Gemütlichkeit im Fiat Punto Evo

Fiat Punto Evo 1.3 16V Multijet

Der Fiat Punto Evo spielt seine Stärken besonders im Stadtverkehr aus. Allerdings muss ein gewisses Maß an Geduld immer mit an Bord sein.

Von Benjamin Palm

Revolutionär ist der Fiat Punto Evo keineswegs. Die wissenden Designer verraten dies mit dem selbst gewählten Namenszusatz "Evo", der für "Evolution" und somit nur für eine sanfte Weiterenwicklung steht. Große Überraschungen erwarten den Fahrer im italienischen Kleinwagen also nicht. Ein 1,3-Liter-Dieselmotor macht den Stadtflitzer aber attraktiv für die Fahrzeugflotte von Pflegediensten und anderen Gewerbetreibenden, die zu einem Preis von mindestens 17.500 Euro ein solides Gefährt erhalten. Vorausgesetzt, man mag es gemütlich.

Ordentlich gestalteter Innenraum

Vollmundig mit dem durch einen Stoßfänger getrennten Kühlergrill wagt sich der Dreitürer in das urbane Straßengetümmel. Dem selbstbewusst kaltschnäuzigen Auftreten der Frontpartie widersprechen die ovalen, niedlichen Kinderaugen-Scheinwerfer, die nicht zum Gesamteindruck passen. Leicht geschwungene Sicken und eine Zierleiste an jeder Fahrzeugseite kehren das betont Lässige heraus und lassen den rund vier Meter langen Italiener stattlicher wirken als er eigentlich ist.

Die große Heckscheibe wird von den daneben angeordneten Rückleuchten eingerahmt. Aufgeplustert gibt sich der für einen Kleinwagen ordentlich gestaltete Innenraum. Verschiedene Materialien mit unterschiedlichen Mustern täuschen über das Hartschalenplastik hinweg. Die wichtigsten Cockpitinstrumente sind zentral vom ausreichend gepolsterten Fahrersitz, der in der Sportversion auch guten Seitenhalt bietet, gut ersichtlich und nach kurzer Eingewöhnung auch bedienbar.

Problemloser Zugang zur Rückbank

Der Innenraum strahlt in Rot Foto: Fiat

Problematisch ist allerdings der Tacho: Die mit kurzen Strichen gekennzeichneten wichtigen Tempozahlen 30, 50, 70 sind bei Sonnenschein nicht mehr erkennbar. Der Fahrer hat über die Abmessungen des Autos außerdem nur eine mangelhafte Übersicht. Die Fahrzeuggröße ist schwer einschätzbar, wobei die breiten B-Säulen noch die Rundumsicht beeinträchtigen.

Der Einstieg auf die Rückbank gelingt problemlos dank der beiden weit öffnenden Türen und der vorschiebbaren Vordersitze. Kinder und kleine Menschen haben hinten ausreichend Freiraum, um längere Fahrten bequem absolvieren zu können. Auf den beiden äußeren Plätzen geben Isofix-Halterungen einen sicheren Rückhalt. Erwachsene fühlen sich dagegen auf der Rückbank arg eingezwängt: Der Kopf berührt bei Größeren das Dach, die Beine stoßen an die Vordersitze - zur Not geht das für Kurzstrecken, aber länger und dauerhaft ist es eine Qual.

Zäher Vorwärtsdrang

Mit dem Verkehr mitschwimmen geht ohne Probleme Foto: Fiat

Der naturgemäß kleine Kofferraum verlangt Zurückhaltung beim Packen, die Alltagslast aus Getränkekästen und Einkaufstüten bekommt man leicht unter. Überwunden werden muss dafür nur die hohe Ladekante, die nicht bündig mit dem Kofferraumboden endet. Bei Platznot lässt sich die Rückbank umklappen, um das Kofferraumvolumen fast zu vervierfachen.

Den Vortrieb für Vielfahrer übernimmt der 70 kW/95 PS starke 1,3-Liter-Einstiegsdiesel. Mit dem Turbo-Vierzylinder schwimmen Fahrer und Auto im Stadtverkehr störungsfrei mit, sobald der Motor einmal in Fahrt gekommen ist. Dies erfordert ein wenig Geduld. An der Kreuzung geht es zäh vorwärts. Erst der beherzte Tritt auf das Gaspedal bringt den Dieselmotor gemächlich auf Leistung, wenn der Motor 2000 U/min erreicht. Verbunden ist dies mit einer wachsenden Geräuschentwicklung, die auch mit Vibrationen einhergeht.

6,4 Liter Diesel statt 4,2 Liter

Mit Start-Stopp-Automatik Foto: Fiat

Wer beim Beschleunigen der serienmäßigen Schaltempfehlung im Display folgt, senkt zwar möglicherweise seinen Spritverbrauch auf die genormten 4,2 Liter Diesel je 100 Kilometer, benötigt aber gerade am Hang gefühlte Ewigkeiten. Zügiges Fortkommen erhöht den Spritverbrauch in der Praxis auf 6,4 Liter Diesel - trotz gut funktionierender Start-Stopp-Automatik, die den Motor beim Auskuppeln an der Ampel ausschaltet.

Die für die Kraftübertragung eingesetzte Fünfgang-Handschaltung flutscht gut durch die Gassen, nur der erste Gang hakelt manchmal beim Einlegen an der Ampel. Die Federung ist für einen Kleinwagen durchaus gut ausgelegt, nur tiefe Schlaglöcher schütteln die Passagiere ordentlich durch. Die Neigung in schnell gefahrenen Kurven hält sich in Grenzen.

Schwerfällige Lenkung

Die Lenkung ist präzise, aber schwerfällig. Doch beim Einparken kann sie per Knopfdruck auf leichtgängig geschaltet werden, wodurch das Rangieren leichter fällt. Vielfahrende Gemütsmenschen sind beim Fiat Punto Evo mit Einstiegsdiesel gut aufgehoben. Wenn es nicht immer schnell gehen muss, kommen sie auf ihre Kosten. Komfort und Sicherheit versprechen serienmäßig unter anderem eine Berganfahrhilfe, der Schleuderschutz ESP und sieben Airbags. Dies fordert aber den stolzen Preis von mindestens 17.500 Euro. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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