Nissan Juke: Das andere Mini-SUV

Auf Augehöhe mit Mini Countryman

Nissan Juke: Das andere Mini-SUV
Der Nissan Juke ist der Anarcho unter den Mini-SUV. © AG/Flehmer

Mit dem Juke hat Nissan den Trend zum Mini-SUV mitbegründet. Während die Nachfolger aber besonders bei älteren Junggebliebenen im Trend sind, verfolgt der Juke eine andere Richtung.

Mini-SUV sind – auch wenn das sportliche "S" im Kürzel etwas anderes suggeriert – vor allem etwas für ältere Autofahrer. Diese schätzen ganz besonders den bequemen Einstieg und den guten Blick auf die Straße, die aus der hohen Sitzposition resultieren, sowie die handlichen Abmessungen. Nissan sucht mit dem Juke allerdings konsequent eine ganz andere Zielgruppe.

Nissan Juke als jugendlicher Anarcho

Zwar bietet das japanische Mini-SUV durchaus die typischen rückenfreundlich montierten Vordersitze. Und auch an der Sicht nach vorn ist nichts auszusetzen. Doch für empfindliche Rücken und steife Gelenke ist der Juke ungefähr so geeignet wie "Yolo" und "Babo" für die Konversation an Omas sonntäglicher Kaffeetafel. Denn der Nissan gibt zwischen durchaus seniorenkompatiblen Hochsitz-Kleinwagen wie Opel Mokka und Peugeot 2008 den jugendlichen Anarcho.

Das beginnt schon mit dem überspitzten Styling. Vor allem die reptilienhaft oben auf der Motorhaube angebrachten Tagfahrlichter dürften bei der Generation Käfer wohl für noch mehr Irritationen sorgen als beim Bundesdurchschnittsverbraucher. Und auch der massige Karosseriekörper auf relativ kurzem Radstand und das betont sportliche Heck haben das Potenzial, zu polarisieren.

Nissan Juke setzt auf Design statt Alltag

Das Design ist bewusst und konsequent modisch. Der Juke ist so gesehen die extraenge Hipster-Jeans unter den Autos: Trendig, aber häufig belächelt und schlecht für die Bewegungsfreiheit.

Platz gibt es im Juke nämlich nur für Fahrer und Beifahrer, die Passagiere im Fond müssen unter dem abfallenden Dach die Hälse einziehen. Und der Kofferraum ist geradezu winzig. Selbst die meisten Kleinstwagen bieten mehr Platz. Und noch einen Nachteil hat der scharfe Karosserie-Zuschnitt: Beim Rückwärtsrangieren sieht man ohne die optionale Kamera fürs Heck so gut wie nichts.

Nissan Juke mit Mini Countryman in einem Boot

Lifestyle regiert auch das Cockpit des Nissan Juke Nissan

Wenigstens mit einem speziellen Kleinwagen kann der Nissan beim Kofferraumvolumen aber dann doch mithalten: mit dem Mini, beziehungsweise der SUV-Variante Countryman. Und letztlich soll der Lifestyle-Flitzer auch viel eher als Mokka und Co. der Maßstab für den modischen Crossover sein. Das ist vor allem am knackigen Fahrwerk zu merken. In Anbetracht seiner Höhe und optischen Wucht flitzt der Juke nämlich durchaus agil über Stadt- und Landstraßen.

Die direkt ausgelegte Lenkung tut das Ihrige dazu und macht den 4,14 Meter langen frontgetriebenen Nissan gemeinsam mit dem Mini zum sportlichsten Angebot in seiner Klasse. Das hat allerdings seinen Preis, denn schlechte Straßen oder wellige Autobahn-Abschnitte reicht der steifbeinige Japaner ungefiltert und polternd direkt an die Insassen weiter. So sind lange Etappen trotz der durchaus bequemen Sitze vor allem für Rückenpatienten eher weniger zu empfehlen.

Diesel nicht unbedingt geeignet für Nissan Juke

5,5 Liter verbraucht der Diesel des Nissan Juke AG/Flehmer

Das Motorenangebot wird dem sportlichen Gesamt-Charakter nur bedingt gerecht. Als Basistriebwerk fungiert ein etwas durchzugsschwacher 1,6-Liter-Benziner mit wahlweise 69 kW/94 PS oder 86 kW/117 PS. Dann klafft eine riesige Leistungslücke, bis die Turboversionen des gleichen Aggregats mit stolzen 140 kW/190 PS beziehungsweise 147 kW/200 PS das Angebot beschließen. Unser Testwagen war allerdings mit dem 1,5-Liter-Diesel ausgerüstet, einem Motor, der bei Nissan und Kooperationspartner Renault der Selbstzünder für alle Fälle ist. In fast jedem Modell der Japaner und Franzosen ist das Triebwerk zu haben.

Auch für den Juke wirkt er nicht eben maßgeschneidert. Das Nageln beim Kaltstart passt genau so wenig zum sportlichen Image wie die mauen Fahrleistungen. Bei gemäßigtem Grundtempo in der Stadt und auf Landstraßen gibt sich der knapp 1,3 Tonnen schwere Kleinwagen zwar noch ausreichend munter, auf der Autobahn wird es jenseits der 130 km/h plötzlich sehr zäh. Die in den technischen Daten angegebene Höchstgeschwindigkeit von 175 km/h jedenfalls war nur mit viel Geduld zu erreichen. Zumindest treten trotz des fehlenden Allradantriebs keine Traktionsprobleme beim Anfahren auf, und auch an der Lenkung zerren keine spürbaren Kräfte. Zudem gibt sich der Vierzylinder mit ordentlichen 5,5 Litern auf 100 Kilometern zufrieden.

Nissan Juke deutlich günstiger als Mini Countryman

AG/Flehmer

Wer ein komfortables und praktisches Mini-SUV sucht, ist beim Nissan Juke an der falschen Adresse. Singles und Großstädter können den Japaner aber als Alternative zu Mini und Co. auf die Liste nehmen. Vor allem da er mit einem Einstiegspreis von 15.450 Euro deutlich billiger als der BMW-Abkömmling ist (Countryman: ab 20.350 Euro). Beim Diesel, den es im Juke für 18.990 Euro gibt, liegt die Preisdifferenz ebenfalls bei gut 5000 Euro (Countryman Cooper D: 24.350 Euro). (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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