Honda Civic Tourer: Magischer Abschied trotz Navi-Frust

Zuverlässiger Japan-Kombi

Honda Civic Tourer: Magischer Abschied trotz Navi-Frust
Der Honda Civic Tourer bittet zur Schnäppchenjagd © Honda

Mit dem Generationswechsel des Honda Civic endet auch die Zeit des großen Kinos im Kombi. Ob der Tourer eine Neuauflage erfährt, ist unklar, doch das magische Gestühl kehrt vorerst nicht wieder.

Dieser Abschied ist in mehrfacher Hinsicht ein endgültiger: Mit dem Honda Civic Tourer ist nach über sechs Monaten nicht nur ein gefragter Dauertestwagen von uns gegangen, sondern es steht zudem auch sein Abschied vom deutschen Markt bevor. Bereits Anfang 2017 kommt der neue Civic – vorläufig ohne Kombiheck und definitiv nicht mehr mit den so lobenswerten Magic Seats.

Neben der eigenwilligen Außenoptik sind es vor allem jene „magischen Sitze“, mit denen sich der Honda Civic von anderen Mitbewerbern der Kompaktklasse unterscheidet. Wie andere Kombis bietet der Japaner eine mit zwei einfachen Handgriffen umlegbare Rückbanklehne. Der erste Clou: Parallel senkt sich dabei auch die Sitzfläche deutlich ab, wodurch ein tiefer, topfebener und 1670 Liter fassender Maximalstauraum entsteht.

Effizienter Diesel im Honda Civic Tourer

Der zweite Clou: Alternativ lässt sich die Sitzfläche der Rückbank wie bei einem Kinosessel hochklappen, wodurch zusätzlich zum Standardkofferraum noch ein üppiger Stauraum für hohes Gepäck zwischen Fahrersitz und Rückbank entsteht. Im Alltag erlaubt diese im Autobau bisher einmalige Honda-Lösung mehr Nutzungsmöglichkeiten als sonst bei Kombis üblich. Das schluckfreudige Heck ist der größte Trumpf des Kompaktmodells. Entsprechend gefragt war der Tourer in unserer Redaktion bei Transport- und Urlaubsfahrten.

Zumal der Civic mit dem 1.6 i-DTEC noch einen besonders effizienten wie auch spritzigen Diesel bietet. Meist waren es um die fünf Liter, die der Selbstzünder auf 100 Kilometern konsumierte. Selbst auf strammen Expresstouren stieg der Dieseldurst nur leicht über sechs Liter. Und forsches Tempo liegt dem eigentlich kleinen Triebwerk. Mit 300 Newtonmetern Drehmoment sorgt es gefühlt für satten Durchzug. Dazu passend flutscht der Gangwahlhebel satt und verbindlich durch die sechs Vorwärtsgassen. Im lang übersetzten sechsten Gang konnten wir die digitale Geschwindigkeitsanzeige bisweilen auf stolze 230 km/h treiben, bei denen der fast 4,60 Meter lange Honda – zumindest im unbeladenen Zustand – angenehm ruhig und sicher auf der Autobahn lag.

Honda Civic Tourer mit eigenwilligem Cockpit-Konzept

Der Honda Civic Tourer macht sich bereit zur Schnäppchenjagd
Das Cockpit des Honda Civic erfreut einen nicht immer Honda

Die Digitalanzeige selbst werden wir hingegen nicht vermissen, ist sie Teil eines eigenwilligen Cockpit-Konzepts, das trotz gewisser futuristischer Stilelemente angestaubt ist und zudem mit konzeptionellen Schwächen nervte. Wer zum Beispiel über den zentralen Touchscreen einen neuen Radiosender einstellen will, bekommt gleichzeitig keine Naviinformationen mehr angezeigt. Der Touchscreen für den Infotainment-Navi-Komplex kennt nur einen Entweder-oder-Modus. Systeme anderer Hersteller erlauben zum Beispiel Splitscreen-Anzeigen oder eine parallele Darstellung auf einem Zusatzdisplay. Eine vergleichsweise clevere Vernetzung von Bord- und Navisystem ist dem Civic fremd. Von gelegentlichen Systemabstürzen des Wegweisers ganz zu schweigen.

Kleiner Tipp: Beim Kauf des noch aktuellen Civic sollte man auf das ausstattungsabhängig bis zu 1100 Euro teure Honda-Connect-Navi besser verzichten. Das in den Versionen Comfort und Elegance serienmäßige Audiosystem reicht. Alternativ sollte man das Geld ins 750 Euro teure Fahrassistenz-Paket anlegen, das unter anderem mit Kollisionswarner, Verkehrszeichenerkennung und Tot-Winkel-Warner den Autoalltag sicherer macht. Und Geld für ein zusätzliches Navi wäre dann noch reichlich vorhanden.

Honda Civic Tourer überzeugend in puncto Qualität

Der Honda Civic Tourer macht sich bereit zur Schnäppchenjagd
Der Honda Civic Tourer bewegt sich auf hohem Niveau Honda

Trotz Navi-Frust konnte der Civic Tourer vor allem in puncto Qualität vollauf überzeugen. Materialien und Verarbeitung sind auf gehobenem Niveau. Auch nach über 20.000 Kilometer Laufleistung präsentierte sich der Innenraum nach einer Grundreinigung so gut wie neu. Weder zeigten die Polster Abnutzungserscheinungen, noch störte bereits verkratztes Hartplastik das Auge des Betrachters. Gut, das darf man nach dieser Laufleistung natürlich auch erwarten, wird aber nicht von allen Wettbewerben erfüllt.

Ebenso tadellos war der Japan-Kombi in Hinblick auf die Zuverlässigkeit: Ausfälle oder Pannen blieben aus, nichts klapperte oder fiel ab. Aufgrund einer leichten Anfahrschwäche des Turbodiesels gestaltete sich lediglich bei steilen Berganfahrten das Spiel mit Gas- und Kupplungspedal mitunter kniffelig, was wiederum für herbe Düfte aus Richtung Kupplung sorgte.

Analog zur Qualität ist bei Honda auch der Preis auf gehobenem Niveau. Laut Liste kostet der Kombi mit Diesel 22.260 Euro. Angesichts des nahenden Modellwechsels scheint allerdings die Zeit für Schnäppchen gekommen. Auf Internetbörsen werden neue Exemplare mit Abschlägen von rund 30 Prozent angeboten. Wer also den Civic als Tourer mit den praktischen Magic Seats und dem überzeugenden 1,6er-Diesel will, dürfte in den kommenden Monaten besonders günstig zuschlagen können. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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