Renault Zoe: Im Elektro-Dilemma

Lange Ladezeiten

Renault Zoe: Im Elektro-Dilemma
An einer Steckdose dauert der Ladevorgang des Renault Zoe sehr lang. © AG/Flehmer

Renault hat beim Zoe ein großes Hindernis beseitigt. Doch das alltagstaugliche Elektroauto wird immer wieder an seine Grenzen stoßen – wie alle anderen Elektrofahrzeuge auch.

Von Thomas Flehmer

Elektroautofahren bereitet viel Freude – im Renault Zoe sehr viel Freude sogar. Ganz leise pirscht sich der Franzose durch die Straßen, nur das flüsternde Fiepen des E-Motors sowie ganz schwache Abrollgeräusche sind vernehmbar. Und an der Ampel zeigt der 4,09 Meter lange Stromer selbst Sportwagen eine lange Nase. Die Voraussetzungen für die Elektromobilität könnten so schön sein . . .

Angst vor der fehlenden Reichweite

Doch die Realität sieht anders aus. Trotz der Forderung der Bundeskanzlerin, bis zum Jahr 2020 eine Million Elektrofahrzeuge auf deutsche Straßen zu bringen, bilden Elektrofahrzeuge immer noch eine unmerkliche Nische und werden in diesem Dilemma auch stecken bleiben.

Denn was hilft es, wenn die Fahrten aufgrund der leisen Fahrgeräusche zum zunächst stressfreien Fahren einladen und dazu animieren, durch Rollen lassen oder Bremsen die Batterie wieder mit Energie zu speisen, wenn aber die Angst vor der eventuell fehlenden Reichweite die körpereigenen Geruchsporen zum Arbeiten animiert?

Wallbox für Renault Zoe nicht mehr nötig

Der Renault Zoe beim langen Aufladevorgang.
Ein wenig Reichweite blieb immer AG/Flehmer

So schlimm endete zwar keine Fahrt mit dem Zoe, doch jeder Einsatz des voll alltagstauglichen Viersitzers muss vorausgeplant werden, damit keine Schwierigkeiten bei der Heimkehr entstehen. Und für die meisten ist die Angst vor fehlender Reichweite ungefähr so weit verbreitet wie früher das Verbot, wegen vermeintlicher Explosionsgefahr mit Gasautos in ein öffentliches Parkhaus zu fahren.

Denn von stehenden Fahrzeugen wurde bisher auch noch nicht berichtet, im Testzeitraum blieben als Minimum immer noch zehn Kilometer Restreichweite übrig, bevor das Ladekabel angeschlossen wurde. Dieses muss seit März nicht mehr zwingend– wie zum Verkaufsstart vor gut 15 Monaten - an eine Wallbox angeschlossen werden.

Bis zu 17 Stunden Ladezeit beim Renault Zoe

Mittlerweile genügt die normale Steckdose. Doch auch dann folgt zunächst unglaubliches Staunen - und man wünscht sich eine Wallbox. Dauert der Ladevorgang an Wallbox oder Schnellladestation zwischen 30 Minuten und neun Stunden, müssen je nach Akkuzustand bis zu 17 Stunden für den Ladevorgang eingerechnet werden – 17 Stunden bis dann knapp 170 Kilometer zur Reichweite standen!!! Eine Schnellladestation sollte also auf längeren Strecken unbedingt vorhanden sein, um den Besuch nicht unnötig auszudehnen.

So ist der Einsatz des Zoe in der Stadt vorprogrammiert und auch das eigentliche Betätigungsfeld. Und hier fährt sich der Zoe auch ganz prima. Der Ampelsprint, der dank schnell anliegenden 220 Newtonmetern sehr schnell vonstatten geht, verblüfft den neben einem stehenden Porschefahrer, der sich aber dann ab Tempo 50 revanchieren kann, wenn die Beschleunigung beim Zoe zäh wird und man bis zur nächsten roten Ampel ausrollen und rekuperieren lässt, während der Porschefahrer seinen späten Triumph gefühlte Minuten vor dem roten Licht auskostet. Das verdeutlicht nur, dass die stressfreie und sehr sparsame Fahrt sehr viel Spaß machen kann.

Leises Starten des Renault Zoe

Der Zoe ist das vierte Elektroauto von Renault.
Der Innenraum des Renault Zoe ist karg, aber wertig Renault

Da stört es dann auch nicht, dass die Türen sehr blechern klingen und daran erinnern, dass Gewicht eingespart werden muss, um die Reichweite des – auch bedingt durch den Lithium-Ionen-Akku - immerhin 1,5 Tonnen wiegenden Elektroautos zu erhöhen. Auch der Innenraum ist eher karg gehalten und die Sitze auch nicht für lange Reisen ausgelegt, aber für die Kurzstrecken alle Male gut. Die Instrumententafel ist dafür modern gehalten und blau unterlegt.

Eine kurze Tonfolge empfängt Fahrer und Beifahrer nach dem Drücken des Startknopfes und vermittelt so die Bereitschaft des Autos, bei dem ja – anders als bei Verbrennern – jegliche Geräusche fehlen, soweit auch Beifahrer oder Beifahrerin dazu bereit sind. Störend wirkt, dass sich die Lüftung in der Windschutzscheibe nicht nur bei Sonneneinfall spiegelt. Die Klimaanlage sollte auch bei höheren Temperaturen außer Acht gelassen werden, um so an Reichweite zu sparen, das multifunktionale Mediasystem R-Link informiert unter anderem über den Energiezufluss und den Verbrauch. Der Kofferraum fasst zwischen 388 und 1225 Liter, allerdings ist die Ladekante recht hoch.

Gut ausgestatteter Renault Zoe ab 24.809 Euro

Doch das spielt beim Renault Zoe, der auf der Autobahn mit einer elektrisch abgeregelten Geschwindigkeit von 135 km/h im Dauerzustand die elektrische Reichweite auf etwa 70 Kilometer reduzieren würde, keine große Rolle. Wichtiger sind noch die Kosten, die anfallen.

Mit 24.809 Euro steht der sehr gut ausgestattete Testwagen in der Variante Intens vor der Ladesäule. Eigentlich nicht viel für ein vollkommen alltagstaugliches Elektroauto. Hinzu kommen jährlich noch 950 Euro Mietkosten für die Batterie sowie die Kosten für die Aufladung, die je nach regionalem Preis und dem Zeitpunkt des Ladevorgangs variieren, aber bei 17 Stunden Ladezeit nicht nur im preisgünstigen Segment liegen. Und wenn dann der Strom nicht aus regenerativen Quellen gezogen wird, schwinden auch vermeintliche CO2-Vorteile. So bleibt leider auch der Renault Zoe im Elektro-Dilemma stecken – trotz all dem Fahrspaß.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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