Porsche Cayenne: Ende der Glaubenskrise

Viereinhalb Jahre nach der Einführung des Cayenne hat Porsche die zweite Generation seiner dritten Baureihe aufgelegt. Das neue Modell zeichnet sich vor allem durch mehr Leistung aus.

Von Thomas Flehmer

Die Ankündigung von Porsche, einen Geländewagen zu bauen, hatte vor gut neun Jahren einen Glaubenskrieg rund um die Marke des Stuttgarter Sportwagenherstellers ausgelöst. Porsche und SUV - das könne nicht gut gehen, sagten die Kritiker und selbst im eigenen Haus war die dritte Baureihe nicht unumstritten. Viereinhalb Jahre nach der Markeinführung und rund 150.000 verkaufte Einheiten später löst nun die zweite Generation den in Leipzig gefertigten, aber langsam alternden Erfolgstypen ab. Zum einen machte der ansteigende Lebenszyklus dem Modell zu schaffen, zum anderen löste der Absatzrückgang im Hauptmarkt USA eine Glaubenskrise des sportlichen Geländewagens aus.

Erstmals Benzindirekteinspritzung

Zeit wurde es, den Cayenne zu überarbeiten und besonders auf den amerikanischen Markt anzupassen. Dort setzt ein Umdenken aufgrund steigender Kraftstoffpreise nur langsam ein, noch zählen dynamische und kraftvolle Triebwerke.

So haben auch die Neuerungen besonders unter der Motorhaube stattgefunden. Drei völlig neue Motoren, bei denen erstmals bei Porsche Benzindirekteinspritzung die Fahrleistungen verbessert und zugleich für Benzineinsparungen sorgt. So wurde beim Sechszylinder-Einstiegsmodell der Hubraum von 3,2 auf 3,6 Liter erweitert und die PS-Zahl um 40 auf 290 PS/213 kW angehoben. Die beiden Achtzylinder, der Cayenne S und der Cayenne Turbo erhielten eine Hubraum-Vergrößerung von 4,5 auf 4,8 Liter. Die Pferdestärken wuchsen um 45 und 50 PS auf 283 kW/385 PS und 368 kW/500 PS an.

Absoluter Fahrspaß im Turbo

Der 4,8 Liter Turbo-Motor Foto: Werk

Und gerade beim Cayenne Turbo wird die Steigerung deutlich. Der Geländewagen wird förmlich aus dem Stand katapultiert und lässt die Sehnsucht nach dem Cayenne Turbo S der ersten Generation mit 521 PS schwinden, wie die ersten Testfahrten vor allem beim Faktor Spaß bewiesen. Das unglaubliche Gefühl, über so viel Kraft zu verfügen, macht süchtig. 700 Nm stehen zwischen 2250 und 4500 U/min zur Verfügung. Nach 5,1 Sekunden wird der dreistellige km/h-Bereich erreicht, der Spaß endet bei 275 km/h.

Natürlich geht mit dem Fahrspaß auch die Frage nach den Spritkosten einher. Die von Porsche angegebenen 14,9 Liter Superplus auf 100 km/h entsprechen nicht dem Faktor Sucht nach Spaß. Auf unseren Testfahrten pendelte sich der Durchschnittsverbrauch um die 20 Liter ein, bei besonders sportlicher Fahrweise waren es auch noch einmal fünf Liter mehr. Doch bei einem Einstiegspreis von 108.617 Euro wird der Kunde wohl diese Diskrepanz verschmerzen können.

Sechszylinder ausreichend

Elegant, trotz Größe Foto: Werk

Wer es etwas langsamer angehen lassen möchte, ist auch mit dem Sechszylinder gut bedient. Hier lohnt es sich auch noch, den manuellen Schaltbetrieb einzusetzen. Die Gänge lassen sich knackig kurz einlegen und dank eines maximalen Drehmoments von 385 Nm bei 3000 U/min lässt es sich auch angenehm schaltfaul fahren. Die 100 km/h-Grenze wird auch erst nach 8,1 Sekunden erreicht und bei 227 km/h ist Schluss. Der deutsche Markt hatte den Vorgänger in sein Herz geschlossen und zum Volumenmodell gekürt. Angegebene 12,9 Liter lesen sich auch besser, auf den ersten Kilometern zeigte der Bordcomputer rund zwei Liter mehr an.

Dafür steht der Bassis-Cayenne auch schon ab 51.7365 Euro zur Verfügung. Eine entsprechend lange Aufpreisliste, angefangen beim Farbangebot, lässt den Preis schnell um mehrere tausend Euro nach oben springen. Eine Keramikbremse, wie bei den Sportwagen, ist nicht im Angebot. Sie würde beim Geländeeinsatz, den der Cayenne mit Bravour erledigte, zu schnell verdrecken und nicht mehr richtig funktionieren.

Chassis-Control verhindert Wanken

Voll Gelände tauglich Foto: Werk

Sinnvoller für den fast 4,80 Meter langen und 1,70 Meter hohen Geländewagen ist das optionale Porsche Dynamics Chassis Control (PDCC). Dank zweier Stabilisatoren in den Achsen wird die Seitenneigung in den Kurven fast völlig ausgeglichen und somit Nick- und Wankbewegungen verhindert. Für 3213 Euro ist das System, das auch BMW in Eigenbau im neuen X5 anbietet, für den Turbo zu haben.

Wer nur Cayenne oder Cayenne S ordert, muss vorher noch Luftfederbeine mit integrierten Dämpfern für 2963 Euro einbauen lassen - insgesamt sind das knapp 6200 Euro für ein gut funktionierendes Komfort-Gimmick. Für manche aber wohl auch schon ein Grund, eine neue Glaubenskrise auszurufen.

Eleganz im Innenraum

Immer hoch hinaus Foto: Werk

Völlig ohne Krise geht es beim Design weiter. Die Front wurde dynamischer, der neue Cayenne gibt auf 21 Zoll-Reifen eine ausgesprochen potente Figur ab. Und im Innenraum zeigt sich Porsche wie immer von der besten Seite. Leder bestimmt das Bild, sorgfältige Nähte zeugen von Luxus. Die Instrumente wirken elegant. Spätestens ab diesem Punkt ist die Glaubenskrise überwunden, die Fahrt kann losgehen.

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