Mercedes ML 500: Weg zu den Sternen

Die zweite Generation der M-Klasse von Mercedes ist größer, stärker und luxuriöser. Ein SUV für alle Lebenslagen. Aber nicht für alle Geldbeutel. Der 500er ist unterhalb der AMG-Modelle der stärkste ML. Ist er seinen stolzen Preis wert?

Von Jürgen Wolff

Ich bin der beste Freund meines Tankwarts. Seit dem Tag, an dem ich mit dem ML 500 vorgefahren bin und die erste dreistellige Tankrechnung meines Lebens bar bezahlt habe, empfängt er mich jedes Mal mit Handschlag und einem freundlichen Lächeln. Und nicht ohne vorher hoffnungsvoll aus dem Fenster geschaut zu haben, mit welchem Auto ich heute wohl da bin. Der ML 500 schafft Freunde - nicht bei der Ökofraktion, wohl aber bei Tankstellenpächtern und Autofans. Knapp 2500 Kilometer sind wir mit dem Test-ML auf vorwiegend deutschen Straßen und Autobahnen unterwegs gewesen.

Mehr als einen ganzen Tag lang war er während der beiden Praxistest-Wochen unser rollendes Heim, rechnet man die gesamten Fahrzeiten zusammen. Insgesamt verbrannten in den acht Zylindern dabei rund 400 Liter Super-Benzin. Macht unterm Strich einen Verbrauch von 16,3 Litern je 100 Kilometer. Und wir waren nicht einmal so sonderlich forsch unterwegs: Am Ende zeigte der Bordcomputer eine gefahrene Durchschnittsgeschwindigkeit von 92 km/h an.

Kraftprotz mit Wohlfühlfaktor

Der V8-Zylinder schafft 240 km/h Foto: press-inform

Was soll's. Für diesen Einsatz an Ressourcen haben wir vom ML 500 auch ordentlich was zurück bekommen. Kaum ein Testauto in den vergangenen Monaten hat uns einen solchen Wohlfühlfaktor beschert. In kaum einem anderen haben wir uns so rundum sicher gefühlt, so gut aufgehoben. Und - so viel Arroganz muss sein: Wer kauft sich schon ein Auto, das den Gegenwert eines kleinen Appartements ausmacht, ohne ganz erkleckliche Wohnnebenkosten einzukalkulieren? Selbst Mercedes gibt einen Durchschnittsverbrauch von 13,4 Liter an.

Die Kosten für Anschaffung und Unterhalt mal ausgenommen: Selbst die verwöhntesten Zeitgenossen dürften mit dem ML 500 zufrieden sein. Jede Menge Platz und Luxus, dazu ein hoher Sicherheitsstandard und Kraft satt. Vor allem wenn der ML so wie unser Testwagen mit dem AMG-Paket daherkommt, macht er schon optisch ordentlich was her. Bullige Stoßfänger vorne und hinten, breite Reifen und Schweller an den Seiten, zwei mächtige Auspuff-Endrohre - so zeigt der ML 500, welche Kräfte in ihm stecken.

Ledersitze für Dick und Dünn

Der ML 500 überzeugt Außen wie Innen mit gepflegtem Styling Foto: press-inform

Der Ein- und Ausstieg ist SUV-typisch sehr bequem und das Terrain davor nachts beleuchtet. Die straffen Ledersitze lassen sich selbst für große, kleine, dicke, dünne Passagiere optimal verstellen, je nach geordertem Paket bis hin zu den Seitenwangen. Egal wie flott die Kurvenfahrt auch wird: Hier sitzt man rutschsicher eingebettet und bequem. Die erhöhte Sitzposition sorgt für eine gute Sicht nach allen Seiten. Platz ist auch nach allen Seiten. Üppig. Vorne ebenso wie hinten. Keine Ellbogen, die sich ins Gehege kommen, keine Knie, die Kontakt zur Lehne der Vordersitze suchen.

Wer sich tatsächlich einmal durch Schlamm und Dreck bewegt, der wird schätzen lernen, wie gut abgedichtet die Türen nach außen sind - der einzige Dreck, der reinkommt, klebt an den Schuhen. Wer mehr als gelegentlich mal Offroad geht, der sollte sich überlegen, ob er nicht gut 2000 Euro zusätzlich für das Technikpaket investiert, das unter anderem einen Unterfahrschutz und eine modifizierte Airmatic-Luftfederung mit mehr Bodenfreiheit und Watt-Tiefe enthält.

Bei der Navigation hapert es noch

Gestartet wird per Knopfdruck und mit dem Keyless-Go-Schlüssel in der Hosentasche. An die Bedienung müssen sich Mercedes-Kunden kaum und Neueinsteiger nur kurz gewöhnen. Alle Elemente sind übersichtlich angebracht, leicht zu erreichen und meist elektrisch unterstützt. Die Lenksäule lässt sich elektrisch raumgreifend in Höhe und Länge verstellen. Etwas gewöhnungsbedürftig der Schalthebel für die Automatik - der findet sich nämlich wie einst am Lenkrad. Und das ist gut so. Denn so stört er schon nicht mehr am Mitteltunnel. Anders als bei einem manuellen Schalthebel ist er ja auch nicht ständig in Gebrauch. Ärgerlich das Navi: Viel zu oft funktioniert die Peilung des eigenen Standortes nicht und immer wieder mal führt es in die Irre. Auch bei anderen Mercedes-Modellen haben wir dies partielle Orientierungslosigkeit schon festgestellt.

Der Kofferraum fasst satte 500 Liter

Was fürs Auge: Mercedes ML 500 in der AMG-Version Foto: press-inform

Der ML entpuppt sich als Lastenträger. Landschaftsgärtner und Pferdebesitzer wissen das zu schätzen. Allein schon der große Kofferraum fasst, alle Sitze aufrecht, 500 Liter - deutlich mehr als etwa beim bayerischen Konkurrenten X5. Die Heckklappe lässt sich per Knopfdruck öffnen und schließen und schwingt so weit nach oben. Praktisch, wenn man voll bepackt und ohne freie Hände aus dem Supermarkt oder Gartencenter kommt. Hilfreich vor allem bei sperrigen Gütern auch die große und weitgehend quadratische Ladeöffnung. Der Ladeboden ist eben, eine Ladekante gibt es nicht. Unter dem Boden finden sich praktische Ablagefächer für den Kleinkram. Ein sperriges Reserverad gibt es nicht - zur Not muss ein Reparatur-Set helfen. Wer richtig Platz braucht, kann die asymmetrisch geteilte Rücksitzbank sehr einfach umklappen. 2050 Liter - damit ist dann auch der Designersessel kein Transportproblem. Die riesige Anhängerlast von bis zu 3,5 Tonnen macht den ML 500 zur idealen Zugmaschine für Boot und Pferdeanhänger.

Geschuldet ist diese Zugkraft dem bulligen und satt grollenden V8-Motor. Der legt geschmeidig 225 kW/306 PS auf die vier Räder und schafft bereits ab 2700 U/Min. ein maximales Drehmoment von 460 Nm. Entsprechend kräftig zieht der ML 500 los: Von 0 auf 100 km/h in 6,9 Sekunden, bei 240 km/h ist Schluss. Wer zu forsch in die Eisen steigt, wird eine kurze Sekunde der Besinnung bemerken, bevor der 8-Zylinder das Gas annimmt. Die siebenstufige Automatik spielt optimal mit der Charakteristik des Motors zusammen. Wer will, kann die Fahrstufen auch manuell und praktisch ohne Schaltverzögerung am Lenkrad wechseln.

Ein Assistent fürs Gefälle

Schnelles Überholen? Kein Problem. Nur die Lenkung könnte etwas gefühlvoller sein. Das erstklassige Fahrwerk sorgt für eine unkritische und jederzeit sichere Fahrweise. Wer will, kann es per Sport-Einstellung straffer und direkter auslegen. Komfortabel ist es immer. Zahlreiche elektronische Helferlein sorgen in jeder Fahr- und Lebenslage vor. Anfahren am Berg? Der Anfahr-Assistent verhindert ein Zurückrollen. Den Hügel steil runter? Weg von Gas und Bremse - der Downhill-Assistent macht's alleine. Dazu ein präzise arbeitendes ESP und Offroad-ABS, ein Traktionssystem und - gegen Aufpreis - eine Stabilisierungskontrolle für Anhänger. Pferde werden es schätzen lernen.

64.090 Euro für die Basisversion

So viel Luxus, Fahrspaß und Sicherheit hat ihren Preis - nicht nur, was den Verbrauch angeht. Wer so souverän und komfortabel fahren will, muss für den ML 500 schon in der Basisversion 64.090 Euro hinlegen. Für das AMG-Stylingpaket sind je nach Umfang zwischen 3400 und 6800 Euro fällig. In der Aufpreisliste weiterhin zu finden sind solche Annehmlich- und Nützlichkeiten wie Airmatic (1687 Euro), Tempomat mit Abstandsregler (1798 Euro), Anhängerkupplung (794 Euro), Bi-Xenon-Scheinwerfer (1589 Euro) oder Gummifußmatten (75,40 Euro). Selbst die Dachreling lässt sich Mercedes noch mit knapp 300 Euro extra bezahlen.

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