Mitsubishi L200: Jäger in fremden Revieren

Pickups haben in Deutschland allenfalls eine Nischenfunktion. Mitsubishi plant mit der dritten Generation des L200 die etatmäßigen Zielgruppen zu erweitern.

Von Thomas Flehmer

Mitsubishi wildert mit der dritten Generation des L200 in fremden Revieren. Der bisher mit fast 42.000 Verkäufen seit 1996 erfolgreichste Pickup in Deutschland, der 1978 das erste Mal vom Band lief, soll aus seiner Außenseiterfunktion herausgeholt werden. Neben den etablierten Zielgruppen der gewerblichen Nutzer will der japanische Autohersteller den L200 nun auch «trendbewussten Familien» schmackhaft machen, wie Deutschland-Geschäftsführer Thomas Kursch bei der Präsentation in Frankfurt am Main ankündigte.

Kastendesign durchbrechen

«Wir wollten das Kastendesign auf vier Rädern durchbrechen», sagt Produktmanager Oliver Söll. Anstatt wie früher mit dem Pickup für Jäger, Angler oder Bauunternehmer eine kleine Nische zu besetzen, sollen sich nun «junge Paare und Familien mit höherem Einkommen für den Sports Utility Truck anstatt eines Kombi entscheiden.» Deshalb orientierten sich die Hersteller am Dakar-Seriensieger Pajero Evolution.

Und der erste Eindruck gibt dem Produktmanager Recht. Mit runden Formen, etwas bullig zwar, präsentiert sich der L200 als eine Mischung aus Mini-Truck und SUV. Auch im Innenraum kommt nie der Eindruck auf, in einem Kleintransporter zu sitzen. Die Plastikverkleidung wirkt keineswegs billig, die Sitze geben genug Seitenhalt, die Armaturen erinnern an einen Pkw, nicht an einen Lkw.

Allenthalben gewachsen

Bullig. Der L200 Foto: Werk

Zudem ist der Platz in der Doppelkabine sehr großzügig bemessen. Im Gegensatz zum Vorgänger ist die Kopffreiheit um 13, die Kniefreiheit um 60 und die Innenlänge um 150 Millimeter gewachsen. Zudem kann in der Nobel-Ausstattungsvariante «Intense» das Heckfenster zur Ladefläche elektrisch versenkt werden. Die Bestückung der Ladefläche selbst wird durch einen ausziehbaren Boden stark vereinfacht. Ein optionales Hardtop verschmelzt den Laderaum mit der Fahrgastzelle. Die Fahrt kann losgehen.

Mit dem 2,5-Liter Commonrail-Diesel, der von 100 kW/136 PS angetrieben wird, ist man zwar nicht sportlich, aber zügig unterwegs. 314 Nm, die bei 2000 Umdrehungen pro Minute anliegen, treiben den Pickup innerhalb von 14,6 Sekunden von Null auf 100 Stundenkilometer und bis zu einer Höchstgeschwindigkeit von 167 km/h.

Dabei sollte man aktuell die 4-Gang-Stufenautomatik dem 5-Gang-Schaltgetriebe noch vorziehen. Durch eine geänderte Einspritzung beim manuellen Schalter ist der Motor etwas lauter als beim automatisch angetriebenen L200. Söll versprach gegenüber Auto-News24 Besserung. «Im Oktober wird ein neues Motorsteuergerät eingebaut. Dann werden die Geräusche gedämpfter in den Innenraum dringen. Eine Nachrüstung findet aber nicht statt.» Aber auch so waren auf der Autobahn bei höherer Geschwindigkeit Gespräche ebenso möglich wie im Stadtverkehr.

Guter Wendekreis

Bietet ausreichend Ladeplatz Foto: Werk

Dort bewegt sich der L200 ebenfalls in Pkw-Dimensionen. Bei einem Wendekreis von gerade mal 11,8 Metern ist der Marktführer seinen Konkurrenten um mindestens zwei Meter voraus. Dass bei der Unübersichtlichkeit, die ein Mini-Truck den kleineren Autos gegenüber aufweist, auf eine Einparkhilfe verzichtet wurde, ist unverständlich. Sensoren können für 140 Euro Aufpreis geordert werden. Hier hätte man gleich die 140 Euro serienmäßig zum Einstiegspreis von 26.190 Euro für die Doppelkabine aufschlagen können.

Für die „Intense“-Ausstattung werden 28.990 fällig. Der Preis für die Einzelkabine beginnt bei 21.990 Euro, das Club Cab wird ab 24.690 Euro verkauft. 80 Prozent aller L200-Käufer entscheiden sich aber für die von uns gefahrene Doppelkabine. Diese Version kann auch im Gelände punkten und kehrt somit zu seinen Wurzeln zurück. Als einziger Vertreter im Pickup-Segment besitzt der L200 einen permanenten Allrad-Antrieb, der allerdings nur in der „Intense“-Ausstattung für Sicherheit und Fortkommen im Gelände sorgt. Bei den anderen Versionen muss der Vorderradantrieb auf Knopfdruck zugeschaltet werden.

Spaß an Steigungen

Dann aber gibt es für den „Super Select 4WD“ zusammen mit der Fahrstabilitäts- und Traktionsregelung „MASC/MATC“ kein Halten mehr. Selbst starke Steigungen im Schnee nimmt der L200 ohne Mühe. Und auch die Umwelt soll nicht leiden. Als einziger Pickup-Vertreter erfüllt der L200 die Euro 4-Norm. Ein Partikelfilter kann für 650 Euro nachträglich eingebaut werden.

Auch wenn die Pickups bei einem Marktanteil von 0,7 Prozent in Europa lediglich eine Nische besetzen, erwartet nicht nur Mitsubishi eine Steigerung in diesem Segment. Die dritte Generation ist deshalb erneuter Vorgriff gegenüber den Mitbewerbern wie dem Nissan Navarra oder dem Toyota Hilux. Und dass dieser Trend so langsam ins Rollen kommt, steht fest. Mazda bringt demnächst mit dem BT-50 einen Pickup, deutsche Hersteller sehen in diesem Segment einen enormen Nachholbedarf - und zwar nicht nur für Fischer, Jäger und Sammler.

Keine Beiträge vorhanden