Mit erster bis dritter Klasse

Fahrbericht Nissan Qashqai +2

Der Qashqai hat viele Qualitäten unter seinem eleganten Blechkleid. Die in der Langversion +2 hinzugefügte dritte Sitzreihe gehört nur bedingt dazu.

Von Martin Woldt
Mit den Plätzen 6 und 7 ist der 4,53 Meter lange Qashqai (+2) für Leute mit zusätzlichem Transportbedarf konzipiert und war deshalb auch auf der Streckbank. Resultat: 13 Zentimeter mehr zwischen den Achsen, 21 mehr zwischen den Puffern. Das Merkwürdige ist nur: dieser Zugewinn fiel wie eine staatliche Erhöhung des Steuerfreibetrag aus. Er kommt vor allem denen zugute, die ohnehin schon Platz hatten, weniger denen in der dritten Reihe, oder soll man sagen dritten Klasse? Hinter diesen, komplett im Ladeboden versenkbaren Sitzen bleibt noch ein Kofferraum von 130 Litern Ladevolumen, nicht mehr als beim Smart. Mit eingeklappter dritter Reihe sind es maximal 550 Liter.

Mit speziellen Voraussetzungen

Nissan empfiehlt die Benutzung für Mitmenschen bis 1,60 Meter Körpergröße, unterlässt aber auf deren turnerische Voraussetzungen hinzuweisen. Wer also spekuliert, mit den zusätzlichen Sitzen Schwiegermutter den Aufenthalt im Seniorenstift durch den einen oder anderen Ausflug zu versüßen, sollte das vorher testen. Rein mag sie ja noch kommen. Unsere Oma zumindest ist nach der Abgabe noch nicht aus dem Nissan-Testwagendepot zurück.

Souveräner Pilotensitz

Aufklappbare dritte Reihe Foto: Nissan

Oder anders gesagt, als gelegentliche Kindergeburtstagskutsche ist der Qashqai+2 sicher super. Sonst aber kommt das Plus vor allem der Laderaumvariabilität (plus 140 Liter) oder wegen der um 24 Zentimeter längst verschiebbaren Rückbank dem dort ansässigen Mittel-Stand zugute. Wenn man allerdings die meiste Zeit vorn am Steuer zubringt, ist die dritte Reihe weit weg. Der Fahrerplatz ist ein höher gelagerter, souveräner Regentenstuhl, der alles gut überschau- und steuerbar macht.

Kleines Turboloch

Die Fahrzeuglänge beträgt 4,53 Meter Foto: Nissan

Beim Beschleunigen bringt sich mitunter von fern durch leises Nageln der Selbstzünder in Erinnerung. Ab und an wünscht man sich nach einem Kaltstart etwas eleganter durch das nur unzureichend planierte Turboloch zu stolpern oder bei flotter Fahrt am Steuer etwas mehr sportliche Rückmeldung vom Fahrbahnkontakt der Reifen. Aber von solchen Sorgen träumen andere. Hier gilt es vielleicht doch eher durch Mäßigung den Anschluss zum Zeitgeist zu wahren; zum Beispiel den Allradeinsatz wohl dosiert vorzunehmen. Der ist auf kompliziertem Untergrund gewiss nicht zu verachten.

Nicht mehr Allrad als nötig

Auf dem täglichen Asphalt hingegen untergräbt er doch unnötig die Klimaziele der Bundesregierung. Einen knappen Liter betrug der Unterschied zwischen der Kraftentfaltung mit vier oder zwei Rädern in unserem Alltagstest. Aber natürlich lässt sich der Allradantrieb leicht über ein Drehrad in der Mittelkonsole selbst während der Fahrt herausnehmen oder bei Bedarf wieder zuschalten, ohne das dies zunächst große Veränderungen für das Fahrverhalten bedeuten würde.

Mit Euro4 unterwegs

Der Qashqai+2 Foto: Nissan

Wer ihn im Stadt- und Umlandverkehr für völlig verzichtbar hält, spart 1.850 Euro, und muss sich deswegen nicht minderbemittelt vorkommen. Mit zahlt man bei guter Ausstattung 29.540 Euro. Der Qashqai mit seinem langen Radstand und der breiten Spur neigt nicht zum Schlingern, auch wenn das Fahrwerk Unebenheit bisweilen polternd quittiert. Wer das Geld trotzdem ausgibt, gewinnt neben dem Allradantrieb eine Zwei-Zonen-Klimaautomatik. Allerdings wird man den Luxus kaum über die Neuwagen-Steuerbefreiung gegenfinanzieren können. Der Diesel ist noch nicht mit Euro 4 unterwegs. Und damit kommt man nur ein knappes Jahr am Finanzamt vorbei.

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