Fahrzeugkategorie. BMW zeigt einen Ausblick auf den künftigen 6er.

Rückstand bei Elektrofahrzeugen

Beim zweiten großen Messethema alternative Antriebe begnügen sich die deutschen Hersteller vorerst mit poppigen Studien wie Elektrorollern der Daimler-Tochter Smart und der BMW-Tochter Mini. Die Massenfertigung rein elektrisch betriebener Wagen wollen sie erst 2012/13 aufnehmen.

Dagegen bringen japanische und französische Hersteller schon im nächsten Jahr eine ganze Reihe von Elektroautos aus Serienproduktion auf die Straße. Damit dürften sich die ausländischen Konkurrenten einen Vorsprung an Erfahrung erarbeiten. Gravierende Auswirkungen sieht Matthies dadurch aber nicht: «Ich bin sicher, dass die deutschen Hersteller einen möglichen Rückstand aufholen können.»

Mehr Kooperationen erwartet

Als größte Herausforderung sieht der Bain-Experte in den nächsten Jahren die gleichzeitige Weiterentwicklung verschiedener Antriebstechnologien. «Die Verbrennungsmotoren müssen effizienter werden, der Hybrid-Antrieb wird zumindest als Brückentechnologie in nächsten 20 Jahren eine große Rolle spielen, dazu kommt der rein elektrische Antrieb und die Brennstoffzelle.»

Um über höhere Stückzahlen auf geringere Kosten zu kommen, dürften sich die Hersteller besonders bei diesen Themen enger zusammenschließen. Matthies ist überzeugt: «Es wird mehr und mehr projektbezogene Kooperationen geben.»

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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