Benelli Tre-K 1130: Abenteuer mit drei Zylindern

Benelli Tre-K 1130: Abenteuer mit drei Zylindern
Benelli Tre-K 1130 © Foto: Werk

Benelli hat dank chinesischer Hilfe seine finanzielle Schieflage überwunden. Mit einer Reiseenduro wagt das Unternehmen einen Neuanfang. Was die Tre-K mit ihrem Dreizylinder-Motor leistet, zeigt unser Test.

Von Thilo Kozik

Es ist viel los an diesem Sonntagmorgen irgendwo im Hinterland von Rimini, jede Menge Motorräder, Mädchen auf Rollern, unzählige Radfahrer und Familien in Fiats auf dem Wochenendausflug. Mittendrin in dieser typisch italienischen Szene: Benellis neue Tre-K 1130, eine elegante Maschine, so italienisch wie ein Motorrad nur sein kann. Abgesehen von einem kleinen Schönheitsfehler: Benelli selbst gehört den Chinesen von Qianjiang.

Finanzielle Schieflage

Letzten Oktober war die Firma Benelli in extremen finanziellen Schwierigkeiten, die Zulieferer konnten nicht bezahlt werden und die Produktion musste angehalten werden. Dann stieg Qianjiang ein, Chinas größter Motorrad- und Rollerhersteller, zahlte die ausstehenden Rechnungen, die Produktion lief wieder an und als erstes Modell der neuen Epoche steht nun die Tre-K da.

Ein Blick macht klar, dass dieses Dreizylinder-Motorrad in der Klasse der großvolumigen Roadster mit Geländeanmutung wie Triumph Tiger und Ducati Multistrada ein gehöriges Wörtchen mitreden möchte. Grundsätzlich basiert die Neue auf Benellis Naked Bike TnT, versehen mit einer weniger aggressiven Version des bekannten 1130 ccm dohc-Dreizylinders, der in einem ausladenderen, weniger extremen Fahrwerk sitzt. Das steht schon mal für mehr Komfort und gestiegene Allround-Qualitäten.

Optisch kann die Benelli Tre-K eine Verwandtschaft zur Tiger nicht verleugnen, gerade von vorn ähneln sich die scharfen Halbschalenverkleidungen über dem leicht nach vorn geneigten Dreizylinder. Benelli vertraut auf die bekannte Rahmenkonstruktion, den Verbund-Brückenrahmen aus Chrom-Molybdän-Stahlrohren mit Aluguss-Lenkkopf und Schwingendrehpunktverbindung, der Heckrahmen ist aus Aluminium gefertigt.

Spaß zu zweit

Der Viertakt-Dreizylinder der Benelli Tre-K 1130 leistet 125 Foto: Werk

Allerdings fällt der Lenkkopfwinkel weniger steil aus, der Heckrahmen dafür stabiler und die Umlenkung der hinteren Radaufhängung arbeitet jetzt progressiver. Alles Maßnahmen, die auf den zu erwartenden Zweierbetrieb abzielen. Bisher lag bei den anderen Benelli-Modellen der Fokus noch auf dem Einzelvergnügen. Gegenüber der TnT verhelfen dem Zwölfventiler zahmere Nockenwellen, engere Einlass- wie Auslasstrakte, eine überarbeitete Einspritzung samt neuem, Euro3-gemäßem Auspuffsystem mit Katalysator zu einer ausgeglicheneren Motorcharakteristik.

Ungeachtet dessen liegt das Leistungsmaximum mit 125 PS bei 9000/min immer noch zehn Pferdestärken über der Tiger und 30 über der Multistrada 1100. Der italienische Dreizylinder ist ein wahrer Charakterkerl, und das schon beim Anlassen, wenn er sich mit einem rauen, kehligen Ton aus dem Einzelschalldämpfer unter der Sitzbank zu Wort meldet. Danach drückt er mit einem sanften Gefühl stets nachdrücklich voran. Benellis Chefingenieur Pierluigi Marconi hat viel Wert auf einen verbesserten Drehmomentverlauf unten herum gelegt. Sauber ans Gas geht der Triple ab 3000 Touren, drückt kräftig in der Drehzahlmitte voran und hält das Niveau bis zur 10000er Marke, wo der rote Bereich beginnt.

Entspanntes Cruisen

Die Benelli Tre-K 1130 ist hinten mit 180er-Reifen bestückt Foto: Werk

Das dürfte locker für echte 240km/h reichen, doch auf den kurvigen Sträßchen hier unten ist nicht einmal daran zu denken. Die etwas längere Endübersetzung des geschmeidigen Sechsganggetriebes macht ein entspanntes Cruisen möglich mit 150km/h auf dem digitalen Tacho. Über einen ungewöhnlichen Knopf im Cockpit lassen sich der Einspritzanlage zwei verschiedene Mappings vorgeben. Doch im Fahrbetrieb wirkt sich das nicht so dramatisch aus, denn der Knopf wirkt nur unterhalb 4000 Kurbelwellenumdrehungen und ist eigentlich dazu da, die Tre-K durch die Euro3-Tests zu bringen.

Obwohl die Sitzhöhe mit 810 mm nicht gerade niedrig ausfällt und auch der Lenkeinschlag ein wenig mickrig ist, reicht die Handlichkeit der Benelli auch für die verwinkelten kleinen Altstädte an der Adriaküste aus. Die leicht höheren Lenkerenden und abgesenkten Fußrasten bescheren ein feines Plätzchen, und hinter der kleinen Verkleidung genießt man sogar unerwarteten Windschutz. Die verstellbare Scheibe flattert zwar bei hohen Geschwindigkeiten, insbesondere in der höchsten Position, aber der Einstellmechanismus ist so kinderleicht zu handhaben, dass dies verschmerzt werden kann.

Nur 205 kg Gewicht

Benelli Tre-K 1130 Foto: Werk

Das Handling fällt durch die softere Federungsabstimmung und die langen 140 mm Federwege vorn wie hinten nicht so knackig aus wie bei der sportlicheren TnT. Doch weder die Stabilität bei hohen Tempi noch die Neutralität beim Einlenken müssen kritisiert werden. Mit 205 bringt der Triple sogar vergleichsweise wenig Kilo auf die Waage und lässt sich über den breiten Lenker gut durch enge Kehren zirkeln.

Recht schluckfreudig gibt sich zudem die nicht einstellbare Upside-Down-Gabel von Marzocchi mit 50 mm Gleitrohrdurchmesser. Bodenunebenheiten landen zum großen Teil in ihr, trotz der komfortablen Auslegung taucht sie beim heftigen Ankern nicht zu tief ein. Denn dieses Manöver ist mit den konventionellen Brembo-Stoppern kein Problem, wie sie es bei einer plötzlich hinter der Kurve auftauchenden Meute Radfahrer unter Beweis stellen. Mit den aufsehenerregenden Auftritten einer TnT oder der vollverkleideten Tornado kann die Tre-K nicht mithalten.

Doch das muss sie gar nicht, denn als Allrounder mit typischem Benelli Dreizylinder-Charakter dürfte sie eine größere Zahl Liebhaber überzeugen. Zumal sie mit 11.990 Euro (zzgl. 250 Euro Nebenkosten) durchaus konkurrenzfähig ausgepreist ist. Benellis Neustart unter chinesischer Flagge weckt berechtigte Hoffnungen auf einen erfolgreichen Fortgang.

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