Porsche 911 GT 3: Alltagstauglicher Renner

Die Porsche-Fans mussten sich lange gedulden. Jetzt ist er da – und das Warten auf den GT3 hat sich gelohnt. Das neuste Produkt der Zuffenhausener macht nicht nur auf der Rennstrecke ein Figur.

Von Jürgen Wolff

Wie macht man einen italienischen Alfisti glücklich? Ganz einfach: Zwischen Verona und Venedig mit dem Porsche 911 GT3 moderat temperiert auf gleiche Höhe ziehen, kurz und freundlich rüber lächeln, Gas geben, schalten, Gas geben - und tschüss.

Spaß am Sound

Wenn er hinter dem nächsten Tempo-100-Schild wieder aufschließt und langsam vorbei fährt, kommt das Lächeln wieder zurück. Keine Spur von Neid liegt in diesem Lächeln. Nur Spaß an diesem Sound. An so viel Kraft. Und im nächsten Tunnel gibt´s dann eine Zugabe. Ein Porsche 911 GT3 gehört einem nie ganz alleine. Jeder ringsum genießt ein Stückchen mit. Der satte, tief grollende Sound kommt nicht von ungefähr. Erstmals bei einem modernen 911 werden die Abgastakte aller sechs Zylinder in einer gemeinsamen Mischkammer zusammengeführt.

Das bullige Hinterteil des Neuen Foto: Werk

Porsche hat dem GT3 eine neue, um zwölf Liter gewachsene Abgasanlage mit motornahen Katalysatoren verpasst. Die zwei per Abgasklappe gesteuerten Vorschalldämpfer münden nun in einem großvolumigen, quer eingebauten Hauptschalldämpfer mit zwei zentralen Endrohren. Das verringert nicht nur den Abgasgegendruck (und bringt mehr Leistung), sondern sorgt auch maßgeblich mit für die grollend giftige Geräuschkulisse des Sechs-Zylinder-Boxers im Heck. Der Boxer boxt noch.

Triebwerk komplett überarbeitet

GT3 - dahinter versteckt sich viel Sportlichkeit Werk

Und er hat immer noch 3.600 ccm Hubraum. Aber mit Ausnahme des Kurbelwellengehäuses ist das Triebwerk komplett überarbeitet worden. «Es hat mit dem alten GT3-Motor so gut wie keine Schraube gemeinsam», sagt Projektchef Andreas Preuninger. Porsche-Fans sind Technik-Fans. Deshalb also mehr Technik als sonst in einem Fahrbericht: Zu den wesentlichen Merkmalen des Boxers gehören längs geteilte Kurbelgehäuse und ein achtfach gelagerter Kurbeltrieb mit Pleueln aus Titan, jeweils drei Zylinder umfassende Zylindergehäuse und Zylinderköpfe mit vier Ventilen pro Brennraum, aufgesetzte Nockenwellengehäuse mit separaten Einlass- und Auslassnockenwellen - und natürlich die Trockensumpfschmierung, auf die Porsche schwört. Alle beweglichen Teile wurden so optimiert, dass sie entweder an Gewicht verloren oder an Wirkungsgrad gewonnen haben. Stolz verkündet Preuninger zum Beispiel, dass man pro Zylinder rund 30 Gramm Gewicht eingespart habe.

415 PS Leistung

Aus den seit Jahren unveränderten 3,6 Litern Hubraum des Saugmotors holt Porsche beim neuen GT3 satte 305 kW/415 PS (bei 7600 U/min.). Das sind 115,4 PS je Liter Hubraum - zehn PS mehr als der Vorgänger. Das maximale Drehmoment von 405 Nm liegt bei 5.500 U/min. an. Die maximale Drehzahl liegt bei 8400 Umdrehungen. Die Leistungswerte, die daraus resultieren, geben das Erlebnispotenzial des GT3 nur unzureichend wieder: In 4,3 Sekunden zieht er von 0 auf 100 km/h, nur 9,2 Sekunden später treibt die Tachonadel jenseits von 200. Schluss ist erst bei 310 km/h.

Reinrassiger Clubsportler

Schick - die Felgen des Porsche Foto: Werk

Es sind nicht alleine solche Werte, die den GT3 zu einem reinrassigen Clubsportler für die Rennstrecke machen. Und auch nicht, dass Porsche ohne Aufpreis ein Clubsportpaket anbietet, mit Überrollkäfig, Sechspunkt-Gurten und Vorrüstung für einen Batterie-Hauptschalter. Die eigens für den GT3 entwickelten Reifen sorgen mit dafür, dass auch bei hohen Beschleunigungen die Kraft auf der Straße ankommt - und er selbst beim Herausbeschleunigen aus schon schnell gefahrenen engen Kurven auf dem Asphalt klebt. Hinten rollen minimalistisch profilierte 305er-Walzen ab.

Für zusätzlichen Anpressdruck sorgt die optimierte Aerodynamik. Der ausladende Heckflügel samt der Flügelstützen etwa bringt bei Tempo 300 einen Abtrieb von 25 Kilo an der Hinterachse. Der Unterboden ist nahezu vollständig glatt verkleidet. Auch vorne sorgen die tief heruntergezogene Spoilerlippe und die großzügigen Luftöffnungen nicht nur für Kühlung, sondern auch für verminderten Auftrieb an der Vorderachse.

Kerniger Renner

Und dann natürlich das erstmals für den GT3 angebotene aktive PASM-Fahrwerk. Ein Druck auf die «Sport»-Taste - schon wird der Porsche zum kernigen Renner. Und wer es richtig um die Kurven treiben will, der drückt noch ein paar Knöpfe mehr: Die Traktionskontrolle aus, straffere Dämpfer, 25 Nm mehr Drehmoment und das Abschalten aller Fahrhilfen.

Preuninger: «Wir wollen, dass nicht die Elektronik, sondern der Fahrer die volle Kontrolle hat - wenn er es den will.» Und wenn er denn kann. Denn wer ohne alle Helferlein über die Nordschleife rauscht, sollte genügend Gefühl und Erfahrung mitbringen. Aber abseits der Rennstrecke und der gedrückten Knöpfe ist der Porsche 911 GT3 ein durchaus alltagstaugliches Auto. In Normalauslegung erweist sich die Fahrwerksauslegung als fast schon bequem und rückenschonend.

Selbst wer nicht die serienmäßigen Sitze sondern die leichten Kohlefaser-Schalensitze ordert, übersteht auch längere Strecken erstaunlich entspannt. Sofern er die Gurtpeitschen durch die Öffnungen in den Sitzflanken fummelt und seine Oberschenkel so vor blauen Druckstellen-Flecken bewahrt.

Tauglich für den Alltag

Sportlich wie das Auto - die Instrumente Foto: Werk

Ernsthaft: Der Rennwagen ist tauglich für den Alltag. Im vorderen Kofferraum läßt sich sogar ein Sprudelkasten verstauen. Kommen wir zur schlechten Nachricht: All das hat seinen Preis. 108.083 Euro will Porsche für den GT3 - die Zuffenhausener lieben krumme Zahlen. Das soll gut genug sein für 900 Exemplare pro Jahr, haben die Marketing-Leute ausgerechnet. Ungefähr die Hälfte der Jahresproduktion soll in die USA gehen, der größte Teil der zweiten Hälfte in Deutschland bleiben. Viele sind das nicht. Aber wir werden Sie auf der Straße kaum übersehen. Und sicher nicht überhören.

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