Nissan e-NV 200 Evalia: Abseits jeglicher Reichweitenängste

Elektrischer Kleinbus

Nissan e-NV 200 Evalia: Abseits jeglicher Reichweitenängste
Der Nissan e-NV 200 Evalia kann bis zu sieben Personen rein elektrisch mitnehmen © Nissan

Der Nissan e-NV 200 Evalia ist in hiesigen Gegenden das einzige Elektroauto mit Platz für sieben Personen. Mit der richtigen Einstellung zum Laden engen die viel zitierten Reichweitenängste überhaupt nicht ein – auch wenn die Reichweite begrenzt ist.

Von Thomas Flehmer

Fehlende Ladeinfrastruktur, hohe Preise, dafür geringe Reichweite: Die Vorbehalte gegenüber Elektroautos stehen seit Beginn der ersten Elektrofahrzeuge fast schon fest gemeißelt. An der fehlenden Infrastruktur wird gerade gehebelt, auf günstigere Preise muss man meistens trotz der Elektroprämie noch warten und die Reichweiten haben sich im Laufe des vergangenen Jahres bei vielen Herstellern erhöht.

Doch auch mit bei Elektrofahrzeugen mit niedriger Reichweite können mögliche Ängste daheim bleiben. Ähnlich wie auf die Tankanzeige bei Autos mit Verbrennungsmotoren schaut man auch beim Nissan e-NV 200 Evalia häufiger auf die Anzeige mit der Reichweite, doch mit einem etwas geänderten Ladeverhalten fielen diese Blicke im Laufe des Testzeitraumes von zwei Wochen immer geringer aus – bezogen auf den städtischen Verkehrsalltag.

Alle zwei Tage an den Stecker

Dieser sieht gute 50 Kilometer pro Tag vor. Bei einer Kilometerleistung von eben diesen 50 Kilometern am ersten Tag verbleiben dem japanischen Kleinbus bei einer Gesamtladung von angezeigten 154 Kilometern (bis zu 170 Kilometer sollen möglich sein) rund 100 Kilometer. Genug, um den zweiten Tag auch noch dann in Ruhe bestreiten zu können, auch wenn noch weitere Touren anfallen würden.

Am zweiten Abend kommt der Evalia dann daheim an den Stecker und kann in Ruhe über Nacht aufgeladen werden. Da ist es auch dann egal, dass Nissan die Ladezeit je nach Ladegerät mit vier bis zehn Stunden angibt, denn die Zeit bis zum nächsten Start dauert definitiv länger.

Keine Bange vor dem Einschalten der Heizung

Der Nissan e-NV 200 Evaglia kann bis zu sieben Personen rein elektrisch mitnehmen
Schick eingerichtet ist der Innenraum des e-NV 200 Evalia Nissan

Ist dieser Zweitages-Rhythmus erst einmal verinnerlicht, können auch die Verbraucher abseits des Kilometer fressenden Elektromotors mit 80 kW/109 PS beachtet werden, was mit dem kontinuierlichen Absinken der Temperaturen immer stärkere Prioritäten einnimmt. Rund 15 Kilometer an Reichweite kostet das Einschalten der Heizung, die dann im Laufe der Fahrt auch noch mit Strom versorgt werden möchte.

Gemäß den 50 Kilometern an reiner Tagesleistung kämen dann noch einmal – großzügig gerechnet - weitere 20 Kilometer hinzu, sodass am Ende des ersten Tages weitere 80 Kilometer für den zweiten Tag zur Verfügung stehen, was weiterhin ausreichend ist. Sollten dann doch weitere Kilometer anfallen, bringt das Ausschalten der Heizung weitere 15 Kilometer an Reichweite, sodass die Familie oder die Mitglieder der Handballmannschaft trotzdem noch sicher nach Hause kommen, ehe der Nissan wieder an die Steckdose geklemmt wird. Dieser Rhythmus bedarf wirklich keiner großen Rechnerei.

Elektrischer Evalia 16 Zentimeter länger

Der Nissan e-NV 200 Evaglia kann bis zu sieben Personen rein elektrisch mitnehmen
Bis zu 2900 Liter fasst der elektrische e-NV 200 Evalia Nissan

Als Bonus können die Insassen die äußerst ruhige Fahrt genießen. Bei Abfahrten oder auch bei der Anfahrt zur roten Ampel kann auf den Brake-Modus am Automatikhebel umgeschaltet werden, um die Rekuperation zu verstärken. Zugleich werden in dem Modus die Bremsen geschont. Beim anschließenden Ampelstart profitiert auch der e-NV 200 Evalia von den von Beginn an bereitstehenden 254 Newtonmetern. Trotz seiner knapp 1,8 Tonnen Lebendgewicht überrascht der Kleinbus zunächst die anderen Verkehrsteilnehmer mit einem schönen Antritt, ehe es später mit dem Vortrieb zäher wird.

Aber als Sportwagen ist der Kleinbus mit seiner Höchstgeschwindigkeit von 123 Stundenkilometern auch nicht konzipiert. Auch das Fahrwerk ist auf Komfort eingerichtet, der Innenraum auf Praxis, schließlich stammt der Evalia von einem leichten Nutzfahrzeug ab, was auch an den etwas hakelig zu bedienenden Schiebetüren ebenso sichtbar wird wie beim praktischen Nutzen beim Gepäck. Sind nicht alle sieben Plätze besetzt, können die klappbaren beiden Hintersitze fix ausgebaut werden und dann steht ein Volumen von bis zu 2900 Litern für Gepäckstücke bereit. Bei allen Sieben muss man sich mit dem Gepäck etwas beschränken, auch wenn der elektrische Evalia 16 Zentimeter länger ist als der Evalia mit Verbrennungsmotor.

Kostenlos bei Nissan laden

Auch für die große Reise müsste man sich beschränken, nicht nur beim Gepäck. Erhöht sich der Energiebedarf für den Vortrieb auf der Autobahn sinkt automatisch die Reichweite. Modernere Elektroautos könnten dann eher größere Distanzen schaffen – der e-NV 200 noch nicht, ohne alle Stunde einmal am Rande der Strecke nachzuladen. Ist allerdings im 80 Kilometer entfernten Zielort ein Nissan-Händler vertreten, kann dort am Chademo-Stecker innerhalb von einer halben Stunde kostenlos für die Rücktour nachgeladen werden, während man selbst bei Tante Käthe am Kaffeetisch weilt.

Für 37.926 Euro – dann ist die Batterie gleichzeitig auch ins Eigentum übergegangen – ist der Kleinbus nicht unbedingt ein Schnäppchen, auch wenn dank Umweltprämie und einem weiteren Bonus von Nissan insgesamt 5250 Euro abgezogen werden. Wer die Batterie lieber zu einem monatlichen Preis ab 86,87 Euro leasen möchte, zahlt nach Abzug der Förderung für den Siebensitzer 26.780 Euro, der Fünfsitzer kostet weitere 2300 Euro weniger. Und dann sieht die ganze Sache doch schon viel entspannter aus – zumal die Reichweitenängste trotz eingeschränkter Reichweite so gut wie keine Berechtigung haben.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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