Nichts mögen die Deutschen so sehr wie Durchschnitt. Auch beim Auto. Grau ist gedeckt, unauffällig – und man sieht den Schmutz nicht so.
Zur Auswahl für eine neue Couchgarnitur standen vor fast 35 Jahren im Film Ödipussi die Farben Mausgrau, Staubgrau, Aschgrau, Steingrau, Bleigrau, Zementgrau und weitere gedeckte Grautöne. Die Zuschauer waren höchst amüsiert, als Loriot als Held des Films diese Farben vorschlug. Schaut man heute in die Konfiguratoren der Autohersteller drängt sich der Eindruck eines Deja-Vu auf: Die Nuancen Chronosgrau, Manhattangrau, Terragrau, Sophistograu, Graphit Grey, Selenitgrau, Delfingrau, Uranograu, Mineralgrau, Stahlgrau, Highlandgrau und Dolomitgrau sind nur eine Auswahl.
Nur, dass heute niemand mehr lacht. Denn deutsche Autofahrer machen bei der Farbauswahl ihrer Neuwagen selten Experimente und entscheiden sich für gedeckte, unauffällige Farben. Grau/Silber führt mit gut 30 Prozent die Farben-Hitliste vor Schwarz und Weiß an – und das schon seit acht Jahren. Ein Grund dürfte sein, dass oftmals ein Grauton ähnlich wie Weiß ohne Aufpreis angeboten wird.
Durchforstet man die Konfiguratoren der Autohersteller, sieht man, dass fast jedes Unternehmen mehr als einen grauen Lack im Angebot hat. Von einfachen Uni-, über Metallic- und Perlmetallic-Lack bis hin zu matten oder zweifarbenen Ausführungen ist alles dabei. Bei den Namen des „Fifty shades of grey“-Angebots sind die Unternehmen durchaus kreativ. Rennstrecken, Mineralien, Vulkane, Metalle oder Berge dienen als Inspiration.
Teilweise happige Aufpreise
Die Aufpreise fallen je nach Hersteller, Fahrzeuggröße und Lack unterschiedlich hoch aus. Vergleichsweise günstig sind etwa der VW Golf in „Mondsteingrau“ für 380 Euro, der Fiat 500 in „Pompei Grau“ für 500 Euro oder der Opel Astra Sportstourer in „Vulkan Grau Metallic“ für 600 Euro. Dass es auch deutlich teurer geht, zeigen etwa Audi mit dem A6 (Suzukagrau Metallic für 3.700 Euro) oder BMW mit dem 7er (Frozen Grey Metallic für 3.800 Euro). Damit ist aber noch nicht das obere Ende erreicht. Mercedes etwa ruft für „Manufaktur Siliziumgrau Uni“ beim EQS 7.000 Euro auf, Jaguar nimmt für „Eiger Grey“ aus der Individualprogramm Bespoke rund 7.500 Euro und für die „BMW Individual Two-Tone-Lackierung Oxidgrau Metallic“ muss man beim 7er 12.000 Euro bezahlen.
Auch andere Farben wie Schwarz, Weiß, Blau oder Rot können richtig ins Geld gehen, trotzdem ist Grau beliebter. Quasi der Allrounder ohne Kompromisse. Wie mit einem klassischen (grauen) Business-Anzug oder -Kostüm ist man immer gut angezogen. Aus Sicht der Designer harmonieren Grautöne zudem gut mit verschiedensten Exterieur-Varianten und betonen etwa Designkanten oder Luftauslässe. Der Beliebtheit kommt der höhere Wiederverkaufswert zugute. Dass man auf grau lackierten Fahrzeugen Schmutz nicht so schnell erkennt, gehört sicherlich ebenfalls zu den Gründen.
Weltweit war im Jahr 2022 Weiß wieder die mit Abstand beliebteste Farbe bei Neuwagen. 39 Prozent der 2022 produzierten Fahrzeuge waren in dieser Farbe lackiert, wie aus dem „Color Report for Automotive OEM Coatings“ des Chemieunternehmens BASF hervorgeht. Auf Platz zwei folgt Schwarz (18 Prozent), dahinter liegen Grau (16) und Silber (8). (SP-X)