Motorradbranche erlebt Aufschwung

Junge Kunden fehlen

Motorradbranche erlebt Aufschwung
Die Zweiradbranche freut sich über gute Absatzzahlen. © Honda

Hinter der Motorradbranche liegen schwere Zeiten. Doch die Lage für die Zweiradhersteller hat sich merklich entspannt. Doch ein Problem bleibt: Immer weniger junge Leute entscheiden sich aufgrund des hohen Preise für ein Bike.

Der Motorradbranche geht es so gut wie seit Jahren nicht mehr. Lange kannten die Absatzzahlen nur den Weg nach unten, doch nach der Finanz- und Wirtschaftskrise in den Jahren 2008/2009 legte der Markt wieder zu. Die Zahl der Neuzulassungen steigt. 107.000 neue Maschinen kamen in den ersten sechs Monaten dieses Jahres dazu, 2008 waren es im gleichen Zeitraum nur 91.000.

Während das Motorrad früher für viele die günstige Alternative zum Auto war, ist es für die meisten Fahrer heute ein zusätzliches - und nicht ganz günstiges - Hobby. Wer sich ein Motorrad kauft, hat meist längst schon das eigene Auto in der Garage.

Kunden mit technischen Spielereien locken

Die Hersteller richten sich deshalb nach den Wünschen ihrer besserverdienenden Käufer, die meist schon ein paar Jahre auf dem Zweirad unterwegs sind. Mit Bequemlichkeiten und technischen Spielereien sollen sie gelockt werden. Doch daneben schielen die Unternehmen auf den Nachwuchs, der sich das teure Hobby aber häufig nicht leisten kann oder will.

"Der typische Motorradfahrer zählt in der Tat eher zu den überdurchschnittlich verdienenden Bundesbürgern und ist bereit, in sein Fahrzeug entsprechend zu investieren", erklärt der Geschäftsführer des Industrie-Verbands Motorrad Reiner Brendicke. Entsprechend sind auch die Zahlen: Im vergangenen Halbjahr wurden deutlich mehr teure Krafträder neu zugelassen als günstige Roller, die besonders bei Einsteigern beliebt sind.

Bei BMW in München freut man sich über zahlungskräftige Kunden. Doch wenn auf den Motorrädern nur noch grau melierte Männer mittleren Alters sitzen, hat die Branche auf Dauer ein Problem. "Der Nachwuchs in Europa sprudelt heute nicht mehr in den Mengen wie noch vor 20 oder 30 Jahren", sagt BMW-Sprecher Rudi Probst. Das Motorrad hat sich zum Lifestyle-Produkt entwickelt - und buhlt gemeinsam mit neuen Laptops und Smartphones um die Gunst der Käufer. "Das Motorrad steht im Wettbewerb zu anderen Freizeitaktivitäten", sagt Probst.

Leisten kann sich das nur, wer gut verdient. Dass der Absatz der Maschinen stark von der wirtschaftlichen Entwicklung abhängt, zeigt auch der Blick in die Krisenländer Europas: In Spanien, Griechenland und Italien brach der Markt zeitgleich mit der Wirtschaft ein. Und bei Preisen, die schnell die Kosten für einen Kleinwagen übersteigen, entscheiden sich auch in Deutschland wenige junge Käufer für ein Motorrad. Dazu kommt ein Image-Problem. Denn von der einst jungen und rebellischen Vorstellung hat sich das Motorradfahren weit entfernt.

Freude am Schrauben

Doch gerade auf die Anfänge, als Motorradfahren noch etwas für Hobby-Schrauber war, versuchen sich die Hersteller zurückzubesinnen, um junge Kunden zu erreichen. Der Käufer kann selbst bestimmen, wie sein neues Rad aussehen soll. Entweder stellt er sich im Internet sein individuelles Motorrad zusammen oder er legt selbst Hand an.

Damit versucht die Motorradbranche, das Bastler- und Entdecker-Gen bei den potenziellen Käufern zu kitzeln. Sie sollen den Wunsch nach mehr Authentizität und Individualität erfüllt bekommen. "Gerade bei jungen Menschen wird die sogenannte Customizing-Szene zu einem immer stärkeren Trend, den wir natürlich gerne bedienen", sagt Probst. "Zur Freude am Fahren kommt die Freude am Schrauben dazu."

Für jüngere, Lifestyle-orientierte Kunden schafft die Branche damit einen neuen Kaufanreiz. Doch das alleine reicht nicht, um mehr junge Menschen aufs Zweirad zu bringen. Manchmal braucht es auch ganz handfeste Argumente im Kampf um den Nachwuchs: Viele Unternehmen greifen jungen Fahranfängern finanziell unter die Arme. Mit Zuschüssen zum Motorrad-Führerschein, so hoffen sie, kommen die Jungen auf den Geschmack - und bleiben im Idealfall auch ihrem Sponsor. (dpa)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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