Kia Carnival: Kampfansage an VW & Co.

Kia schwimmt auf der Erfolgswelle: Über 40 Prozent Wachstum verzeichnete der koreanische Autobauer in Europa. Nun soll ein neu aufgelegter Carnival den Boom weiter fördern.

Von Jürgen Wolff

Kia will nicht mehr als Billig-Marke gelten: Mit dem neuen Carnival hat Kia «vor allem die anspruchsvollen europäischen Kunden im Blick», sagt Haydan Leshel, Deutschlandchef der Marke. Entsprechend gründlich haben die Koreaner den zuvor eher barock-betulichen Carnival auf modern und lifestyle getrimmt: «Kein einziges Karosseriebauteil», sagt Leshel, «hat der neue Carnival noch mit seinem Vorgänger gemeinsam». Klar und modern sieht der Van aus, der ab dem 21. Juli in Europa bei den Händlern stehen. Kürzer als der alte, aber höher und breiter.

Hohe Rückleuchten

Dass die Karosserie weniger koreanisch denn europäisch wirkt, hat seinen Grund: Sie wurde maßgeblich Kia-Zentrum in Deutschland mit entworfen. Frische gestaltete Klarglas-Leuchten im Spot-Design prägen die Front. Das Heck wird dominiert von einer weit öffnenden großen Klappe und hohen Rückleuchten. Der Einstieg bereitet wenig Mühe: Die vorderen Türen öffnen weit, die - gegen Aufpreis elektrischen - Schiebetüren an beiden Seiten reichen für einen bequemen Durchstieg selbst in die dritte Sitzreihe.

Der Carnival ist ein Siebensitzer. Alles Einzelsitze, alle verschieb-, klapp- und komplett ausbaubar. Und das mit wenig Kraftaufwand. Nach dem Ausbau hat man Platz satt: Von 241 Liter Stauraum bei voller Bestuhlung wächst der Raum auf bist zu 3050 Liter bei nur noch zwei Sitzplätzen.

Licht und Schatten

Das Cockpit wirkt aufgeräumt Foto: Werk

Beim Sitzkomfort zeigt sich Licht und Schatten. Beispiel Fahrersitz. Der bietet zwar - wie es sich für einen Van gehört - eine gute Rundumsicht und lässt sich mehrfach verstellen - aber nie so weit nach hinten schieben, dass Fahrer mit mehr als 1,85 Meter Körpergröße wirklich bequem sitzen. Zudem lässt sich die Lenksäule nur in der Höhe, nicht aber in der Tiefe verstellen. Oder die zweite Reihe. Die bietet zwar auch bei ganz zurück geschobenen Vordersitzen ordentliche Kniefreiheit - aber die Sitze sind so niedrig über dem Boden, dass die Oberschenkel in einer auf Dauer unbequemen Haltung stehen. Die Instrumentierung ist logisch und konsequent - abgesehen von den Schaltern für die elektrischen Schiebetüren und die Heckklappe, die im Dachbereich zu finden sind. Und was die Materialien angeht: alles Plastik - aber mit einem hochwertigen Eindruck, sauber verarbeitet und angenehm strukturiert.

Zwei Motorisierungen

Der Motor im Carnival Foto: Werk

Zur Markteinführung wird es den Carnival mit zwei Motorisierungen geben: Dem komplett überarbeiteten 2,7-Liter V6-Benziner mit variabler Ventilsteuerung und 189 PS sowie dem 4-Zylinder-Turbo-Diesel, der aus 2,9 Liter Hubraum 136 Kw/185 PS holt und eine moderne, variable Turbinengeometrie mitbringt. 185 PS klingt besser als es tatsächlich ist. Denn das zulässige Gewicht von bis zu knapp drei Tonnen Auto will erst mal in Schwung gesetzt werden. Da helfen auch die 343 Nm Drehmoment nur bedingt weiter, die zwischen 1500 und 3500 Umdrehungen/min. anliegen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt laut Kia bei 197 km/h. Vom Fahreindruck her ist die Kraftausbeute nicht wirklich üppig.

Das Heck des neuen Carnival wirkt ansehnlich Foto: Werk

Was den Verbrauch angeht, ist der Carnival nicht gerade ein Sparwunder: Laut Kia braucht er im Mix 7,8 Liter Diesel auf 100 Kilometer. Angeboten wird der Diesel-Carnival serienmäßig mit 5-Gang-Handschaltung oder als Option mit einer 4-Stufen Automatik. Klare Ansage: Die Handschaltung passt besser. Die fünf Stufen der Automatik zeigen sich im Diesel doch sehr bemüht und schaltfaul. Die manuelle Schaltung, griffgünstig auf der Mittelkonsole platziert, ist präzise zu bedienen. Dank der zum Vorgänger deutlich breiteren Spur und der geringeren Gesamtlänge ist der neue Carnival agiler und handlicher. Einen großen Beitrag dazu leistet auch das Fahrwerk mit Einzelradaufhängung.

Hinten wurde die bisherige Starrachse durch ein Platz sparendes Mehrlenker-System ersetzt. Der Wendekreis etwa ist nun mit 11 Metern 1,8 Meter enger als beim Vorgänger.

Das Fahrwerk selbst ist straff abgestimmt, der Federungskomfort aber durchaus komfortabel. Fahrbahnunebenheiten werden problemlos weggebügelt. In Kurven neigt der Carnival gutmütig und auch für ungeübte Fahrer beherrschbar zum Untersteuern. In der Not helfen ESP und die Traktionskontrolle. Die Bremsen packen kräftig zu und werden unterstützt durch ABS und elektronische Bremskraftverteilung.

Sechs Airbags

Die Schiebtüren sorgen für bequemes Einsteigen Foto: Werk

Nicht ganz los geworden sind die Ingenieure die merkbaren Wankbewegungen der Karosserie. Die Lenkung ist ausreichend direkt und präzise eingestellt. Für die passive Sicherheit sorgen unter anderem sechs Airbags. Dazu kommen aktive Kopfstützen und Gurtstraffer vorne. Die Werte im EuroNCAP-Crashtest stehen zwar noch aus. Aber Kia verweist schon mal stolz auf die amtlichen amerikanischen Crash-Ergebnisse: Da gab es mit 5 Sternen eine Bestnote sowohl beim Frontal- wie auch beim Seiten- und beim Heckaufprall. Billig ist der Carnival nun nicht mehr. Je nach Ausstattungslinie (LX, EX Basis, EX) ist er zwar von Hause aus gut bestückt. Aber auch der Grundpreis bewegt sich schon im gehobenen Bereich. Das Basismodell 2.9 CRDI LX wird 27.490 Euro kosten - mit Partikelfilter 550 Euro extra. In der EX-Version kostet der Diesel jetzt 31.190 Euro

Ausreichend Platz für das Gepäck ist vorhanden Foto: Werk

Kia selbst stellt den Carnival in eine Reihe mit Opel Zafira, Ford C-Max, VW Touran & Co. Mit denen kann der Kia nun zumindest vom Preis her mithalten. Der Zafira etwa kommt als stärkster 1.9 CDTI mit 150 PS und in der Basisausstattung auf 26.340 Euro. Für den Ford C-Max werden in der 136-PS-starken 2.0-TDCi-Grundversion 24.100 Euro fällig, der sportliche S-Max kostet mit 140-PS-Diesel 27.475 Euro. Und bei all denen ist ein Partikelfilter schon dabei.

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