SsangYong Kyron: Exotischer Dauerläufer

Ssang Yong setzt sich mit dem Kyron hohe Ziele. Noch allerdings ist der SUV aus Südkorea nicht ganz auf europäische Bedürfnisse zugeschnitten.

Von Jürgen Wolff

SsangYong macht das Regal frei. Raus mit Antiquitäten wie Musso oder Korando. Rein mit dem Kyron. Der soll SsangYong nach eigenem Verständnis einen Schritt weiter bringen auf dem Weg zur Designmarke aus Korea.

Radio bleibt Fremdkörper

Gelungen ist das zumindest in großen Teilen. Nicht zuletzt wohl auch, weil die ein oder andere ausgeprägte Vorliebe der koreanischen Käufer mit Blick auf Europa eingebremst wurde. So fehlt zum Beispiel ein prollig ausladender Heckspoiler, wie er etwa den Rodius «ziert». Der Kyron kommt mit einem dezenteren Flügelchen daher.

An anderen Stellen hat die Einstimmung auf den europäischen Geschmack nicht ganz so hingehauen - oder die Umstände waren einfach dagegen. Wie bei anderen Autos aus Korea auch, wirkt das Radio in der Mittelkonsole nicht nur reingepfropft, es ist es auch. Aus technischen Gründen kann es erst in Europa nachgerüstet werden - und bleibt ein Fremdkörper. Auch das Heck des Kyron ist - sagen wir mal - gewöhnungsbedürftig. Die Rückleuchten wirken in ihrer Wappenform wie bei Lancia eingekauft und finden nirgendwo in dem ganzen Auto eine optische Entsprechung.

Wertiger Innenraum

Der Innenraum ist liebevoll eingerichtet Foto: Werk

Dabei sind die Designer von SsangYong beim Kyron («Kairon» ausgesprochen) ansonsten durchaus liebevoll zu Werke gegangen. Der Innenraum etwa gehört sicher mit zu den wertigsten, die Korea uns derzeit zu bieten hat. Knöpfe und Schalter sind nicht einfach nur «angeordnet», sondern ansprechend und sinnvoll in runden Bedieneinheiten zusammengefasst und gestaltet. Eine Optik, die auch von dem Bereich um den Schalthebel aufgenommen wird.

Etwas störend: Die in Linie aufgereihten großen Rundknöpfe für Sitzheizung und andere Bereiche liegen bei Großgewachsenen auf Höhe der Knie und werden gelegentlich unbeabsichtigt geschaltet - einfach durch Anlehnen. Bei SsangYong hat man sich aber nicht nur mit der Formgebung befasst, sondern auch mit den Materialien. Sicher: Auch hier ist alles Plastik. Aber die Oberflächenstruktur ist fein mattiert und wirkt durchaus hochwertig.

Viel Platz

Sowohl vorn wie hinten fehlt es nicht an Platz Foto: Werk

Ansonsten gibt es klare Linien und viel Platz. Mit 4,66 Metern Länge und einem Radstand von 2,74 Metern läuft er für einen SUV zwar noch unter der Rubrik «kompakt». Doch auch hinten sitzen selbst größere Personen mit ordentlich viel Kopf und Beinfreiheit. Die Sitze vorne wie hinten sind gut ausgeformt und bieten rundum ausreichenden Halt.

Der Kofferraum hat schon im Normalzustand mit 625 Litern viel Platz fürs Gepäck. Bei umgeklappter Rückbank (teilbar) kommt man auf bis zu 2.322 Liter. Die breite Heckklappe reicht bis zum Stoßfänger hinunter und schwingt weit hoch - nur Basketballspieler können sich bei einer Stehhöhe von 2,11 Meter daran noch den Kopf stoßen.

SUV mit Limousinen-Feeling

Auch hinten passt viel hinein Foto: Werk

Auch außen macht der Kyron einen frischen und dynamischen Eindruck. Über den zweigeteilten Frontgrill mag man streiten - für SsangYong gehört diese Form jedenfalls genauso zur Markenidentität wie das Haifischmaul zu der von Peugeot. Und nimmt man die Querstreben über die ganze Breite, die im Stoßfänger integrierten Nebelleuchten und die großen Scheinwerfereinheiten dazu, ist das Gesicht des Kyron durchaus frisch, kraftvoll und sympathisch. Fortgesetzt wird dieser Eindruck auch von der leicht ansteigenden Seitenlinie und der Karosserieverbreiterung ab Unterkante Fenster. Nur das Heck hält nicht, was die übrige Karosserie verspricht.

Der Kyron kommt nicht als rustikaler Offroader daher sondern eher als sportlicher Allrounder mit Limousinen-Feeling - ein typischer SUV eben. Aber man sollte sich nicht täuschen: Das Teil ist sehr wohl geländetauglich. Die Bodenfreiheit liegt bei 20 Zentimeter, die Böschungswinkel vorn und hinten bei 26 bzw. 23 Grad.

Die klassische Leiterrahmen-Konstruktion des Kyron sorgt für eine verwindungssteife und solide Karosserie. Die Geländeuntersetzung ist elektrisch zuschaltbar. Und die Bergabfahrt im Gelände wird von HDC unterstützt: Füße weg von Gas und Bremse, einfach rollen lassen - der Kyron wird´s schon richten.

Schlapper Diesel

Der Motor des Kyron Foto: Werk

Als Motor haben die Koreaner dem Kyron einen 2,0-Liter-Diesel mit Commonrail-Direkteinspritzung mit auf den Weg nach Europa gegeben. Ganz ist er da nicht angekommen: Aufgrund der Abgaswerte schafft der in Mercedes-Lizenz gebaute 4-Zylinder aus Leichtmetall nur Euro-3. Immerhin gibt es einen Rußpartikelfilter gegen Aufpreis.

Ohnehin ist der «kleine» Diesel nicht die erste Wahl für den «großen» Kyron. Die 104 kW/141 PS haben trotz eines Drehmomentes von 310 Nm so ihre Mühe mit dem Zweitonner. Die Fahrwerte sind entsprechend: Für den Spurt aus dem Stand auf 100 km/h braucht der allradgetriebene Kyron in der Automatikversion 14,2 Sekunden - handgeschaltet sogar 16,2 Sekunden. Und in Sachen Höchstgeschwindigkeit ist bei 166 km/h Schluss. Als Durchschnittsverbrauch gibt SsangYong beim Automatik 8,4 Liter Diesel pro 100 km an, der Handschalter soll mit 7,7 Liter auskommen.

Hektische Automatik

Wirklich spritziges Fahren ist bei solchen Werten nicht drin. Und Überholvorgänge geraten immer wieder doch recht mühsam. Dazu kommt ebenfalls Spaß mindernd ein mitunter etwas hektisches Geschalte der Automatik (auch die eine Mercedes-Lizenz). Da ist es gut, dass man per Tiptronic die Sache auch noch selber in die Hand nehmen kann.

Die Lenkung reagiert abhängig von der Geschwindigkeit und ist eher leichtgängig ausgefallen. Das aufwändige Fahrwerk sorgt dafür, dass der Kyron in Kurven wenig Tendenz zur Neigung zeigt, die Federung schluckt klaglos schlechte Straßen.

Allradler bessere Option

Kyron ist ein Kunstwort aus dem griechischen «ky» für «unbegrenzt» und dem englischen «run» für «laufen» - ein Dauerläufer also. Mit einer stärkeren Maschine käme man diesem Anspruch sicher näher. Zum Dauerläufer soll der Kyron auch geschäftlich werden. Ein SsangYong hat auf deutschen Straßen bislang noch Exoten-Status. Nicht zuletzt dank des Kyron rechnet Jürgen Schmitz, Geschäftsführer von Ssangyong Deutschland, mit einer Verdoppelung der Verkäufe dieses Jahr. Allein für den Kyron peilt man mehr als 2000 Einheiten an.

Das sollte auch zu schaffen sein. Denn der Kyron ist im imagegeprägten Automobilgeschäft durchaus vorzeigbar und eine gute Wahl zu einem nicht unbedingt billigen, aber doch sehr fairen Preis. Die nur an einer Achse angetriebene Basisversion kostet ab 23.900 Euro, der Allradler beginnt bei 26.900 Euro.

Die serienmäßige Ausstattung ist umfangreich, die Aufpreisliste angenehm kurz. Mit Metalliclackierung (410 Euro), Automatik (1950 Euro), Tempomat (350 Euro) oder Glasschiebedach (800 Euro) findet man dort nur die üblichen Verdächtigen. Unsere Empfehlung: Wenn Kyron, dann richtig - mindestens mit Allradantrieb. Und wenn man das Geld übrig hat als «s»-Klasse: Unter anderem mit Leder und großformatigen Rädern. Ab 29.400 Euro.

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