Jaguar XJ 3.0 AWD: Luxuriös in den Schnee

Selten in Deutschland vertreten

Jaguar XJ 3.0 AWD: Luxuriös in den Schnee
Dem Jaguar XJ 3.0 AWD bereitet Schnee keine Probleme. © Jaguar

Der Jaguar XJ führt in Deutschland nicht mehr als ein Nischendasein. Ebenso unauffällig arbeitet der Allradantrieb im neuen drei Liter großen Sechszylinder-Benziner.

Die große Luxuslimousine im S-Klassen- oder 7er-Format heißt bei Jaguar einfach XJ. Das muss man zu Klärung schon mal vorausschicken, denn auf unseren Straßen ist dieses Fahrzeug ja in etwa so selten anzutreffen wie eine Siam-Katze im Hinterhof. Den XJ gibt es als Diesel, mit großem V8-Benziner und mit einem 3,0-Liter-V6, ebenfalls ein Ottomotor und zwar ein brandneuer. Und nur in Kombination mit diesem Aggregat wird das Luxusraubtier seit einem Jahr auch in einer Allradversion angeboten. Lohnt sich der Aufpreis von 4760 Euro? Wir baten den Jaguar XJ AWD (für All Wheel Drive) zum Test.

Zurückhaltender Allradantrieb des Jaguar XJ

Wer ein Fahrzeug der Oberklasse ordert, sitzt häufig gar nicht selbst am Steuer und wenn doch, will er maximal komfortabel und stressfrei zum Ziel gelangen. Ein Allradantrieb ist da nicht unbedingt notwendig, hilft aber bei unwirtlichem Wetter und Schnee natürlich schon weiter. Entsprechend zurückhaltend haben die Jaguar-Ingenieure den von Magna-Steyr entwickelten Allradantrieb ausgelegt. Ist die Straße trocken, werden zum Anfahren mal gerade zwei Prozent der Antriebsleistung an die Vorderräder weitergeleitet. Und nur zum Anfahren. Danach wird der mindestens 91.880 Euro Euro teure Allradler wie üblich nur auf den hinteren Pfoten angetrieben.

Im Alltag wirkt diese Philosophie sehr ausgleichend. Der Jaguar ist mit dem 250 kW/340 PS starken 3,0-Liter-Kompressor hellwach, reagiert schon auf die ersten Millimeter durchgedrückten Gaspedals spontan und zieht unwiderstehlich nach vorne. Zugegeben, der alternativ angebotene V8-Kompressor kann das noch besser, der hat allerdings auch 210 Pferdchen mehr unter der Haube und kostet rund 50.000 Euro mehr. Außerdem gibt es für den Über-Jaguar eben nicht den Allradantrieb.

4800 Euro für Allradantrieb des Jaguar XJ

Der greift dann ein, wenn die Elektronik hinten einen Traktionsverlust bemerkt. Dann schließt sich die Lamellenkupplung und leitet so viel Antriebskraft wie notwendig an die Vorderräder. Das regelt die Elektronik souverän sowohl im Normal- wie auch im Dynamik-Modus, wo der Jaguar noch schärfer anspricht. Zudem gibt es als dritte Variante "W" für Winter. Leider müssen wir hier aber "N" für Nix konstatieren: Mangels weiß auf der Straße konnten wir diese Option leider nicht ausprobieren. Wir glauben aber gerne, dass in diesem Fall immer mal gleich 30 Prozent Drehmoment nach vorne geleitet werden.

Wer für die fast 4800 Euro Allrad-Aufpreis etwas Aufregendes oder gar Sensationelles erwartet, wird im XJ AWD enttäuscht. Schon nach wenigen Kilometern vergisst man, dass man ein Fahrzeug mit möglichem Vierradantrieb fährt. Ganz einfach, weil sich das System meist angenehm zurückhält.

Jaguar XJ mit langsamem Navi

Dem Jaguar XJ 3.0 AWD bereitet Schnee keine Probleme.
Schöner Innenraum, aber nervendes Navi des Jaguar XJ Jaguar

So konzentrieren wir uns jetzt mal auf das Fahrzeug selbst und sehen die gleichen Stärken und Schwächen wie wir sie vom normalen XJ kennen. Der 3,0-Liter ist eine Wucht, allerdings lässt er sich seinen tollen Sound und seine Dynamik auch gut bezahlen: in Form von Sprit an der Tankstelle. 9,9 Liter sind es in der Theorie, 0,3 Liter beträgt der AWD-Zuschlag. Wir benötigten bei zurückhaltender Fahrweise schon etwa 11,5 Liter und kamen auf lang und schnell gefahrenen Autobahnabschnitten auch mal auf 14 Liter.

Mit seiner Länge von 5,13 Metern und einem Radstand von 3,03 Metern kann der XJ naturgemäß kein Handlingwunder sein. Muss er auch nicht, die schmale Gasse, die enge Kurve und die schnelle Wende sind nicht sein Metier. Mehr störte uns da schon das langsame, veraltete Navigationssystem und die pixeligen Anzeigen der digitalen Instrumentierung. Hier würden wir uns schöne analoge Instrumente wünschen, die der Marke und ihrer Historie gerecht werden.

Jaguar XJ als Premium-Statement

Dem Jaguar XJ 3.0 AWD bereitet Schnee keine Probleme.
Jaguar XJ fast auf Augenhöhe mit deutscher Oberklasse Jaguar

Als Reiselimousine spielt der XJ dagegen (fast) in einer Liga mit den großen deutschen Wettbewerbern, wobei er im Charakter am ehesten dem Audi A8 und dessen grundsätzlich etwas sportiverer Auslegung am nächsten kommt. Ohne allerdings dessen Perfektion bei Verarbeitung und Geräuschniveau zu erreichen.

Aber wer sich für die britische Katze entscheidet, will ja auch ein Statement abgeben – eines, das sich nicht zuletzt gegen die Übermacht der deutschen Luxuslimousinen wendet. Das gelingt dem XJ nicht schlecht und mit dem Allradantrieb verfügt der geneigte Gentlemen-Driver jetzt über noch ein Argument mehr zum Kauf einer großen Katze. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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