Renault Wind: Offener Frauen-Charmeur

Kleiner Bruder des Megane CC

Renault Wind: Offener Frauen-Charmeur
Der Renault Wind soll besonders Frauen ansprechen © Renault

Mit seinem Klappdach-Cabrio Wind hat Renault seinem Kompakt-Cabrio Megane CC einen kleinen Bruder spendiert, der die Herzen autoaffiner Frauen brechen soll. Mit frischem Design und einem Preis von 16.900 Euro keine unmögliche Mission.

Von Markus Henrichs

So frisch wie sein Namensgeber soll es sein, Renaults neues Zweisitzer-Cabrio "Wind", das angetreten ist, um das Marktsegment der kleinen Klappdach-Cabrios gehörig aufzumischen. Dieses ist ohnehin überschaubar geworden, nachdem sich Wettbewerber wie der Nissan Micra C+C oder der Opel Tigra TwinTop mangels Kunden-Akzeptanz vom deutschen Markt zurückgezogen haben.

In zehn Sekunden offen

Und frisch sieht der nur 3,83 Meter kurze Wind mit seinem wie mit dem Beil coupierten Heck, der breiten Schulterpartie und seiner keilförmigen Statur auch aus. Rein optisch wirkt das kleine Cabrio-Coupé auf Twingo-Basis wie eine automobil gewordene Konzeptstudie, was regelmäßig für neugierige Seitenblicke an der roten Ampel sorgt. Apropos Aufsehen an der Ampel: Eine Rotphase reicht theoretisch aus, um das Stahlklappdach in rund zehn Sekunden vollautomatisch per Knopfdruck zu öffnen oder zu schließen.

Der Clou am französischen Klappdach-Filou: Dank ausgeklügelter Falttechnik und einem doppelten Boden geht "offenes" Fahren nicht auf Kosten des Laderaumvolumens. Dieses bleibt auch bei zurückgeklapptem Verdeck unverändert bei 270 Litern, was im Alltag für den Transport von vier Getränkekästen reicht und dem Minimalladevolumen eines VW Polo entspricht.

Kaum Sicht nach hinten

Die Sicht nach hinten ist beim Renault Wind arg begrenzt Renault

Die in transparentem Blau gehaltenen Zylindereinfassungen von Fern- und Abblendlicht verleihen dem Wind einen durchaus sexy wirkenden Silberblick und sorgen für futuristische Akzente. Aber fährt sich der kleine Klappdach-Floh auch so zukunftsweisend wie er aussieht? Das herauszufinden ist schwerer als gedacht.

Denn bei geschlossenem Verdeck stehen für den Blick nach hinten leider nur ein rund 20 Zentimeter breiter Sehschlitz zur Verfügung. Dieser entspricht theoretisch dem Format des Rückspiegels. In der Praxis springt vor allem der massive Heckspoiler, nicht aber das rückwärtige Verkehrsgeschehen ins Auge. Und da die Plastikverkleidung der Heckscheibeneinfassung die seitliche Rücksicht zusätzlich stark einschränkt, wird das Zurücksetzen aus einer rechtwinklig zur Fahrbahn angeordneten Parklücke schnell zum Auspark-Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Eine Form, die etwas mehr der Funktion folgt, wäre für eine Neuauflage sicher wünschenswert.

Überaus agil in Stadt und auf Land

Flott unterwegs ist der Renault Wind Renault

Einmal in Fahrt gekommen, macht der Wind dafür im Stadtverkehr und auch auf Überlandfahrten einen überaus agilen Eindruck. Das Fahrwerk ist knackig-straff und hinreichend präzise, um - nicht zuletzt dank des kurzen Radstands von 2,37 Metern - behände auch um engsten Großstadtecken zu kommen. Leider kann der im Testwagen eingesetzte 74 kW/100 PS starke 1,2-Liter-Turbobenziner, der den Wind von null auf 100 km/h in 10,5 Sekunden bringt, mit so viel Agilität nicht ganz Schritt halten. Zwar sind die mittels Fünfgangschaltung ohne lange Schaltwege zu wählenden Gänge sehr elastisch ausgelegt. Aber das Vierzylindertriebwerk braucht ordentlich Drehzahl, um nicht nur das knapp 1250 Kilogramm leichte Auto auf Touren, sondern auch seinen Fahrer auf Betriebstemperatur zu bringen.

Oder besser: seine Fahrerin. Denn "junge Frauen mit Freude am Autofahren" (Zitat aus der Pressemappe) gelten laut Hersteller ausdrücklich als Hauptzielgruppe des "windigen" Reisebegleiters. Das merkt man auch den eingesetzten Sitzen an, die generell auch bei dynamisch durchfahrenen Kurven einen mehr als passablen Halt bieten. Allerdings sind die ausgestellten Sitzbacken für großgewachsene männliche Zeitgenossen mit "bauartbedingt" etwas breiterem Becken und Kreuz denkbar ungeeignet. Denn dann fühlt sich der an sich gut konturierte Fahrersitz an wie ein Hüftkorsett, das versehentlich zu heiß gewaschen wurde.

Überschaubare Aufpreisliste

Viele Knöpfe befinden sich beim Renault Wind auf der Mittelkonsole Renault

Auch geht eine Fahrspaß-orientierte Fahrweise schnell auf Kosten des Kraftstoffkonsums, wodurch der angegebene Normverbrauch von 6,3 Litern pro 100 Kilometer schnell auf bis zu zehn Liter ansteigt. Auf der angenehm überschaubaren Aufpreisliste stechen vor allem die mit 350 Euro veranschlagte Sitzheizung ins Auge. Wem nach mehr gelüstet, der ist mit dem 2220 Euro teuren "Night and Day"-Ausstattungspaket gut bedient, das neben der Sitzheizung unter anderem Klimaautomatik, Lederpolster, Licht- und Regensensor beinhaltet.

Unterm Strich ist Renaults Wind kein windiger Luftikus, sondern ein solides und mit Abzug seiner Ausparkschwäche durchaus alltagstaugliches Spaßmobil für die City - nicht nur für junge Frauen mit Freude am "oben ohne"-Fahren.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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