Paranoia inklusive

Nissan Murano V6

Der Nissan Murano bereitet als Sechszylinder den Insassen ein wahres Vergnügen. Wenn nur die Nachbarn nicht immer so grimmig schauen würden.

Von Frank Mertens

«Und, was verbraucht der so?» Die Frage des Nachbarn kam aus heiterem Himmel. Hätte er nicht zuerst fragen können, wie er sich so fährt? Dann hätte ich durchaus positiv beginnen können, dass sich der Nissan Murano wirklich ausgesprochen gut fährt: Sein V6-Motor mit seinen 256 PS kraftvoll, aber dennoch geschmeidig agiert und die Befehle des Gasfußes via des stufenlos arbeitenden CVT-Automatikgetriebes ohne Verzögerung umsetzt.

Zwischen spaß und schlechtem Gewissen

Doch das wollte der Nachbar nicht wissen - er fragte ganz profan danach, was sich dieses Auto denn so genehmigt. Nun, im Stadtverkehr waren es rund 13,5 Liter, bei ausgesprochen bedachter Fahrweise allerdings. Das sind 1,4 Liter weniger, als vom Hersteller angegeben. Doch auch ohne diesen Zusatz fiel das Entsetzen meines Gegenübers groß genug aus. «Soviel Spaß kann ein Auto gar nicht machen, um einen solchen Verbrauch zu rechtfertigen», war die schnöde Reaktion. Weitere Fragen stellte er nicht - und ließ mich mit einem knappen «Bis bald» stehen. Hm, groß widersprechen hätte ich ihm nicht können, wenn ich dazu die Gelegenheit gehabt hätte. Denn für die Bedürfnisse in unseren Gefilden ist dieses Cross-Over-Modell von Nissan nicht gemacht. Er passt vielleicht auf einen nicht enden wollenden schnurgeraden Highway in den USA, aber nicht in die Großstadt.

Dafür ist er zu wuchtig: Eine Länge von 4,84 Metern, eine Breite von 1,89 Metern und eine Höhe von 1,72 Metern sind schon eine Ansage. Wer also in dem Murano unterwegs ist, der thront über den anderen Verkehrsteilnehmern. Für das Gefühl der objektiv und subjektiv empfundenen Sicherheit ist das nicht schlecht. Ein Grund übrigens, weshalb viele Leute gern in einem SUV unterwegs sind.

Vorwurfsvolle Blicke an der Ampel

261 Gramm pro Kilometer entfleuchen aus dem Auspuff Foto: Nissan

Aber wer in einem solchen Auto fährt und dann auch noch gelegentlich Gedanken die Folgen des Individualverkehrs für das Klima übrig hat, wird von einem schlechten Gewissen geplagt. Schließlich pustet der Murano satte 261 Gramm CO2 pro Kilometer in die Umwelt. Das sind Werte, die schlicht nicht zeitgemäß sind.

Die anderen Verkehrsteilnehmer scheinen das zu ahnen. Denn irgendwie glaubt man sich bei Ampelstopps vorwurfsvoller Blicke ausgesetzt. «Schaut her, da ist schon wieder einer dieser SUV-Fahrer. Fahren ein Auto, das kein Mensch braucht und die Umwelt verpestet», glaubt man die Gedanken lesen zu können. Ein Hauch von Paranoia macht sich breit.

Genuss mit Premium-Charakter

Premium-Ambiente hinter der Frontscheibe Foto: Nissan

Doch wer dies verdrängt, sich nur auf das reine Fahren konzentriert und keinen Blick auf die Verbrauchsanzeige des Bordcomputers verliert, kann die Fahrt im Murano genießen. Sein Innenraum hat fast schon Premium-Charakter, die Materialien sehen nicht nur gut aus, sie fühlen sich auch so an. Vorne kann man sich genauso bequem in die Ledersitze lümmeln wie im Fond, wo drei Passagiere Platz finden.

Und wie es sich für ein Auto dieser Klasse gehört, bietet es so Nettigkeiten wie eine automatisch öffnende und schließende Heckklappe. Oder Kameras am rechten Außenspiegel und in der Heckklappe, die das Einparken deutlich erleichtern. Man kann es als unnützen Kram abtun oder einfach nur als nettes Feature nach schätzen.

Gute Alternative eine Klasse tiefer

Kleine Alternative: Der Nissan Qashqai Foto: Nissan

Ja, der Murano bietet vieles, was man mögen könnte, aber nun einmal auch einiges, was man nicht goutieren kann - vor allem seinen enormen Verbrauch. Wer schon nicht auf die Vorzüge eines SUV verzichten kann, der kann bei Nissan auch eine Klasse niedriger fündig werden. Denn dort gibt es den Qashqai, keine schlechte Alternative - und der kommt auch von Nissan.

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