Stuttgarter Aufholjagd

Mercedes S 400 BlueHybrid

Stuttgarter Aufholjagd
Der Mercedes S 400 BlueHybrid © Foto: Mercedes

Mercedes wird im Juni 2009 das erste serienmäßige Hybridauto mit Lithium-Ionen-Batterie in Deutschland auf den Markt bringen. Was der S 400 BlueHybrid kann, zeigt unser Test.

Von Frank Mertens

Wer zuletzt über schadstoffarme und damit umweltverträglichere Autos sprach, kam zumeist auf Toyota zu sprechen. Nicht zuletzt mit dem Prius Hybrid haben die Japaner die Wahrnehmung in der Öffentlichkeit bei der C02-Diskussion bestimmt und den deutschen Herstellern einen blamablen Rückstand eingebracht. Doch nun rollt Daimler mit Vehemenz das Rennen von hinten auf.

Kompakte Batterie

Mit dem Mercedes S 400 BlueHybrid gibt der Stuttgarter Autobauer mit dem Verkaufsstart im Juni kommenden Jahres seine Antwort auf Fragen nachhaltiger Mobilität. Während Toyota oder Honda bislang in seinen Hybridfahrzeugen die platzraubenden Nickel-Metall-Hydrid-Akkus einsetzen, kommt im S 400 BlueHybrid eine kompakte und vor allem leistungsfähigere Lithium-Ionen-Batterie zum Einsatz. Ihr Volumen beträgt nur 20 Liter. Der S 400 BlueHybrid ist damit weltweit das erste Serienfahrzeug, das seine Energie aus einer Lithium-Ionen-Batterie gewinnt.

Die Lithium-Ionen-Batterie im S 400 BlueHybrid hat ein Volumen von 20 Liter Foto: Mercedes

Die Kombination aus Batterie und Verbrennungsmotor führt im S400 BlueHybrid zu einer deutlichen Verbrauchsreduktion. So genehmigt sich das von einem 20 PS starkem Elektromotor unterstützte V6-Aggregat mit 279 PS auf 100 km gerade einmal nur 7,9 Liter Super. Das sind 2,2 Liter weniger als im S 350, auf dem der BlueHybrid beruht. «Mit 7,9 Litern Verbrauch sind wir die weltweit sparsamste Luxuslimousine mit Otto-Motor», sagt Hermann-Joseph Storp, Baureihen-Leiter S- und CL-Klasse. Der C02-Ausstoß von 190 Gramm pro Kilometer ist ebenfalls Bestwert im Segment. Zu diesen Werten trägt auch das Gewicht der Hybrid-Komponenten bei, die gerade einmal 75 Kilo (davon entfallen 26 kg auf die Batterie) wiegen. Insgesamt bringt der S 400 1955 Kilo auf die Waage.

Fahrspaß bleibt

Der V6-Motor im Mercedes S 400 BlueHybrid leistet 279 PS Foto: Mercedes

Wer glaubt, dass diese Verbrauchsreduktion zu Lasten des Fahrspaßes geht, irrt. Abstriche muss der Fahrer nicht machen, wie erste Testfahrten in dieser Woche rund um Stuttgart zeigten. In gerade einmal 7,2 Sekunden erreicht man die 100 km/h-Marke, die Höchstgeschwindigkeit endet bei 250 km/h. Doch die reinen Leistungsdaten sind das eine, das Fahrerlebnis das andere. Das beginnt bereits beim Dreh des Zündschlüssels: Da der V6-Motor durch den 20 PS starken Starter-Generator - der die Funktionen von Anlasser und Lichtmaschine übernimmt - zum Leben erweckt wird, ist ein Motorgeräusch kaum zu vernehmen.

Im Tacho des Mercedes S 400 BlueHybrid wird der Ladestand der Batterie angezeigt Foto: Mercedes

Nur der Blick auf den Drehzahlmesser verrät, dass der Motor läuft. Neben der Laufruhe gibt es aber noch einen anderen, weit wichtigeren Vorteil: den nämlich, dass der V6 spontan auf bis zu 600 Umdrehungen gebracht und erst dann gezündet wird. Dadurch springt der Motor quasi sofort an, spart bereits beim Startvorgang Sprit und pustet weniger klimaschädliches CO2 in die Luft.

Der Kofferraum im S 400 BlueHybrid bietet ausreichend Platz Foto: Mercedes

Darüber hinaus gibt es laut Storp durch den sogenannten «Boost»-Effekt einen weiteren Spareffekt. So schiebt der Elektromotor bei der Beschleunigung mit einem Startdrehmoment von 160 Nm den Verbrennungsmotor geradezu an und sorgt bereits schon in niedrigen Drehzahlbereichen für einen kraftvollen Antritt. Das kombinierte Drehmoment liegt übrigens bei satten 385 Nm.

Stärken im Stadtverkehr

Der Mercedes S 400 BlueHybrid Foto: Mercedes

Seine Stärken spielt der Mercedes S 400 BlueHybrid natürlich vor allem im Stadtverkehr mit häufigen Anfahr- und Bremsmanövern aus. Hier kann sich die Batterie durch die Bremsenergie-Rückgewinnung besonders gut mit neuer Energie versorgen. Für Einsparungen sorgt hier die Start-Stopp-Funktion, die bei einer Geschwindigkeit zwischen zehn und 20 km/h den Motor automatisch abstellt. Wird die Bremse gelöst oder das Gaspedal getreten, springt das Auto kaum wahrnehmbar wieder an. So macht Start-Stopp richtig Spaß. Der Ladezustand der Batterie wird dem Fahrer übrigens im Display des Tacho angezeigt, entsprechend kann er seinen Fahrstil danach ausrichten.

Aber auch auf der Landstraße oder in den Bergen kann der S400 seine Hybrid-Vorteile ausspielen. Ganz anders sieht es natürlich auf der Autobahn aus, dem Einsatzort, auf dem die S-Klasse als Reiselimousine vor allem unterwegs ist. Hier treten die Vorteile deutlich in den Hintergrund, die Einsparung beläuft sich hier auf nur 0,9 Liter. Je nach Fahrweise und Strecke (Baustellen, Staus etc.) können es sogar mehr sein, wie Storp sagt.

Preis steht noch nicht

Das Heck des Mercedes S 400 BlueHybrid Foto: Mercedes

Damit der S 400 BlueHybrid ein Erfolg wird, muss natürlich auch der Preis stimmen. Doch darüber machten die Verantwortlichen von Daimler keine Angaben. Selbst eine Preisspanne war ihnen nicht zu entlocken. Doch eines ist klar. Einen drastischen Preissprung kann man sich nicht erlauben, soll das Fahrzeug nicht zum Ladenhüter werden. Von daher scheint ein Aufpreis von 5000 bis 6000 Euro in einem realistischen Bereich zu liegen. Der S 350 steht mit 77.826 Euro in der Preisliste.

Auch wenn der Preis noch nicht feststeht, eines ist schon jetzt klar. Der S 400 BlueHybrid wird dafür sorgen, dass man nicht zuerst an die Japaner denkt, wenn man über Hybride spricht. Vor allem dann, wenn die Stuttgarter diese Technologie unterhalb der Luxusklasse einsetzen. Und das wird kommen.

So kündigte Herbert Kohler als Umweltbeauftragter des Konzerns an, dass Daimler «ab 2009 jedes Jahr mindestens ein neues Hybridmodell auf den Markt bringen« werde, »darunter auch Dieselhybride mit unserer sauberen BlueTec-Technologie».



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