Der neue Volks-Wagen

Der Dacia Logan MCV bringt alles mit, um ein richtiger Wagen für das Volk zu werden. In Deutschland hat der Kombi der rumänischen Renault-Tochter nur ein Problem – das falsche Emblem auf dem Kühlergrill.

Von Thomas Flehmer

Die kritischen Stimmen zum Markteintritt des Dacia Logan vor zwei Jahren waren schnell da. In Zeiten hohen Standards und Komforts erntete der Dacia Logan aus Rumänien zahlreiches Gelächter. Zwei Jahre später sind die Gelächter abgeflaut. Das Billigauto der Renault-Tochter hat seinen Zweck erfüllt und ist auch immer mehr auf deutschen Straßen zu sehen. Zumeist ist er als Kombi MCV unterwegs, der seit Januar 2007 angeboten wird und bei den Testfahrten seinen hohen Nutzwert unter Beweis stellte.

Viel Nutzwert, kaum Komfort

Sicher, man muss die Erwartungen herunterschrauben. Hier kommt ein Auto, das auch nur als solches benutzt werden möchte - kein Schnickschnack, kaum Komfort. Immerhin gibt es beim Kombi kein so hässliches Heck wie bei der Limousine. Überhaupt fügt sich der 4,45 Meter lange MCV - etwas kantig zwar - gut in das Gesamtbild des deutschen Straßenverkehrs ein.

Das gilt besonders für den Innenraum. Hier tun sich für die Insassen Welten auf. Ein Radstand von 2.90 Meter sorgt für massig Platz, auch auf den hinteren Sitzreihen. Wer optional die dritte Sitzreihe für 450 Euro ordert, kann gut sieben Personen verstauen, sprich vier Erwachsene und drei Kinder. Für diese Anzahl an Personen gab es früher nur den VW-Bus. Und selbst die ausgewachsenen Insassen bekommen in der dritten Sitzreihe keine Platzängste.

Rumänisches Raumwunder

Sehr viel Platz vorhanden Foto: AG/Flehmer

Sollte mehr Raum zum Transport zur Verfügung stehen, kann die dritte Sitzreihe unkompliziert entnommen werden und sperrigen Sachen den Eingang verschaffen. Dann schwillt das Kofferraumvolumen von 198 Liter auf gleich korpulente 700 Liter. Wird auch noch die zweite Sitzreihe umgeklappt, stehen sage und schreibe bis zu 2350 Liter zur Verfügung. Da mutiert der Personentransporter zum Nutzfahrzeug.

Zumal das Verladen von sperrigen Sachen keine Probleme bereitet. Zwei Türen statt einer Klappe, die eventuell mühsam nach unten bugsiert werden muss, und eine niedrige Ladekante erleichtern das Beladen ganz deutlich. Und schon kann die Fahrt oder der Transport losgehen.

Schlechte Sicht durch Heckfenster

Stoffsitze und Hartplastik Foto: Renault

Natürlich erwarten einen bei der Fahrt keine Ledersitze oder versenkbare Hochtöner. Trotzdem geben die stoffüberzogenen Sitze genügend Halt, die Sitzfläche ist aber etwas zu kurz geraten. Die Instrumente sind übersichtlich angeordnet. Wer allerdings Heizung oder die ebenfalls optional erhältliche Klimaanlage bedienen möchte, muss sich bücken, da die Schaltfunktionen in der Mittelkonsole schwierig zu erreichen sind. Das pendelt sich erst im Laufe der Zeit mit Erfahrung ein.

Schwierig ist auch die Sicht nach hinten hinaus. Die Verstrebungen der Hecktüren behindern die ebenso wie die Kopfstützen der hintern Reihen, selbst wenn dort keiner sitzt. Dacia fahren heißt hier, dass man den Außenspiegeln und dem so genannten Radfahrerblick mehr Vertrauen schenken muss. Weitere Kritik erntet der rumänische Import aufgrund des fehlenden ESP, das überhaupt nicht angeboten wird. Hier ist aber auch der Gesetzgeber gefragt, der für alle Neuwagen diesen lebenswichtigen, rund 500 Euro teuren Assistenten vorschreiben sollte. Denn noch bestellen die Käufer eher eine dynamische CD-Anlage oder Leichtmetallfelgen anstatt über die Sicherheit nachzudenken.

1000 Kilometer mit einer Tankfüllung

Fügt sich gut ins Straßenbild ein Foto: Renault

Sehr erfreulich dagegen agiert der von uns gefahrene neue 1.5 dCi aus dem Renault-Regal mit 63 kW/86 PS. Während die kleine Maschine mit lediglich 68 PS doch eher träge war, reiht sich der Topdiesel gut ein. 200 Newtonmeter, die schon bei 1900 U/min anliegen, sorgen für einen ordentlichen Vortrieb. Die angegebenen 161 km/h Höchstgeschwindigkeit wurden auf der Alleinfahrt auf der Autobahn bei weitem übertroffen. Hier pendelte sich der Tacho bei gut 175 km/h ein und entlockte den anderen Verkehrsteilnehmern ein gewisses Staunen.

Sicher ist der Motor bei den hohen Geschwindigkeiten etwas lauter, trotzdem konnte man sich unterhalten. Mit einem sechsten Gang könnten die Geräusche etwas mehr gedämmt werden. Und auch der Spritzverbrauch würde weiter sinken. Aber auch schon so konnte der Logan im Testzeitraum mit durchschnittlich 5,3 Litern Diesel die von Renault angegebenen 5,2 Liter fast erreichen. Somit erhöht sich der CO2-Wert von 137 g/km auch nur unwesentlich. 50 Liter Tankvolumen stehen einem zur Verfügung. Wer aber nach dem ersten Klicken der Zapfpistole noch einmal anlegt, kann deutlich mehr Inhalt hinzufügen. Wo die gespeichert werden, ist unklar. Doch so kann mit einer Tankfüllung eine vierstellige Kilometerzahl erreicht werden.

Fehlendes Standing

Praktisch zum Öffnen Foto: AG/Flehmer

Der von uns gefahrene Topdiesel in der höchsten Ausstattungsvariante «Laureaté» beginnt bei 12.650 Euro, das sind umgerechnet rund 24.000 Mark. Sicher hat man dafür vor zehn Jahren einen Ford Escort Turnier als Jahreswagen erhalten, heute reicht das Geld für eine Topausstattung eines Daihatsu Cuore, der nur 1000 Euro günstiger ist, von Kombis oder Limousinen ganz zu schweigen. Klimaanlage verbunden mit CD-System kosten weitere 1250 Euro Aufpreis, Seitenairbags 280 Euro. Alles weitere aufpreispflichtige Zeug ist für den Dacia Schnickschnack und somit eigentlich hinfällig. Eine starke Diskrepanz besteht aber zwischen dem Diesel und dem Benziner, der bereits bei 8400 Euro ins Rennen einsteigt und in der Version «Laureate» mit 10.850 Euro beginnt.

Denn der Logan ist und will ein bezahlbarer Wagen sein. Das hat er im Testzeitraum vollends unter Beweis gestellt. Zahlreiche Anfragen von Nachbarn oder Bekannten konnten positiv beantwortet werden. Doch - und hier liegt das größte Problem für den Dacia Logan - verfügt er nicht über das gewisse Image. Mit dem «richtigen Emblem» auf der Kühlerhaube würde der Kombi, der in der Basisversion als Benziner etwas mehr kostet als die Keramikbremse eines Porsche, zum richtigen und derzeit wohl einzigen Volks-Wagen mutieren.

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