Happy Hippo

Renault Kangoo

Der neue Kangoo befriedigt als Familienkutsche oder Kleintransporter alle Alltagsbedürfnisse. Er ist größer und komfortabler, aber auch fetter und träger geworden. Was kann der Kasten-Franzose wirklich besser als sein Vorgänger?

Von Sebastian Viehmann

Dieses Auto kann man noch so oft küssen - es wird kein Prinz draus. Der Renault Kangoo ist schon auf den ersten Blick kein schönes Auto, so freundlich er auch aus seinen Scheinwerfer-Augen blinzelt. Ein zweiter Blick macht ihn nicht hübscher. Spätestens beim dritten Hinsehen fällt einem aber Renaults alter Slogan «Autos zum Leben» ein, und man sagt sich: Pfeife auf die Optik, schließlich zählen innere Werte.

18 Zentimeter länger

Und in dieser Disziplin hat der Kangoo im Vergleich zum Vorgänger ganz schön zugelegt. 18 Zentimeter länger ist er geworden, was dem Innenraum fürstliche Ausmaße beschert. Die Beinfreiheit auf allen Sitzen ist riesig, die Kopffreiheit erscheint so groß wie im Bus. Da bleibt über den Köpfen genug Platz für kleine Ablagen, die sich wie im Flugzeug mit Klappen verschließen lassen. Auch über der Windschutzscheibe gibt es ein Staufach, und die zentrale Ablage im Armaturenbrett ist groß genug für einen Straßenatlas.

Das Cockpit versprüht mit der riesigen Windschutzscheibe immer noch ein wenig Kastenwagen-Atmosphäre, und bei feuchter Witterung oder hohen Temperaturen haben Lüftung und Klimaanlage ihre liebe Mühe. Auch das neue Armaturenbrett und die aufgefrischte Polsterung können nicht verhehlen, dass der Kangoo im Grunde seines Herzens ein Nutzfahrzeug ist. Diese Eigenschaften teilt er sich allerdings mit seinen Konkurrenten VW Caddy, Dacia Logan MCV oder Citroën Berlingo.

Niedrige Ladekante

Ebene Ladefläche bis zu 2,5 Metern Foto: Renault

Der Kofferraum fasst 660 Liter, bei dachhoher Beladung und umgelegten Rücksitzen stehen maximal 2688 Liter zur Verfügung. Der neue Citroën Berlingo schluckt maximal 3000 Liter, bei aufgestellter Rückbank bleibt mit 642 Litern aber weniger Stauraum fürs Reisegepäck als im Kangoo. Der Dacia Logan MCV bringt es auf maximal 2350 Liter, der VW Caddy bleibt mit maximal 4200 Litern ungeschlagen - wenn man ihn in der 47 Zentimeter längeren Maxi-Version bestellt.

Wie seine Konkurrenten punktet das Kangoo-Gepäckabteil mit einer großen Ladebreite und relativ niedrigen Ladekante. Ein rutsch- und reißfester Teppich hat endlich die nackte Kunststofffläche des Vorgängers ersetzt. Wenn man Rücksitze umklappt, entsteht eine ebene Ladefläche. Ab Privilège-Ausstattung kann man auch die Beifahrersitz-Lehne flach umklappen, um 2,5 Meter lange Gegenstände transportieren zu können - praktisch beim nächsten Baumarkt-Besuch.

Mehr an Gewicht

300 Kilo schwerer als der Vorgänger Foto: Renault

Das Plus an Größe und Komfort erkauft man sich im neuen Kangoo allerdings mit mehr Gewicht. Stolze 1,5 Tonnen bringt der 1.5 dCi auf die Waage, rund 300 Kilo mehr als beim Vorgänger. Der war schon mit dem 84 PS-Diesel ein ziemlich flotter Franzose, schaffte den Spurt von 0 auf 100 Km/h in 11,3 Sekunden. Der neue Kangoo fühlt sich auch mit der stärksten Variante des 1.5 dCi (103 PS) weniger spritzig an. Der Blick aufs Datenblatt bestätigt den müden Eindruck: 13,2 Sekunden vergehen, bis die Tachonadel 100 erreicht, bei der schwächeren Version mit 86 PS sind es gar 16 Sekunden.

Der neue Diesel-Kangoo hat eine spürbare Anfahrtsschwäche, kann seinen Drehmoment-Vorteil (240 Newtonmeter) eigentlich nur bei Steigungen und auf der Autobahn so richtig ausspielen. Auch der Verbrauch unseres Testwagens enttäuschte. Bei den offiziellen Werten ist der 86 PS-Diesel mit 5,3 Litern im Schnitt genau so sparsam wie sein Vorgänger, die neue 103 PS-Version erzielt einen Durchschnitt von 5,7 Litern pro 100 Kilometer. Unser Testwagen genehmigt sich bis zu zwei Liter mehr.

Verbesserte Geräuschdämmung

Praktisch angelegtes Cockpit Foto: Renault

Mit etwas Anlauf rennt der Kasten-Kombi problemlos 10 Km/h schneller als die angegeben 170 Km/h - ein schwacher Trost für den Dynamik-Verlust, den der Kangoo «von unten heraus» erlitten hat. Dafür liegt der Kasten-Kombi jetzt auch bei hohem Tempo angenehm ruhig auf der Straße, und die Geräuschdämmung hat sich gegenüber dem Vorgänger spürbar gebessert. Eine Wankneigung in Kurven hat der Franzose immer noch, doch alles in allem wirkt die Straßenlage etwas souveräner.

Weniger souverän wirkten einige Details im Innenraum, die während der Testphase auffielen - etwa Knarzgeräusche beim Schließen der elektrischen Fenster oder die Tatsache, dass die Intervallschaltung für die Scheibenwischer nicht funktionierte.

Basisversion nur für die Stadt

Für längere Fahrten ist der stärkere Diesel die weitaus bessere Alternative Foto: Renault

Der Kangoo 1.5 dCi in der 103 PS-Version ist ab 18.400 Euro zu haben und kostet in der Top-Ausstattung Privilège 20.300 Euro. An Bord sind unter anderem zwei Schiebetüren, elektrische Außenspiegel und Fensterheber, die Ablageboxen und -galerien, verschließbare Staufächer im Boden, Klimaanlage, CD-Radio mit Fernbedienungstasten an der Lenksäule, Nebelscheinwerfer und Klapptischchen vor den Rücksitzen.

Die Basisversion Authentique ist nur mit dem schwachbrüstigen 68 PS-Diesel zu haben und zu mager ausgestattet, als dass der Einstiegspreis von 15.350 Euro eine erwägenswerte Alternative wäre - zumindest, wenn man den Kangoo öfter für Langstrecken nutzt.

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