Jaguar XK Cabrio: Britischer Doppelschlag

Das neue Jaguar XK Cabriolet sieht nicht nur gut aus, es bietet auch beeindruckende Fahrleistungen. Unter der Motorhaube verbergen sich 300 PS.

Von Stefan Grundhoff

Der langweilige Cabriosommer 2005 liegt hinter uns - endlich. Zur neuen Saison locken uns die Hersteller mit zahlreichen Schönheiten vor die Tür. Was würde man darum geben, einen verträumten Sonntagmorgen mit einem offenen Jaguar XK zu verbringen? Schnell, schön und elegant würde er die Nachbarn bereits in der Einfahrt vor Neid erblassen. Zum Glück schlafen die meisten noch.

Doppelschlag der Briten

Die Briten machen zum Frühjahr mit einem Doppelschlag auf sich aufmerksam. Neben dem Jaguar XK-Coupe bringen sie zeitgleich bereits eine offene Version auf den Markt. Durchaus überraschend, halten die meisten Hersteller die Modellpaletten doch mit der bekannten Salamitaktik jung und die potenten Käufer bei Laune. Jaguar macht es anders - was uns an diesem sonnigen, aber kühlen Morgen durchaus erfreuen soll. Jaguar steht für Eleganz, Jaguar steht für Exklusivität.

Das neue XK-Cabriolet ist überaus sehenswert, kann jedoch nicht die klassische Eleganz der geschlossenen Coupeversion verbreiten. Dafür darf man bei den ersten warmen Sonnenstrahlen den Ausritt ins Grüne genießen. Mit einem Druck auf den roten Starterknopf erwacht der sonor grollende Achtzylinder zum Leben. Es kann losgehen.

Kein Donnern, das die Nachbarn an diesem Sonntagmorgen an die Fensterbänke holt. Ein kleines, fein gestimmtes Wummern, das eine gewisse Leistungsbereitschaft nicht verhehlen kann. Der komplett in Leichtbau gefertigte Brite empfängt einen daher nicht mit einem klaren „Hallo“, sondern einem freundlichen und bestimmten „ich habe Sie bereits erwartet“. In der Nacht hat es scheinbar noch geregnet, aber wen stört schon das noch leicht feuchte Stoffdach?

Fondsitze kaum nutzbar

Das Cockpit ist übersichtlich Foto: Werk

Elektrisch gleitet es nach hinten und verschwindet hinter den kaum nutzbaren Fondsitzen. Ein 2+2-Sitzer? Von wegen, auf dem weichen Leder der zweiten Reihe finden gerade einmal zwei Sporttaschen Platz. Der Kofferraum bleibt heute Morgen leer. Mit geschlossenem Dach schluckt er 313 Liter, geöffnet bleiben karge 200 Liter übrig.

Das war es aber auch schon mit dem eingeschränkten Alltagsnutzen. Im Gegensatz zum Vorgänger ist der offene Jaguar im Innern nicht wieder zu erkennen. Elektrische Sitze und Kopfraum passen nunmehr auch für Piloten über 1,85 Meter; leider bleiben die Kopfstützen zu kurz. Deutlich verbessert zeigt sich das komplett neu gestaltete Armaturenbrett. Trotz aller Bedienfreundlichkeit: etwas hochwertiger dürfte es in der 90.000-Euro-Liga durchaus aussehen. Der zweifelhafte Ford-Massen-Charme ist noch nicht ganz verschwunden. Die Mittelkonsole wird von einem großen Touchscreen-Bildschirm dominiert. Bei Sonneneinstrahlung hat die Bedienung des Bildschirms so ihre Schwächen; sonst läuft alles sehr ordentlich. Doch die Fahrtroute des sonntäglichen Ausflugs wird diesmal rein intuitiv gewählt. Das DVD-Navigationssystem kann sich daher ausruhen.

Sonorer Klang

Die Seitenlinie des neuen Jaguar Foto: Press-Inform

Nach ein paar Kilometern hat man sich in den kraftvollen Klang des Achtzylinders verliebt. 4,2 Liter Hubraum, knapp 300 PS und 411 Nm Drehmoment bei 4.100 Umdrehungen sorgen für allen erdenklichen Fahrspaß in jeder Betriebsart. Die Sechsgangautomatik und der Langhuber haben scheinbar die ganze Kindheit zusammen verbracht - sie verstehen sich prächtig. Neben dieser perfekten Symbiose sorgt die Leichtbaukarosse zusammen mit dem Fahrwerk für ein exzellentes Bild.

Mit knapp 1,7 Tonnen ist man trotz 4,79 Meter Gesamtlänge deutlich leichter als bei der Konkurrenz. Die genietete und geklebte Alukomposition hat sich scheinbar nahtlos mit der Straße verbündet und lässt sich durch nichts aus der Ruhe bringen. Dem vehementen Tatendrang des V8-Triebwerks wird erst bei 250 km/h Einhalt geboten - automatisch. Wen interessiert bei diesem Ausflug der Verbrauch von versprochenen 11,3 und realen 13 Litern Super auf 100 Kilometern? Ebenso uninteressant ist übrigens das Spurtpotenzial 0 auf 100 km/h in 6,3 Sekunden. Mit heruntergefahrenen Seitenscheiben flaniert man mit Christopher Cross aus dem Soundsystem lässig dahin. So wird selbst die Fahrt auf der schlecht asphaltierten Landstraße zu einem Genuss.

Gute Serienausstattung

Die Vordersitze im Jaguar bieten guten Seitenhalt Foto: Werk

Bei Serien- und Sicherheitsausstattung kann der Jaguar erwartungsgemäß überzeugen. Serienmäßig gibt es unter anderem elektrische Ledersitze, Einparkhilfe, elektronische Feststellbremse, Xenonlicht und DVD-Navigation. Für Sicherheit sorgen neben ESP, ABS und den üblichen Airbags ein Überschlagschutz und eine intelligente Motorhaube, die bei einem Fußgänger-Zusammenprall zum lebensrettenden Trampolin mutiert.

Kommt es zum Unfall, drückt sich die Motorhaube in Sekundenbruchteilen hoch und federt den Kopf beim Aufprall ab; das minimiert die Kopfverletzungen. Sicherheit, Motorleistung und Exklusivität haben bekanntlich ihren Preis. So steigt man in das Jaguar XK 4.2 Cabriolet erst ab 89.500 Euro ein. Doch was ist schon Geld, wenn man einen derartigen Sonntagmorgen genießen kann.

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