Immer mehr Autofahrer ignorieren Handyverbot

Trotz Punkten

Die Benutzung eines Handy beim Autofahrer ist nicht gestattet. Wer erwischt wird, muss mit einem Bußgeld rechnen und bekommt Punkte. Davon lassen sich vor allem männliche Fahrer nicht abschrecken.

Bußgeld und Strafpunkten zum Trotz erwischt die Polizei immer mehr Autofahrer mit dem Handy am Ohr. Seit 2005 ist die Anzahl der Verstöße kontinuierlich gestiegen, wie das Kraftfahrt-Bundesamt am Dienstag in Flensburg berichtete. 2011 wurden insgesamt 450.000 Autofahrer mit Handy am Steuer ertappt. Meist sind es Männer, die verbotenerweise während der Fahrt telefonieren. Doch die Polizei erwischt auch immer mehr Frauen: Ihr Anteil ist stetig gewachsen. Verstießen 2005 noch 21 Prozent der Autofahrerinnen gegen das Handyverbot, waren es 2011 bereits 27 Prozent. Die Handynutzung am Steuer ist seit 2004 verboten. Wer erwischt wird, muss 40 Euro Bußgeld zahlen und bekommt einen Punkt im Verkehrszentralregister.

Zahl der Handynutzung verdoppelt

In absoluten Zahlen verdoppelten sich die registrierten Verstöße bei den Frauen in den sieben Jahren auf 123 000 Fälle (2005: 61 000). Aber auch die Männer legten zu: 2011 ertappten die Beamten laut Bundesamt 327 000 Männer mit Handy am Steuer, vor sieben Jahren waren es noch 223.000. Insbesondere älteren Autofahrern scheint die Strafe egal zu sein, wie die Zahlen von 2011 belegen: Die 35- bis 44-Jährigen ignorieren das Verbot besonders oft (133 000 Verstöße). In der Altersgruppe 55 bis 64 Jahre hat sich die Anzahl der Verstöße seit 2005 auf 32 000 verdoppelt.

«Das zeigt: Das Handy ist überall angekommen in der Gesellschaft», kommentierte der Präsident des Bundesamts, Ekhard Zinke. Es habe aber eine «ganz erhebliche negative Auswirkung», wenn es während des Autofahrens genutzt werde. Die Gesamtzahl der Verstöße belege eine «sehr signifikante Entwicklung». Inzwischen reagierte darauf auch die EU-Kommission: Das Telefonieren am Steuer wurde im November 2011 in eine Liste der Verstöße aufgenommen, bei denen die Halterdaten grenzüberschreitend ermittelt werden.

Der ACE Auto Club Europa geht nicht davon aus, die Zunahme der Zahl ertappter Handy-Sünder an verstärkten Kontrollen liegt. «Die Polizei hat nicht die personellen Mittel, um das alles zu überwachen», sagte ein Sprecher in Stuttgart. Seine Organisation geht von einer großen Dunkelziffer aus - zumal viele Autofahrer nicht wissen, dass am Steuer ein totales Handy-Verbot gilt. «Während der Fahrt darf man auch keine Mails checken oder sich eine Route navigieren lassen», betonte ADAC-Jurist Jost Kärger in München.

Vieltelefonierer in Nordrhein-Westfalen

Nach Bundesländern differenziert, zeigten sich die Nordrhein-Westfalen als Vieltelefonierer: Im Verhältnis zur Bevölkerungszahl wurden im vergangenen Jahr in NRW die meisten Verstöße geahndet (11,1 pro 1000 Einwohner). Auf Platz zwei landeten - mit deutlichem Abstand - die Bayern (7,5 pro 1000 Einwohner). Am besten schnitten rein statistisch Sachsen-Anhalts motorisierte Verkehrsteilnehmer ab (1,9 pro 1000 Einwohner).

Insgesamt fallen die Männer im Straßenverkehr deutlich häufiger negativ auf als die Frauen: Im Verkehrszentralregister machen sie laut Bundesbehörde knapp sieben der gut neun Millionen registrierten Verkehrssünder aus. Egal, ob männlich oder weiblich - meist gibt es Ärger, weil die Autofahrer rasen. Zu hohe Geschwindigkeit liegt laut Angaben in mehr als der Hälfte aller registrierten Verstöße vor. Es folgen Alkoholfahrten, die meist Männer begehen.

Sorgen machen Zinke auch Verstöße gegen die Anschnallpflicht: Ihre Zahl stieg von unter 3000 im Jahr 2007 auf knapp 5800 im vergangenen Jahr. «Das finde ich schon dramatisch», sagte der Behördenchef. Die anstehende Neuregelung des Punktesystems sieht er als Herausforderung. Sie diene aber dem Ziel, «deutlich größere Transparenz und Berechenbarkeit» herzustellen. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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