Zäher Transformator

Chevrolet Camaro

Im neuesten Transformers-Streifen verwandelt sich Hauptdarsteller «Bubblebee» regelmäßig in den vor Kraft strotzenden Chevrolet Camaro. Grund genug, der Musclecar-Legende einmal abseits der Filmleinwand auf den Zahn zu fühlen.

Von Stefan Grundhoff

Der neueste Transformers-Streifen begeistert seit Wochen weltweit die Kinofans. Doch wie sieht es mit einem der geheimen Hauptdarsteller aus, wenn er auf der Straße bewegt wird, statt die Kinoleinwand zu bevölkern? Während der sehnlichst erwartete Chevrolet Camaro bereits im Frühjahr als Bestseller auf dem angeschlagenen Heimatmarkt zu bekommen ist, müssen sich die deutschen Musclecar-Fans noch rund ein Jahr gedulden.

Als Sechs- und Achtzylinder

Wenn sich Kinofigur «Bubblebee» im neuen Transformers-Film im Handumdrehen in einen bulligen Camaro verwandelt, gehen Cineasten und Musclecar-Liebhabern die Augen über. Das Design des neuen Chevrolets scheint einzig für den Actionkracher kreiert worden zu sein. Sein Auftritt ist martialisch. Tief geduckt kauert das 1,92 Meter breite Sportcoupé auf der Straße. Aus der düsteren Kühlerfront blitzen gefährliche Xenonblitze und die schmalen Fensterelemente wirken eher wie Schießscharten, um Eindringlinge abzuwehren. Die Formen des Camaro der Generation 2010 treiben nicht nur Kinofans Schweißperlen auf die Stirn. Wer ihn im Rückspiegel ausmacht, ahnt Böses und verdrückt sich aus der Schussbahn.

Wie man es von einem amerikanischen Musclecar kennt, ist ein bollernder Achtzylinder unter der mächtigen Motorhaube unersetzlich. Das Camaro-Standardmodell mit dem imageträchtigen Namenszusatz „SS - Super Sport“ wird von einem 6,2 Liter großen Achtzylinder mit 318 kW / 426 PS befeuert. Wer das Kraftwerk entfacht, kann vor Kraft kaum mehr laufen. 570 Nm maximales Drehmoment und 0 auf 100 km/h in unter fünf Sekunden lassen den dünnen Gummibelag auf den 20-Zoll-Walzen schnell zum Feind jeden Vortriebs werden. Für Nachwuchs-Kräfte geht es auch zwei Klassen zahmer. Als Einstiegsmodell ist der Camaro ebenfalls mit einem 3,6 Liter großen Sechszylinder zu bekommen.

Zähe Automatik

Der Achtzylinder ist dem V6 vorzuziehen Foto: Chevrolet

Der leistet dank Direkteinspritzung immerhin noch 227 kW / 304 PS und 370 Nm maximales Drehmoment und verspricht neben 0 auf 100 km/h in 6,2 Sekunden sowie 210 km/h Spitze einen betont annehmbaren Verbrauch von 11,5 Litern Super auf 100 Kilometern. Die automobile Neuzeit ist eben auch an den begehrten Musclecars nicht spurlos vorüber gegangen.

Wer echte Power will, kommt um den bärenstarken Achtzylinder jedoch nicht herum. Denn der Einsteiger-V6 kann trotz zeitgemäßer Direkteinspritzung kaum überzeugen. Sein Tatendrang wird insbesondere von der alles andere als gut abgestimmten Sechsgang-Automatik geschwächt. Der besonders zähe Automatikmodus ist für ein Sportcoupé wie den Camaro unbrauchbar und auch der manuelle Schaltmodus mag für eine träge US-Limousine akzeptabel sein; in der Wiederauflage der Sportwagenikone aus den 60er und 70er Jahren ist es das nicht.

Enttäuschender Innenraum

Insgesamt enttäuscht der Innenraum mit billigem Plastikcharme Foto: Chevrolet

Allzu zäh und angestrengt arbeitet das Camaro-Triebwerk bei niedrigen und hohen Drehzahlen. Allein im mittleren Drehzahlband hat man das Gefühl lässig im Verkehr mitschwimmen zu können. Die Blicke der Umgebung gehören einem angesichts der Angst einflößenden Außenhaut sowieso. Doch so grandios sich das Außendesign dem Betrachter präsentiert, so enttäuschend ist das Innere. Die Lieblosigkeit des Cockpits ist kaum zu überbieten. Preiswert anmutende Kunststoffoberflächen, Verkleidungen und Bedienmodule wohin das Auge auch schaut, lassen einem nicht nur als Sportwagenfan erschaudern.

Die zahlreichen Analoguhren im Armaturenbrett und in der Mittelkonsole sind mit dem Retrostyle der späten 60er Jahre hübsch gemeint und lausig gemacht. Dazu ist der Verstellbereich der Sitze kaum ausreichend, der Seitenhalt einem Sportcoupé unwürdig und das Sportlenkrad schlicht und einfach lieblos.

Übertriebene Wankbewegungen

Bulliger Auftritt Foto: Chevrolet

Nicht viel besser sieht es bei der Fahrwerksabstimmung aus. Gerade die Vorderachse poltert nicht nur durch den breiten 20-Zoll-Radsatz, der so perfekt zu den sehnigen Formen des Camaro passt. Auch von den Vorteilen der Mehrlenkerhinterachse, die den Amerikaner zum Beispiel deutlich von seinem Hauptkonkurrenten Ford Mustang unterscheidet, merkt man allenfalls im Grenzbereich etwas Positives. Hier sorgt die hintere Achskonstruktion zusammen mit dem 2,85 Meter langen Radstand für Ruhe in der Karosserie.

Jedoch fällt es angesichts der variablen Servounterstützung schwer, das rechte Maß bei der dynamischen Kurvenhatz zu finden. Die übertriebenen Wankbewegungen der Karosse sorgen dafür, dass man sich schnell wieder auf die Gleitqualitäten des Chevrolet Camaro besinnt. Gerade für die Geschwindigkeitshungrigen Europäer muss hier vor Marktstart im Jahre 2010 kräftig nachgearbeitet werden.

Kampfpreis zum Start

Auch Burt Reynolds genoss einen Camaro Foto: Chevrolet

Daran ändert auch der Kampfpreis wenig, mit dem der Chevrolet Camaro seine amerikanischen Interessenten zu begeistern scheint. Das Basismodell Camaro 3.6 LS startet bei unglaublichen 22.995 Dollar. Selbst das gut ausgestattete RS-Modell in Verbindung mit dem 304 PS starken Sechszylinder kostet mit Spoilersatz, 20-Zöllern, beheizten Ledersitzen und netten Annehmlichkeiten bei unter 29.000 Dollar. In jedem Fall kann man sich gerade bei dem kleineren Motor die 1.200 Dollar teure Automatik sparen.

In der Bestbesetzung wird der Camaro SS sowieso von dem entsprechend potenten 6,2-Liter-Triebwerk befeuert - ab 30.995 Dollar. In Deutschland wird der von den bekannten US-Importeuren für knapp unter 50.000 Euro angeboten. Bleibt abzuwarten, für wie viel Geld Chevrolet den Camaro ab 2010 frei laufen lässt.

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