Daihatsu Materia: Auffallend anders

Daihatsu Materia: Auffallend anders
Der Daihatsu Materia © Foto: Daihatsu

Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten. Daihatsu hat nach dem Trevis mit dem Materia ein weiteres polarisierendes Modell entwickelt. Was der Kompakt-Van zu bieten hat, zeigt unser Test.

Von Thomas Flehmer

In vergangenen Zeiten galt Citroen als der Hersteller von extrovertierten Automobilen. Doch nun scheint Daihatsu das Erbe der Franzosen antreten zu wollen. Einige Monate nach der Präsentation des Trevis, einem auf Mini getrimmten Asiaten, lässt das Unternehmen aus Osaka nun den Kompakt-Van Materia folgen, dem großgewordenen Trevis. Dabei ist der Name für Daihatsu Programm. «Der Begriff stammt aus dem Lateinischen und bedeutet Stoff», sagte Reiner Koch, Pressesprecher von Daihatsu Deutschland, «unser Materia ist der Stoff, der das mobile Leben des Besitzers bereichern soll.»

Reifen wirken verloren

Besonders reich werden die Besitzer an Blicken der anderen Verkehrsteilnehmer, das zeigten die ersten Testfahrten. Wie beim Trevis hebt sich der Materia, der seine Premiere auf dem Autosalon in Paris feierte, aus der Menge hervor - ob positiv oder negativ, muss jeder für sich beantworten. Auf den ersten Testfahreten durch Turin drehten viele Verkehrsteilnehmer die Köpfe.

Der Kompakt-Van zeigt sich als eine Mischung aus PT Cruiser und Geldtransporter. Bullig und kompakt wie eine Kiste steht das 3,80 Meter lange Mobil da. Die Frontpartie wirkt grimmig, was durch die serienmäßig getönten hinteren Fenster verstärkt wird, die auch einer Gangster-Limousine aus den dreißiger Jahren alle Ehre gemacht hätten.

Dank des langen Radstandes von 2,54 Metern und der nach hinten ansteigenden Linie wird das Kastenförmige weiter verstärkt. Lediglich die 15 Zoll-Reifen trüben das Bild. Diese Größe passt zum Trevis, doch der 1,63 Meter hohe Materia wirkt auf dieser Reifengröße etwas verloren. Hier würden 16, besser noch 17 Zoll große Reifen für noch mehr Aufmerksamkeit sorgen.

Üppige Platzverhältnisse

Viel Platz im Innenraum Foto: Werk

Den Platz, den der Materia von außen für sich behauptet, bietet sich den bis zu fünf Insassen auch im Innern. Kopffreiheit, Beinfreiheit, alles ist im Überfluss auch für Großgewachsene gegeben. Die Rückbank lässt sich um 16 Zentimeter verschieben, die Rücksitzlehnen können wie gewohnt im Verhältnis 60:40 umgeklappt werden. Diese üppigen Platzverhältnisse gehen auf Kosten des Kofferraumvolumens. 294 Liter sind nicht gerade viel, selbst umgeklappt stehen nur 619 Liter zur Verfügung.

Einengend wirkt dagegen die Verkleidung des Innenraums. Das Grauschwarz vermittelt in Verbindung mit den schwarzen Plastik-Applikationen der Armaturen eher Enge, obwohl viel Platz vorhanden ist. Ein Glasdach würde den Innenraum aufwerten. Die innovative blaue Beleuchtung der Lautsprecher reicht nicht ganz aus, um den Eindruck der Enge zu verscheuchen. Auch fehlt das Momo-Lenkrad, das Daihatsu sonst bei seinen Modellen einsetzt. Anstatt aktuelle Akzente zu setzen, begleitet das schnöde Lenkrad den Fahrer auf der Fahrt in die Vergangenheit - diesmal nicht die goldenen 30er, sondern eher frühe Nachkriegszeit.

Solides Fahrwerk

Der Materia polarisiert auch von hinten polarisierend Foto: Werk

Voll auf der Höhe der Zeit präsentiert sich dagegen der 1,5 Benziner. 76 kW /103 PS und ein maximales Drehmoment von 132 Nm bei 4400 U/min erscheinen auf den ersten Blick nicht gerade viel für das 135 Kilogramm schwere Mobil. Doch der Materia machte auf den ersten Fahrten einen gute Eindruck. Auch das Fahrwerk präsentierte sich solide. Klar, dass man nicht in einem Mercedes sitzt, so werden Straßenunebenheiten eher an die Passagiere durchgegeben als in der E-Klasse. Wünschenswert wäre ein sechster Gang, um die Höchstgeschwindigkeit von 170 km/h etwas leiser zu erreichen. Gespräche um die 150 km/h sind aber trotzdem sehr gut möglich ohne sich anschreien zu müssen.

Die von Daihatsu angegebenen 7,5 Liter Normalbenzin sowie 176 g/ CO2 pro Kilometer stehen wieder für Vergangenes. Hier wirkt sich die Kastenform des Materia negativ aus. Auch dass das elektronische Stabilitätsprogramm nicht serienmäßig, sondern in Verbindung mit der Traktionskontrolle optional für 500 Euro zu erhalten ist, ist nicht auf der Höhe der Zeit.

Kurze Aufpreisliste

Der Kofferraum Foto: Werk

Ansonsten hält sich die Aufpreisliste in Grenzen. Eine Vierstufen-Automatik wird für 970 Euro angeboten. Kopfairbags für 450 Euro sowie eine Perleffektlackierung für 390 Euro runden das Programm ab. So ist der Einstiegspreis für den 1.5 bei 15.490 Euro recht authentisch. Wer sich für den 1.3 mit 67 kW/91 PS entscheidet, zahlt 1000 Euro weniger. Ab Mai wird dann noch der Allradler Eco 4WD auf den Markt kommen. Der kostet 1000 Euro mehr.

Insgesamt hat Daihatsu für Deutschland hohe Ziele. Obwohl der Materia erst im Frühjahr bei den Händlern steht, sollen 1500 Fahrzeuge verkauft werden. Damit würde der Kompakt-Van hinter dem Cuore und dem Sirioin den dritten Platz der Modellpalette erklimmen und einen Anteil von knapp zehn Prozent des Absatzes ausmachen.

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