Mercedes-Benz erlebt American Dream

Mercedes-Benz wagt mit der GL-Klasse den Spagat zwischen Europa und Amerika. Konkurrenz braucht der Luxus-Geländewagen nur durch die eigene Motorenvielfalt zu fürchten.

Von Stefan Grundhoff

Mercedes-Benz nimmt den US-Markt ins Visier. Nach R- und ML-Klasse soll sich nun der neue GL gegen die starke inländische Konkurrenz durchsetzen. Erst im September kommt die mächtige GL-Klasse auch nach Europa. Wir haben den 5,09 Meter langen Deutsch-Amerikaner schon einmal unter die Lupe genommen.

Grandioses Platzangebot

Bereits die Optik der GL-Klasse schindet mächtig Eindruck. Muskulöse Schultern, große Räder und Scheinwerfer gepaart mit gewaltigen Dimensionen sollen die Geländewagenfans in West und Ost gleichermaßen begeistern. Das Platzangebot ist grandios, kein Wunder bei einer Länge von deutlich über fünf Metern und einem Radstand von 3,07 Metern. Wer einsteigt, betritt den ersten Geländewagen, der sich mit Fug und Recht Siebensitzer nennen darf.

Bis zu 2300 Liter Stauraum

Viel Platz bei zwei umgelegten Sitzreihen Foto: press-inform

In die nur über die rechte Fondtür zu erreichende dritte Reihe haben selbst Personen von 1,90 Meter ordentlich Platz und zudem noch eine Glasluke über dem Kopf. So viel Platz bietet derzeit kein anderer Europäer. Wer das zweite Fondabteil nicht braucht, verzichtet auf das mindestens 1566 Euro teure Kreuzchen in der Bestellliste oder klappt die eigens georderten Sitze mit einem Knopfdruck elektrisch nach vorne um und nutzt bis zu 2300 Liter Stauraum. Klappt grandios, nur beim Umklappen der zweiten Reihe sind zwei bis drei Handgriffe von Nöten.

Wer behauptet, dass der GL nur eine aufgeblasene ML-Klasse sei, hat Recht - und auch wieder nicht. Beide kommen aus dem gleichen Werk im amerikanischen Tuscaloosa und beide basieren auf der gleichen Plattform. Doch keine Frage: der GL bietet deutlich mehr Auto. Bei diesen Abmessungen wird selbstverständlich in erster Linie der US-Markt angegriffen. Hierhin sollen rund 70 Prozent der Produktion gehen.

Fahrdynamik ohne Konkurrenz

Auch im Gelände gut unterwegs Foto: press-inform

Doch auch in Europa wird der GL seine Freunde finden. Denn die Fahrdynamik, die der Mega-Allradler von Mercedes bietet, ist in dieser Klasse derzeit ohne Konkurrenz. Rund 2,5 Tonnen Leergewicht lassen sich ohne Mühen über kurvigste Straßen bewegen.

Nick- und Wankbewegungen sind Dank adaptivem Dämpfersystem ADS kaum spürbar. Die Luftfederung macht selbst bei der komfortabler abgestimmten US-Version des getesteten GL 450 einen angenehm straffen Eindruck. Allein die Lenkung dürfte etwas direkter sein.

Konkurrenz nur im eigenen Laden

Nur unter der Golden Gate Bridge klein Foto: press-inform

Das «G» in der Produktbezeichnung steht für Gelände, «L» für Luxus - der GL macht seinem Namen alle Ehre und bietet beides. Auch im schweren Geläuf gibt es für den Benz kaum ein Halten. Geländeuntersetzung, Sperren und eine variable Luftfederung für bis zu 30 Zentimeter Bodenfreiheit lassen nur das Gewicht zu einem echten Hindernis werden.

Auf und abseits der Straßen arbeitet der neue Achtzylinder des 450ers angenehm lässig mit Siebengang-Automatik und Fahrwerk zusammen. Der Name ist wie meist im Hause Benz Augenwischerei. Statt der erwarteten 4,5 Liter hat der Achtzylinder 4,7 Liter Hubraum und eine Leistung von 250 kW / 340 PS. Da wird es der größere 500er schwer haben, sich beim Kunden durchzusetzen. Die satte Leistung merkt man dem GL 450 kaum an. Er legt zwar kraftvoll los, doch es dürfte subjektiv ruhig etwas mehr sein als die gefühlten und erfahrenen 460 Nm Maximaldrehmoment zwischen 2.700 und 5.000 Umdrehungen.

Ambiente auf ML-Niveau

Stilvoller Innenraum Foto: press-inform

Trotz der gewaltigen Massen wird der Spurt von 0 auf 100 km/h in gerade einmal 7,6 Sekunden hinter sich gebracht. Und bei einer Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h lässt man die Spinnereien von dem noch potenteren GL 500 schnell wieder entschwinden. Das gilt auch für den versprochenen Durchschnittsverbrauch von 13,4 Litern Super auf 100 Kilometern. In der Realität dürfte sich nur wenig unter 16 Litern abspielen, aber das ist für diese Klasse immer noch akzeptabel. Und 100 Liter Tankvolumen reichen für eine ausgedehnte Fahrt ins Wochenende.

Ambiente und Verarbeitung liegen auf dem Niveau der ML-Klasse. Zugegeben, ein Q7 von Audi ist im Innern deutlich schicker, aber die Preiswert-Zeiten bei Mercedes sind lange vorbei. Das ganze hat natürlich seinen Preis. Der Mercedes-Benz GL 450 kostet mindestens 77.604 Euro.

Lange Aufpreisliste

Man kennt es nicht anders und muss für Xenonlicht, Navigation, Einparkhilfe und elektrische Ledersitze nochmals tief in die Tasche greifen. 10.000 Euro sind für Extras schnell ausgegeben. So kostet der in Deutschland als Volumenmodell erwartete GL 320 CDI nicht 63.684 Euro, sondern ein paar Bündel mehr.

Dafür gibt es einen exzellenten Geländekreuzer, der den Spagat zwischen USA und Europa zu schaffen scheint. Wer es robuster möchte und Nostalgie liebt, kann sich übrigens freuen: die mittlerweile 27-jährige G-Klasse aus Graz bleibt weiter im Angebot. Ein Ende ist für den kantigen Allrad-Käfer nicht in Sicht.

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