Volvo C30: Der Schönste der Schönen

Bislang galten Modelle von Volvo nicht gerade als Hingucker. Doch das hat sich geändert. Die Schweden bringen mit dem C30 ein sehenswertes Auto in der Golf-Klasse auf den Markt. Was es kann, zeigt unser Test.

Von Stefan Grundhoff

Es ist nicht lange her, da kamen schöne Kompaktvehikel allein aus dem Süden Europas und der Rest konnte nur staunen. Wie sich die Zeiten ändern können: Der Schönste der Schönen in der Golf-Klasse kommt ab sofort aus Schweden. Keiner zieht mehr Blicke auf sich als der sehenswerte Volvo C30.

Runder Abschluss

Wer hätte das vor ein paar Jahren noch geahnt? Die Schweden wussten mit ihren Automobilen nicht so recht in welche Richtung es gehen sollte. Die einen liebten die kantigen Altlasten vom Schlage eines 240ers oder den luxuriösen 760er; andere forderten lautstark eine Trendwende in Richtung Lifestyle. Der kam mit Modellen wie S60, XC90 oder S40 und findet im brandneuen C30 nun seinen runden Abschluss.

Der kompakte C30 ist der Schönste der Volvo-Familie und luchste klammheimlich auch dem Alfa-Romeo 147 seine Schönheitspokale ab. Mit Motoren zwischen 100 und 220 PS will der Schwede ein Liebling der Massen werden und mächtig bei der deutschen Premiumkonkurrenz wildern. Für Audi, BMW und Alfa kommt der Angriff aus dem Norden Europas nicht überraschend. Bereits die letzten Volvo-Modelle ließen vermuten, dass auch unterhalb von S40 und V50 etwas auf die Platzhirsche zukommen wird.

Anleihen beim Schneewittchensarg

Das Cockpit des C30 Foto: Werk

Der C30 ist eine perfekte Symbiose aus alt und neu, modern und historisch mit Anleihen beim legendären Schneewittchensarg P 1800 ES und dem charismatischen Nebendarsteller 480 ES, der Anfang der 90er Jahre für viel Aufsehen sorgte. Vom eindrucksvollen Design des C30 konnte man sich bereits auf diversen Automessen überzeugen. Doch die Frage, wie sportlich sich der dynamisch anmutende Schönling bewegen lässt, blieb bis dato unbeantwortet.

Der Skandinavier teilt sich die Plattform mit dem aktuellen Ford Focus - besser können die Voraussetzungen - zumindest für einen Fronttriebler - in der Kompaktklasse kaum sein. Überraschend gibt es den Schweden trotz kraftvoller Topmodelle (220-PS-Benziner und 180-PS-Diesel) nicht als Allradversion. Schade drum, denn das geht zusammen mit der stark untersteuernden Fahrwerkabstimmung auf Kosten des Spaßfaktors. Sicher will nicht jeder mit Vollgas um die Kurven driften, doch wer sieht wie dynamisch sich die Konkurrenz mit A3 quattro und dem Heckgetriebenen 1er BMW bewegen lässt, dem kommen im C30 die Tränen in die Augen. Selbst der zumindest in der Dieselkategorie deutlich schwächer motorisierte Ford Focus zeigt dem C30 bei der Kurvenhatz wo der Hase läuft.

Chicer Edelflitzer

Die Front des C30 Foto: Werk

Doch Volvo scheint sich bewusst zu sein, dass die Fahrdynamiker besser bei der Konkurrenz anklopfen sollen. Stattdessen hat man den C30 als chicen Edelflitzer gekonnt für die Szene-Singles der Großstädte in Szene gesetzt. Auch bei jungen Alten, deren Kinder gerade aus dem Haus sind, will man in die Einfahrt gelangen. Sie dürfen sich jedoch nicht daran stören, dass die Lenkung den nötigen Fahrbahnkontakt vermissen lässt und die Hinterachse Stöße überaus ruppig an den Innenraum weitergibt. Ebenso wie die Front des kompakten Schweden lässt sich auch der Innenraum bis zur B-Säule kaum von den größeren Modellen S40 und V50 unterscheiden. Alles ist da wo es hingehört, sieht edel aus und lässt sich auch bei Dunkelheit problemlos bedienen. Die Knöpfe in der sehenswerten Mittelkonsole könnten jedoch etwas größer sein. Doch das dürften allenfalls grobmotorische Männerhände bemängeln.

Mehr Seitenhalt wünschenswert

Die Seitenlinie des C30 Foto: Werk

Die Sitze lassen sich gegen Aufpreis elektrisch verstellen und beheizen. Etwas mehr Seitenhalt wäre schön, etwas mehr Straffheit ebenso. Während es in der ersten Reihe angenehm dimensioniert zugeht, darf man vom nur zweisitzigen Fond keine Wunder erwarten. Die beiden Einzelsitze wurden leicht in die Mitte versetzt und eine angenehmere Atmosphäre zu schaffen. Beinauflage und Knieraum lassen jedoch nur kurze Strecken ohne Beschwerden zu. der Kofferraum mit 278 Litern zu klein ist, kann ihn die beiden Rückenlehnen mit zwei Handgriffen umklappen. Dann stehen immerhin 920 Liter zur Verfügung und das sollte selbst für den Abstecher bei der Kunstgalerie ausreichen.

Bei den Motorisierungen hat das Volvo-Klientel alle Möglichkeiten. Soll es der gerade einmal 18.600 Euro teure Einsteiger-Benziner mit schlappen 74 kW / 100 PS sein, oder entscheidet man sich besser für eines der beiden Topmodelle mit 180-Diesel- oder 220-Turbo-PS für rund 27.000 bzw. 28.000 Euro? Beide sind kraftvoll motorisiert und gerade die große Dieselversion sollte in viele Kundenhände wandeln. Fast jeder Pilot wird sich an der allzu nervtötenden Geräuschkulisse des Fünfzylinders stören.

Nervig laut

Gerade ab 3000 U/min ist der Commonrail-Diesel nervig laut, dass einen allein das sehr gute Soundsystem zu trösten im Stande ist. Die Fahrleistungen zaubern einem dagegen wieder ein Lächeln auf das Gesicht. Der D5-Diesel schafft 220 km/h Spitze und verbraucht knapp sieben Liter Diesel auf 100 Kilometern. Noch bulliger und ungleich durstiger präsentiert sich der T5 mit 220 PS, die gerade bei flotter Kurvenfahrt störend an der Lenkung zerren.

Volvo will vom neuen C30 pro Jahr 65.000 Fahrzeuge an Mann und Frau bringen. Eine selbstbewusstes Ziel, wobei drei Viertel der Kunden neu zu Volvo stoßen sollen. Besonders die stärkeren Motorversionen dürften bei der potenten Kundschaft ankommen. Ähnlich wie beim Mini geben die Lifestyle-People um die 30 oder die finanziell abgesicherten Jungsenioren gerne ein paar Euro mehr aus und lassen den Stift wohlwollend durch die lange Aufpreisliste kreisen. Denn abgesehen vom Thema Sicherheit lässt die Komfortausstattung viele Wünsche offen.

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