Baby-Kraxler aus Stuttgart

Mercedes GLK

Die Kiesgrube liegt irgendwo im Niemandsland südlich von Ulm. An der Landesgrenze zwischen Bayern und Baden-Württemberg unweit von Biberach drehen ein paar vermummte Geländewagen ihre letzten Testrunden. Der neue Mercedes GLK ist ganz in seinem Element.

Von Stefan Grundhoff

Der GLK als kleiner Bruder des erfolgreichen Mercedes-Trios ML, GL und G kommt spät, eigentlich viel zu spät. Nicht nur die asiatische Konkurrenz mit Nissan X-Trail, Toyota RAV4 oder Hyundai Santa Fe hat einen Vorsprung um mehrere Nasenlängen, sondern insbesondere der andauernde Erfolg des BMW X3 dürfte die Verantwortlichen in Stuttgart schmerzen.

«Kommen von hinten»

Zum Glück haben auch die Ingolstädter Konkurrenten den Trend zu Mittelklasse-SUV verschlafen. Auch sie können den Audi Q5 erstmals auf der Peking Auto Show präsentieren - zeitgleich mit dem GLK. Wer zu spät kommt, den bestraft bekanntlich das Leben und der muss sich schon etwas einfallen lassen, um die Kunden auf sich aufmerksam zu machen. So präsentiert sich der neue Mercedes GLK nicht nur optisch deutlich kantiger und kerniger als die Konkurrenz, sondern abseits befestigter Wege auch engagierter denn je.

In einem Segment, wo sich eigentlich kein Mensch für Geländegängigkeit interessiert, beeindruckt der Baby-Kraxler mit seinem Können. Wolfgang Keller, Entwicklungschef des neuen Mercedes GLK verweist auf den exzellenten Allradantrieb 4matic, die bis zu 20 Zentimeter Bodenfreiheit und die 23 bzw. 25 Grad großen Böschungswinkel: «Wir sind als letzte gestartet - wir kommen von hinten und jetzt muss man uns überholen. Wir setzen bei den kompakten SUV neue Maßstäbe.»

Meßlatte übersprungen

Keine Probleme zu Wasser und zu Lande Foto: press-inform

In der Tat ist das Können des GLK auf Sand, Geröll und Lehm eindrucksvoll. Doch auch bei Mercedes ist man sich bewusst, dass sich von den zahlreichen Kunden dafür kaum jemand interessieren wird. Doch es geht um eine sinnvolle Positionierung. In Sachen Fahrdynamik, Preis und Alltagstauglichkeit setzen die Platzhirschen BMW X3 und VW Tiguan sowie die Asiaten schmerzhafte Bestwerte.

Wieso also nicht einen Geländewagen mit dem im Markt positionieren, wozu er ehemals geboten wurde. Geht es um die Geländegängigkeit ist die Konkurrenz dünner denn je. «Hier war der Land Rover Freelander für uns die Meßlatte», so Wolfgang Keller. Und die wurde nach Mercedes-Angaben mit dem GLK übersprungen.

Leichte 1,9 Tonnen

Leichtfüßig im Gelände Foto: press-inform

Die Motorleistung wird 4matic-typisch statisch im Verhältnis 45:55 Prozent an die Achsen übertragen. Wer mit dem 4,53 Meter langen GLK im Gelände unterwegs ist, der wird das Leergewicht von 1.840 Kilogramm zu schätzen wissen. Nicht, dass knapp 1,9 Tonnen leicht wären; aber die meisten SUV und Geländewagen, mit denen man sich abseits befestigter Wege trauen kann, sind eine Klasse größer und wiegen zwischen 2,2 und 2,5 Tonnen.

Im leichten Geläuf zeigt der rustikale Ableger der erfolgreich gestarteten C-Klasse, dass mit ihm auch auf der Straße zu rechnen sein wird. Federung und Dämpfung sind allemal komfortabel, jedoch straff genug, um Spaß zu haben. Die kurzen Überhänge und allzu leichte, aber präzise Lenkung tun ihr übriges.

Ohne Differenzialsperre

Praktischer Innenraum Foto: press-inform

«Dass der GLK leichtgängig und wendig unterwegs sein soll, stand im Lastenheft ganz oben», so Entwicklungsingenieur Wolfgang Baerens, «rund 15 Prozent der Entwicklungszeit haben wir daher für die Geländeerprobung aufgewendet. Die Einfachheit der Bedienung ist besonders wichtig. Nicht schalten, nicht regeln, einfach einsteigen und losfahren.» So verzichtet der neueste Benz erwartungsgemäß auf Differenzialsperren, Luftfederung oder eine Untersetzung. Biegt anders als zu erwarten doch einmal einer der Kunden ins Gelände ab, so helfen eine Vielzahl elektronischer Programme, Bergabfahrhilfe, Unterfahrschutz und ein Geländefahrprogramm über das gröbste hinweg.

Wenn der Mercedes GLK im Sommer auf den Mark kommt, dann werden zunächst nur PS-starke Sechszylinder verfügbar sein. Weltweit werden die Benzinversionen GLK 280 (ab 36.600 Euro) und GLK 350 (ab 38.700 Euro) als Volumenmodelle erwartet. Dazu kommt der 224 PS starke GLK 320 CDI (ab 38.700 Euro alle ohne Mehrwertsteuer), der bis auf weiteres das Dieseltopmodell darstellen wird. Im April kommenden Jahres wird die Modellpalette um den neuen Vierzylinder-Diesel GLK 220 CDI BlueEfficency mit zunächst 125 kW / 170 PS erweitert. Er startet bei 33.900 Euro plus Mehrwertsteuer. Sein Verbrauch soll bei 6,9 Litern Diesel auf 100 Kilometern liegen. Alle Modellvarianten werden mit einer Siebengang-Automatik gekoppelt. Eine manuelle Schaltung wird es für die GLK-Familie nicht geben.

Heckantrieb nur für USA

Kantig von allen Seiten Foto: press-inform

«Motor, Getriebe und der Allradantrieb stammen von der aktuellen C-Klasse, haben aber andere Übersetzungen und verstärkte Komponenten», erklärt der 4matic-Entwickler Dittmar Wieland, «das Auto kann alle Situationen on- und offroad bestens meistern. Allein in den USA wird es auch eine Version mit Heckantrieb geben.»

Für Europa ist eine derart abgespeckte GLK-Version nicht geplant. Gerade weil man insbesondere bei Marketing und Positionierung auf die Geländetauglichkeit setzt und der Mehrverbrauch im Vergleich zu einem Hecktriebler bei gerade einmal 0,2 bis 0,4 Liter pro 100 Kilometer betragen soll.

Vorheriger ArtikelEine Nummer größer
Nächster ArtikelKonstruktion in der Grauzone

Keine Beiträge vorhanden