Jenseits aller Normen

Der Qashqai ist der große Hoffnungsträger für Nissan. Eigentlich ist das Crossover-Modell der Golfklasse zugeordnet, doch vermittelt die japanische Allzweckwaffe mehr.

Von Thomas Flehmer

Es kommt auf den Blickwinkel an. Und selbst dann ist der neue Hoffnungsträger von Nissan nicht gleich irgendeinem Segment zuzuordnen. Der außergewöhnliche Name Qashqai - nach einem durch die Wüste ziehenden Nomadenstamm benannt - passt deshalb zu dem Fahrzeug, das quasi ohne Norm durch die Straßen fährt.

Zwischen Golfklasse und SUV

Dabei ist man sich, betrachtet man lediglich das Chassis, sicher, dass der 4,32 Meter lange Qashqai unbedingt in das C-Segment gehört. Wird dann die Karosserie auf Räder gestellt, beginnt der Überlegungsprozess. 17 Zoll-Reifen sorgen dafür, dass diese Einordnung so vorschnell nicht getroffen werden kann.

Der Qashqai sticht nun dank seiner erhöhten Position heraus und könnte schon fast an das SUV-Segment anklopfen. Die breite Front und die geschwungene Seitenlinie lassen den Qashqai wie ein kleiner Bruder des Murano aussehen.

Starker Motor und Allradantrieb

Interessante Heckpartie Foto: Nissan

Und auch die Motorisierung hebt sich ab. Ein Zweiliter-Vierzylinder mit 104 kW/140 PS steht sonst nur noch bei Dodge mit dem Caliber im Regal. Das Sahnehäubchen des 1,5 Tonners stellt aber der Vierrad-Antrieb dar, der bei den Konkurrenten sonst nicht zu finden ist. Doch für das Gelände ist der Qashqai, trotz des Namens, nicht vorgesehen. Er muss sich mit dem Asphalt begnügen, der Allradantrieb soll für zusätzliche Sicherheit bei widrigen Fahrbahnverhältnissen sorgen.

Um genügend Traktion braucht sich der Qashqai aber eigentlich nicht zu sorgen. Trotz der 140 PS entstand auf den Testfahrten nicht der Eindruck, mit einem Sprinter unterwegs zu sein. 10,6 Sekunden benötigt der Stadt-Nomade für den Sprint zur 100 km/h-Marke; wird der Vortrieb nur über zwei Räder erzeugt, ist der Qashqai eine halbe Sekunde schneller am Ziel. Trotz 196 Nm denkt man aber immer, hier fehlt noch ein bisschen die Spritzigkeit. Trotzdem stehen laut Nissan 8,4 Liter Superbenzin zu Buche. Bei den Testfahrten konnte dieser Wert bei zumeist normaler Fahrweise gehalten werden. Das ergibt einen Wert von 204 Gramm CO2-Ausstoß pro gefahrenen Kilometer.

Solider Arbeiter

Liebevoll gestalteter Innenraum Foto: Nissan

Dagegen stellt das Lenkverhalten nicht ganz zufrieden. Ein wenig schwammig lässt sich der Golf-Konkurrent steuern, ohne dabei unzuverlässig zu wirken. Straßenunebenheiten gleicht er eher wie ein Golf als wie ein SUV aus. Trotzdem können sich die Insassen wohlfühlen. Der Qashqai verrichtet solide seine Arbeit.

Seinen Teil zum Wohlfühlaspekt tut auch der Innenraum dazu. Denn das Interieur ist genauso unkonventionell, aber liebevoll gestaltet. Die hohe Sitzposition sorgt für ein angenehmes Fahrgefühl, die Sitze geben den nötigen Halt.

Radfahrer aufgepasst

Schwierigkeiten beim Radfahrerblick Foto: Nissan

Schwierigkeiten ergeben sich beim Radfahrerblick. Hier sollten einige Augenblicke mehr Zeit genommen werden, um wirklich sicher zu gehen, dass man beim Abbiegen keinen Verkehrsteilnehmer mitnimmt. Mehr Sicht hat man durch Panorama-Glasdach, das riesig wirkt. Auf Knopfdruck fährt der Dachhimmel nach hinten, gibt den Blick frei und sorgt für viel Licht im Innenraum.

Wirklich gut gelungen ist die Rückfahrkamera. Zwar sollte man immer nach hinten schauen, doch die Kamera samt Hilfslinien lässt das Fahrzeug sicher in die Lücke kutschieren.

Teuer oder günstig?

Viel Platz im Kofferraum Foto: Nissan

Mindestens 19.790 Euro sind fällig. Dafür erhält man das Basismodell mit einem 1,6 Liter-Modell. Der von uns gefahrene Testwagen 2,0 Tekna 4WD mit vielen Extras wie dem Panoramadach , Bordcomputer, höhenverstellbaren Fahrersitz, Nebenscheinwerfern, Einparkhilfe hinten und vielem mehr, sowie dem 2200 Euro teuren Navigationssystem schlägt mit 29.930 Euro zu Buche. Viel Geld für ein Mobil der Golfklasse, zugleich aber auch ein günstiger kleiner SUV - es kommt auf den Blickwinkel drauf an.

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