Ohne Kompressor sag‘ ich nichts

Der Jaguar XK gehört zu den schönsten Coupés der vergangenen Jahre. Doch so richtig berauscht der Brit-Sportler erst in der aufgeladenen Kompressorversion.

Von Stefan Grundhoff

Die trägen Jahre in der Coupé-Liga sind glücklicherweise vergangen. In der Klasse der Schönsten unter den Schönen will sich kein Hersteller eine Schwäche erlauben. Wer sich für ein Volumenmodell aus dem Hause BMW oder Mercedes nicht erwärmen kann und wem ein Exot von Maserati oder Aston Martin zu extravagant ist, bekommt beim Jaguar XKR auf Anhieb Herzrasen. So dezent, lässig, sportlich und gleichermaßen distinguiert ist kaum ein anderer, der uns mit zwei Türen zu beeindrucken versucht. Und wer dem normalen XK vorwirft, dass es unter der bezaubernd schönen Haube gerne ein paar Pferde mehr sein könnten, sollte bei der kompressor-aufgeladenen Sportversion mit dem grün-roten «R» auf seine Kosten kommen.

Mehr Stakkato, bitte

Bei den einen verpönt, bei den anderen heiß geliebt. Einen Kompressor muss man lieben oder eben nicht. Das nervige Wimmern der Vorgängergeneration gehört beim immerhin 1,8 Tonnen schweren Jaguar XKR in jedem Falle längst der Vergangenheit an. Sicher, auch der elegante Jaguar könnte seinen 4,2 Liter großen acht brennenden Motorkammern noch hörenswerter in Szene setzen. Aber der 306 kW/416 PS starke V8 hat allemal das Zeug zum kleinen Konzertereignis. Zumindest die vorbeizischende Katze ist mit ihrem fordernden Grollen ein Genuss. Je mehr Drehzahl, desto mehr Stakkato.

Je mehr Drehzahl, desto mehr Stakkato Foto: Press-Inform

Fahrer und Passagiere bekommen davon jedoch allzu wenig mit. Hier würden sich nicht nur jüngere Herrenfahrer etwas mehr Pfeffer auf die Lauscher wünschen. Das Geräuschniveau bietet mehr Zurückhaltung, als in dieser Liga nötig wäre. Denn die Fahrleistungen der 4,80 Meter langen Coupé-Versuchung sind beeindruckend. Bei schnell erklommenen 4000 Touren protzt der britische Hecktriebler mit 560 Nm Drehmoment. Beeindruckend faucht der XKR in mittleren Drehzahlen. Doch neben dem aggressiven Klang gibt es gerade zwischen 3500 und 5500 einen mächtigen Durchzug, der seinesgleichen sucht. Im Sportmodus ist die exzellent schaltende Sechsgang-Automatik allein eines - ein Gedicht.

Nicht ganz auf der Höhe der Zeit

Schlichte Eleganz im Cockpit Foto: Jaguar

0 auf 100 km/h in 5,2 Sekunden sind ebenso auf Klassenniveau wie der versprochene Durchschnittsverbrauch von 12,3 Liter Super auf 100 Kilometern, der sich nur bei allzu zurückhaltendem Gaspedaleinsatz realisieren lässt. Realistisch ist unter 14 bis 16 Litern kaum etwas drin. Hier fällt einmal mehr auf, dass der V8-Kompressor alles andere als ein Hightech-Triebwerk der neuesten Generation ist. Gerade im Teillastbetrieb sind die neuen Power-Turbos deutlich effektiver. Das sportliche, aber niemals nervig harte Fahrwerk mit elektronischem CATS-Dämpfersystem ist eine der Sahneseiten britischer Autoentwicklung. Seit Jahren bekommen die Brit-Renner ihren Feinschliff auf Nordschleife und deutschen Autobahnen. Ein Genuss sind die direkte, vielleicht etwas zu leichte Servolenkung und souveräne Kraftübertragung auf die Straße.

Ärgerlicher dürfte die meisten der zahlreichen XKR-Fahrer die viel zu niedrig abgeriegelte Höchstgeschwindigkeit sein. 250 km/h sind bei einem potenten Renner wie dem Super-XKR einfach zu wenig. Hier hat man kraftvolle Volumendiesel bereits im Nacken. Porsche, Maserati, Corvette, sowie BMW und Mercedes (jeweils auf Wunsch) ziehen lässig an einem XKR vorbei. «Rein rechnerisch würde das XKR Coupe eine Höchstgeschwindigkeit von 319 km/h haben», räumt Jaguar-Deutschland-Geschäftsführer Jeffrey L. Scott ein. Schade, dass die Briten ihren Sportlern keine freie Fahrt einräumen.

Gleichmacherei

Lässig, sportlich und distinguiert Foto: Jaguar

Dass sich der XKR nur äußerst unauffällig von seinen kleineren Brüdern mit 238 und 299 PS unterschiedet, dürfte dagegen allenthalben für Gefallen sorgen. Wer eine Katze wie den XKR bedient, will nicht protzen, sondern sich stilecht und gleichermaßen in Szene setzen. Abgesehen von den Lüftungsschlitzen auf der Motorhaube und einem vergitterten Kühlerschlund zeigt sich das Topmodell im Standarddress. Besonders im Innenraum hätte dem XKR etwas mehr Sportlichkeit jedoch gut getan. Ein anderes Streuer, noch sportlichere Sitze und eine Abkehr von dem grauen Plastik-Einerlei würde dem mindestens 94.990 Euro teuren Jaguar XKR gut tun. Für Sonnenanbeter gibt es den XKR auch mit vollelektrischer Mütze - für 8000 Euro mehr.

Keine Beiträge vorhanden