Auf zur Zeitreise

Moto Guzzi V7 Classic

Die Moto Guzzi V7 Classic ist Ausruck eines neu gewonnenen Selbstvertrauens der Motorrad-Schmiede am Comer See. Was das Retrobike zu bieten hat, zeigt unser Test.

Von Thilo Kozik

Noch bis vor wenigen Jahren durften Spötter unwidersprochen behaupten, Moto Guzzi bräuchte keine Klassik-Modelle aufzulegen - die aktuelle Modellpalette bestünde sowieso nur aus Retrobikes. Das ist Vergangenheit, spätestens seit die traditionsreiche Schmiede am Comer See mit einem neuen Achtventil-Motor und modern gestylten Musclebikes vom Schlage einer Griso oder Breva den Markt bereichern.

Neu gewonnenes Selbstvertrauen

Insofern darf die V7 Classic durchaus als Ausdruck neu gewonnenen Selbstvertrauens verstanden werden. Denn dieses Modell ist die erste Guzzi, die sich bewusst auf die lange Historie der Marke zurück bezieht: Vor gut vierzig Jahren, 1967, debütierte jener längs laufende 90-Grad-Vau, der mittlerweile so markentypisch für Moto Guzzi geworden ist. Der Name das damaligen Modells: V7, in Anlehnung an den Hubraum von 703 ccm.

Das Cockpit der Moto Guzzi V7 Classic Foto: Moto Guzzi

Flüchtig betrachtet könnte man die hier stehende Classic für ein gut gepflegtes Modell von damals halten. Für diesen Look haben sich die Entwickler mächtig ins Zeug gelegt: Mit typischen Speichenrädern und verchromten Stereo-Federbeinen, der bullig-gestreckten Linie und fast megaphonartigen Doppel-Schalldämpfern gelingt ihnen eine zeitgenössische Neuinterpretation des Klassik-Themas. Ohne Bruch in der Wahrnehmung geht das Aufsitzen vonstatten.

Aufrechte Haltung

Der V2-Motor der Moto Guzzi V7 Classic Foto: Moto Guzzi

Hinter dem lang gestreckten Tank nach Vorbild der V7 Sport findet der Fahrer auf einer flachen Sitzbank ein nettes Plätzchen vor, der Griff an den ebenso schmuck- wie schnörkellosen Rohrlenker bringt eine leichte, keineswegs übertriebene Vorlage mit sich. Weil die Rasten eine Spur zu weit oben montiert sind ergibt sich eine aufrechte Haltung mit viel Bodenfreiheit.

Die Seitenansicht der Moto Guzzi V7 Classic Foto: Moto Guzzi

Die können selbst unerfahrene Zweiradler zu herzerfrischenden Schräglagenattacken nutzen, denn die «moderne» V7 Classic fährt kinderleicht. Das Einlenken in Kurven geht spielerisch von der Hand. Hinzu kommen ein relativ geringes Gewicht von vollgetankt 198 Kilo sowie eine niedrige Sitzhöhe, mit denen sich die Guzzi im Stand wie beim Fahren problemlos beherrschen lässt.

Sanfte Leistungsentfaltung

Die Leistungsentfaltung erfolgt sanft. Wie seit dem V7-Vorbild von 1967 guzzi-typisch, wird auch die neue V7 von einem 90-Grad-Vau-Zwo vorangetrieben. Der Motor entwickelt aus 744 ccm Hubraum 50 PS und 58 Newtonmeter Drehmoment. Ein kurz abgestuftes, aber mit langen Schaltwegen versehenes Fünfganggetriebe leitet diese Kraft via Kardanwelle ans Hinterrad.

Gemeinsame Tour auf der Moto Guzzi V7 Classic Foto: Moto Guzzi

Ab 2500 Umdrehungen liefert der Längsläufer ein sattsam nutzbares Drehmoment fast bis zum Drehzahlbegrenzer, der bei 7800 U/min einsetzt. Aber in solche Drehzahlregionen mag man den Motor gar nicht quälen, auch die Höchstgeschwindigkeit von 155 km/h wird der V7-Treiber nur alle Jubeljahre mal auskosten wollen.

Gerade Ungeübte werden sich vom Leistungsangebot und dem sanften Krafteinsatz nicht überfordert fühlen, und die Motorcharakteristik erfordert vergleichsweise wenig Schaltarbeit. Die Moto Guzzi V7 Classic taugt durchaus als Zeitmaschine. Denn spätestens beim Abstellen nach einem lustbetonten Fahrtag weckt das typische Tickern und Knistern des langsam abkühlenden Vau-Zwo selige Erinnerungen an die gute alte Motorradzeit. Der Preis indes nicht: er liegt bei 8200 Euro.

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