Kia bringt im Juni die zweite Generation des Ceed. Der für Europa gebaute kompakte VW Golf-Gegner hat einen unverwechselbaren Stil erhalten, der zur Erfüllung hoher Erwartungen beitragen könnte.
Von Jens Meiners
Wenn es eine automobile Tellerwäscher-zum-Millionär-Karriere gibt, dann wird sie derzeit von der koreanischen Marke Kia vorgelegt. Sie begann mit Lizenzbauten japanischer Modelle, und noch vor einem guten Jahrzehnt stand Kia für einfachste Basismobilität. Dann folgte die Übernahme durch den Hyundai-Konzern und eine geschickte Auswahl von Führungspersonal - allen voran Chefdesigner Peter Schreyer, der bei Volkswagen die Koffer gepackt hat, als man dort vorübergehend einem schwülstig-barocken Stil verfallen war. Er hat Kia innerhalb weniger Jahre einen unverwechselbaren Stil verpasst.
Hochwertiges Ex- und Interieur des Kia Ceed
Tatsächlich hebt sich der neue Ceed im Konkurrenzumfeld positiv ab. Vom charakteristischen Kühlergrill über die keilförmige Flanke bis zum horizontal betonten Heck hat die Mannschaft um den Exterieur-Designer Miklos Kovacs ein ebenso sportliches wie in sich stimmiges Auto auf die Räder gestellt. Wichtig in Deutschland: Auch die Spaltmaße stimmen. Die praktischen Qualitäten sind beachtlich: Während Abmessungen und Gewicht weitgehend konstant geblieben sind, ist das Platzangebot gewachsen, und der auch bei umgeklappter Rückbank komplett ebene Gepäckraum fasst zwischen 380 und 1381 Liter.
Das Interieur ist mindestens ebenso beeindruckend wie das Exterieur gestaltet. Die fahrerorientierte Instrumententafel bemüht sich erfolgreich um Familienähnlichkeit mit dem großen Optima, und je nach Ausstattung ist der Tacho als TFT-Bildschirm ausgeführt - wie bei der Mercedes S-Klasse, in der Wirkung allerdings hochwertiger. Schade, dass Kia in Deutschland mit Interieurs in tristem Schwarz startet. Die Designer haben nämlich insgesamt acht - teils sehr moderne - Farbharmonien entwickelt. Sie sollen in Deutschland erst nach und nach eingeführt werden.
Alle Motoren des Kia Ceed mit Stopp-Start-System
Dass auch die Lenkradverstellung nicht scheppert, überrascht nicht, ist der Ceed doch technisch eng mit dem Hyundai i30 verwandt, der im Nachgang eines Messerundgangs von VW-Chef Martin Winterkorn zum Youtube-Renner avancierte. Unter dem Blech halten sich die Unterschiede in Grenzen. Und so wartet auch der Kia Ceed mit einem komfortablen Fahrwerk auf, das nicht unbedingt zum Ausloten des Grenzbereichs animiert und im Zweifelsfall gutmütig untersteuert. Übrigens lässt sich die Intensität der Lenkunterstützung in drei Stufen regulieren - gerade beim Rangieren ist der "Comfort"-Modus hochwillkommen, der "Sport"-Modus mit seinen hohen Haltekräften passt hingegen kaum zum Charakter des Ceed.
Für Vortrieb sorgen wahlweise Benzinmotoren (1,4-Liter mit 73 kW/100 PS oder 1,6-Liter-Direkteinspritzer mit 99 kW/135 PS) oder Dieselmotoren (1,4-Liter mit 66 kW/90 PS oder 1,6-Liter mit 94 kW/128 PS). Alle Motoren sind mit einem Start-Stopp-System lieferbar, das zu einem umfassenden Energiesparpaket gehört. Überzeugendste Motorisierung ist der größere Dieselmotor - nicht zuletzt deshalb, weil er gerade einmal 3,7 Liter Kraftstoff pro 100 km konsumiert.
Preise für den Kia Ceed noch nicht bekannt
Für die 1,6-Liter-Motoren gibt es gegen Aufpreis eine Sechsgang-Automatik - beim Diesel kommt ein klassischer Wandlerautomat zum Einsatz, beim Benziner ist es ein Sechsgang-Doppelkupplungsgetriebe. Viel erwarten sollte man davon nicht - Zwischengasstöße und trocken durchschnalzende Schaltvorgänge à la GTI sucht man hier vergebens. Das würde allerdings auch nicht zum Charakter des 1,6-Liter-Motors passen. Er hält sich nämlich in allen Lebenslagen dezent zurück - auch dann, wenn sportlicher Einsatz gefragt wäre.
Noch gibt es keine Preise für den Ceed, der im Juni eingeführt werden soll. Sie werden jedoch merklich unterhalb des Hyundai i30 liegen, der bei 15.850 Euro startet. Im Gespräch ist wohl ein Einstiegspreis etwas über 14.000 Euro. Ein gut ausgestatteter Ceed könnte die 25.000-Euro-Marke überschreiten. Dann jedoch befinden sich Ausstattung und Ambiente auf einem Niveau, das in dieser Klasse nicht selbstverständlich ist - es gibt unter anderem ein großes Panoramadach, eine Spurhaltewarnung, Xenon-Scheinwerfer, ein automatisches Einparksystem und einiges mehr. Über eine halbe Million Autos will Kia in wenigen Jahren in Europa absetzen - ein schönes Zwischenziel dieser bilderbuchmäßigen Tellerwäscher-Karriere. (SP-X)