Honda Civic Diesel: Kompromisse für den Exoten

Transporter der Kompaktklasse

Honda Civic Diesel: Kompromisse für den Exoten
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Der Honda Civic ist in seiner neunten Generation komfortabler und reifer geworden. Das Raumwunder in der Kompaktklasse nähert sich aber den Preisregionen des Platzhirschen an.

Von Holger Holzer

In der Kompaktklasse sind optische Experimente gefährlich, denn im wichtigsten Marktsegment zählt vor allem der Massengeschmack. Honda hat sich davon bei der Gestaltung des Civic aber nicht einschüchtern lassen. Der japanische Golf-Konkurrent kann allerdings noch mehr als auffallen.

Weiterhin schlechte Übersicht im Honda Civic

Mit seiner extremen Keilform, der expressiven Frontmaske und den Heckspoiler-Rückleuchten wirkte der Civic bereits in der achten Generation (2006 – 2012) verglichen mit der damals biederen Kompaktautoflotte wie ein UFO. In der seit Jahresanfang erhältlichen neunten Auflage wurden die extremen Züge zwar etwas glatter gebügelt, unverwechselbar bleibt der ausschließlich als Fünftürer angebotene Civic trotzdem. Auf einem Markt, wo die europäischen Hersteller die Massenkundschaft abschöpfen, kann die selbstgewählte Außenseiterrolle jedoch durchaus eine erfolgversprechende Option sein.

Wer an der ungewöhnlichen Form Gefallen findet, muss aber zu Kompromissen bereit sein. Der Blick nach hinten prallt direkt vom Spoiler in der Heckscheibe ab, beim Vorwärts-Rangieren ist das vordere Ende des Wagens nur zu erahnen. Die flache Windschutzscheibe und die schmalen Seitenfenster sorgen zudem für ein etwas beengtes Gefühl, auch wenn der Honda objektiv gesehen ein durchaus klassenübliches Raumangebot vorzuweisen hat. Wer innen zum ersten Mal Platz nimmt, konzentriert sich aber zunächst sowieso auf die ungewöhnlich angeordneten und verspielt gestalteten Bedieneinheiten. Mit etwas Anpassungsfähigkeit lernt man aber Details wie den oberhalb des Zentralinstruments montierten digitalen Zusatztacho ebenso schätzen wie den hoch und griffgünstig angebrachten Schalhebel. Lediglich der Mangel an praktischen Ablagen für Kleinkram stört im Alltag dauerhaft.

Honda Civic mutiert zum kompakten Transporter

Gewöhnungsbedürftiges Cockpit des Honda Civic Honda

Richtig punkten kann der Civic, wenn er beladen wird. Die Rückbank kann mit einem Griff hochgeklappt werden, so dass im Fußraum Platz für sperriges Staugut entsteht. Topfpflanzen etwa lassen sich in kaum einem anderen Auto diesseits der Transporterklasse besser stehend transportieren als in dem kompakten Japaner. Für weniger sperrige Güter bietet sich der ausgesprochen geräumige Kofferraum an, der bereits bei voller Besatzung so viel Raum bietet, wie in dieser Klasse sonst nur in Kombis zu finden ist.

Auf der Straße präsentiert sich der äußerlich jugendliche Japaner dann überraschend reif. Anders als der sehr straff abgestimmte Vorgänger federt die Neuauflage nun sanfter und komfortabler ab, was vor allem auf Langstrecken angenehm ist. Dort überzeugen auch das niedrige Geräuschniveau und die guten Sitze. Auf langsamen Etappen hingegen, etwa im Stadtverkehr, gibt sich der Fronttriebler bei schlechten Straßenverhältnissen weiterhin etwas steifbeinig.

Sparsamerer Motor für Honda Civic kommt 2013

Starker Diesel im Honda Civic Honda

Zum Langstreckencharakter des Civic passt der 2,2-Liter-Diesel. Der aktuell einzige Selbstzünder im Angebot ist mit 110 kW/150 PS kräftig motorisiert und zeigt sich in allen Situationen souverän – kurze Überholsprints am Berg sind ebenso wenig ein Problem wie niedertouriges Fahren in der Stadt oder gleichmäßiges Dahingleiten im sechsten Gang auf der Autobahn. Der Kraftstoffverbrauch bleibt dabei mit rund 5,8 Litern im erträglichen Maß.

Das Einzige, was man dem Vierzylinder vorwerfen kann: Er ist leistungsmäßig schon ein wenig eine Luxuswahl und mit 21.950 Euro in der lückenhaft ausgestatteten Basisversion kein Schnäppchen. Dieselkäufer, die weniger Geld investieren möchten, müssen bis 2013 warten. Dann startet eine neue Generation von 1,6-Liter-Motoren mit geringeren Verbräuchen und vor allem niedrigeren Anschaffungskosten.

Schmale Basisversion des Honda Civic

Bei der Ausstattung geizt der Honda übrigens. Die Basisversion sollte man daher aufgrund der fehlenden Klimaanlage und des nicht vorhandenen Radios gleich links liegen lassen und die nächsthöhere Ausstattungslinie wählen. Dann werden aber bereits 24.150 Euro fällig. Wer dann noch die empfehlenswerten Parksensoren ordert und eine andere Farbe wünscht als das aufpreis-freie Rot, ist bei realistischen 25.000 Euro und nicht mehr allzu weit vom Golf-Niveau entfernt. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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