Mercedes CLS Shooting Brake: Eine Art Kombi

Anstatt E-Klasse T-Modell

Mercedes CLS Shooting Brake: Eine Art Kombi
Der CLS Shooting Brake polarisiert wie kein zweiter Mercedes. © Daimler

Kombi oder Limousine – Benziner oder Diesel? Mit dem CLS Shooting Brake hat Mercedes wohl den am meisten polarisierenden Vertreter im Angebot.

Manchmal fallen Entscheidungen einfach schwer: großzügige Villa am Stadtrand oder edles Loft in der City, am Strand abhängen oder doch lieber Abenteuer-Urlaub, praktischer Kombi oder doch lieber ein schickes Coupé? Zumindest im letzten Fall könnte es eine Lösung geben, denn die Autohersteller versuchen seit einigen Jahren ja nun wirklich jede Nische zu besetzen. Mercedes etwa bietet seit Ende 2012 einen sogenannten CLS Shooting Brake an. Was das ist? Ganz einfach. Auf Basis des erfolgreichen Coupés CLS haben die Schwaben durch geschickte Heck-Arbeit eine Kombi-Variante entwickelt, oder sagen wir besser: eine Art Kombi.

Mercedes CLS Shooting Brake mit spektakulärem Design

Denn wer in diesem Segment einen echten Kombi mit all dessen Vorteilen will und einen Mercedes obendrein, der greift natürlich zum T-Modell der E-Klasse; und wer ein schönes Coupé mit vier Türen fahren will eben zum normalen CLS. Nein, der Käufer eines CLS Shooting Brake will signalisieren: Ich finde Kombis schöner als Limousinen, brauche einen aber aufgrund meines beruflichen Status nicht wirklich. Und ein viertüriges Coupé (ja, ja, wir wissen, so etwas gibt es nach strenger Definition sowieso nicht) fährt ja praktisch eh jeder.

Der wahre Nutzen für den Fahrer liegt also nicht im Stauraum, obwohl bis zu 1550 Liter Ladevolumen bei umgelegten Rücksitzen ja ein durchaus kombigemäßer Wert ist. Es ist vor allem das spektakuläre Design, dass die Aufmerksamkeit des Bürgersteigs erregt und die Nackenhärchen des Fahrers stolz nach oben aufstellt. Tatsächlich wird es zum Outfit des Shooting Brake kaum zwei Meinungen geben. Einige werden es für zu aufgesetzt halten und den rund und steil nach hinten (und vorne) abfallenden Dachbogen für überspannt halten. Andere – dazu zählen wir – finden das Design zwar exaltiert, aber trotzdem nicht unpassend. Warum sollte Mercedes hier nicht mal aus dem Vollen schöpfen? Wie lange ein solches Design, frisch bleibt, ist natürlich eine andere Frage.

Benziner passt eher zum Mercedes CLS Shooting Brake

Das Heck des Mercedes CLS Shooting Brake.
Shooting Brakes wurden früher für die Jagd benutzt Mercedes

Kurzer besserwisserischer Einschub zum Begriff Shooting Brake für jene, die mit dem Begriff nichts anfangen können: Er stammt ursprünglich von Fahrzeugen, die für die Jagd umgerüstet wurden, und speziell in den 60er- und 70er-Jahren für zweitürige britische Sportwagen mit großer Heckklappe, also für echte Coupés mit Zusatzraum.

Kommen wir zum Antrieb. Wenn man der Welt schon zeigen will, dass man Konventionen offensiv ignoriert, dann passt ein Benziner besser als ein Diesel. Beides gibt es natürlich für den CLS, aber einem Diesel haftet dann doch letztlich immer etwas Knausriges und Kleinliches an. So was passt vielleicht zum Kombi-Anteil im Shooting Brake, aber eher nicht für seine Coupé-Gene, so man diesen Anteil am Fahrzeug wirklich ernst nehmen will.

Raue Trinksitten mit dem V6 des Mercedes CLS Shooting Brake

Die Seitenline des Mercedes CLS Shooting Brake.
Der kleinste Benziner des Mercedes CLS Shooting Brake verfügt über 333 PS Mercedes

Also ein Benziner, wir begnügten uns bescheiden mit dem "kleinsten" Aggregat. Dabei handelt es immerhin schon um einen modernen V6-Motor mit – anders als es der Name suggeriert – nicht vier sondern 3,5 Liter Hubraum und 245 kW/333 PS. Wem das noch nicht "Coupé" genug ist, kann leistungs- und hubraumstärkere Aggregate mit 408 oder 557 PS (AMG) bestellen. Mit dem modernen Sechszylinder ist man allerdings immer gut unterwegs. An dem souveränen Aggregat gibt es wenig auszusetzen, außer vielleicht, dass schon eine nur annähernde Ausnutzung seiner Möglichkeiten recht raue Trinksitten zur Folge hat. In unserem Fall über den Testzeitraum rund zehneinhalb statt der versprochenen 7,5 Liter.

Ein wenig schade, dass ausgerechnet dieser Motor noch mit der alten Siebengang-Automatik kombiniert wird. Die Diesel-Varianten und der größere V8 erhielten in diesem Jahr bereits die neue Neungangautomatik eingepflanzt. Der Siebengänger ist für sich betrachtet sicher kein schlechtes Getriebe. Aber die Zeit ist ein wenig über ihn hinweggegangen, in Sachen Schnelligkeit und richtige Gangwahl gibt es heute im Premium-Bereich halt besseres.

Sportliche Fahrgefühle im Mercedes CLS Shooting Brake

Das Cockpit im Mercedes CLS Shooting Brake.
Der Mercedes CLS Shooting Brake kostet mindestens 64.600 Euro Mercedes

Das Fahrgefühl im CLS Shooting Brake ist nicht nur wegen des starken Motors und des nicht gerade sanft schaltenden Getriebes eher sportlich. Das liegt auch an einer für Mercedes-Verhältnisse eher straffen Auslegung, mit der man allerdings ganz gut leben kann. Auf größerer Reise macht da eher schon die im Wettbewerbsvergleich eher eigenwillige Bedienung Probleme. Insbesondere das Command-System erfordert vom Unkundigen einige Einarbeitung. Auch hier gilt: Kein schlechtes System, aber es gibt modernere und vor allem welche, die sich leichter erschließen.

Aber nobody is perfect, auch kein Fahrzeug, für das ja laut Firmenslogan nur das Beste gut genug sein kann. Das ist hier nicht der Fall, aber dieser Mercedes ist trotzdem ein (sehr) gutes Auto. Und natürlich ein teures. Mit rund 64.600 Euro steht der CLS Shooting Brake mit dieser Motorisierung in der Preisliste. Man sollte aber besser mindestens 80.000 Euro bereithalten, um ein Auto mit guter Ausstattung und ebensolchen Wiederverkaufschancen zu erhalten. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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