Automobiles Westfalen

Artega GT

Es ist ein Start von 0 auf 100 km/h. Den schafft der Artega GT in weniger als fünf Sekunden. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten zeigt ein Zulieferer, dass es auch aufwärts gehen kann – und baut seinen eigenen Sportwagen.

Von Stefan Grundhoff

Artega will mehr sein als eine kleine Sportwagenschmiede, die in Kleinserie einen Sportler von den Dimensionen des Cayman auf die Breitreifen stellt. Dabei ist der Artega GT weniger ein Konkurrent des Porsche-Einsteigers, sondern vielmehr ein Spaßmacher für diejenigen, die das Ungewöhnliche auf vier Rädern lieben. Vier Meter lang, kaum 1,20 Meter hoch und fast 1,90 Meter breit; dazu 300 PS stark, 1100 Kilogramm schwer und mindestens 75.000 Euro teuer - das ist der ganze Stolz des automobilen Westfalens. Wo sich sonst Fuchs und Hase verträumt gute Nacht sagen, entsteht in Delbrück einer der schärfsten Sportwagen der letzten Jahre. Schnittige Kunststoffkarosserie, Mittelmotor und 19-Zoll-Radsatz: Das ist der Artega GT.

Anfang bei Null

Der erfolgreiche Autozulieferer Paragon suchte im Jahre 2003 eigentlich nur eine Möglichkeit, seine Cockpitsysteme stilvoll als mobile Visitenkarte in Szene zu setzen. Als man bei verschiedenen Kleinserienherstellern zunächst nicht zufriedenstellend bedient wurde und der letztliche Favorit schließlich finanziell in die Knie ging, entschied man sich spontan, die wirre Idee eines sportlichen Zweisitzers selbst in die Tat umzusetzen. Im kommenden Frühjahr wird der automobile Traum Realität. Derzeit laufen die ersten Artega GT aus der 50-Mann-Manufaktur im westfälischen Delbrück. Die ersten Kundenfahrzeuge sollen im März 2009 ausgeliefert werden. Die Nachfrage ist gigantisch.

Vielen aus der Branche erschien die Idee mehr als verrückt, dass Paragon, Fast-Monopolist in der Sparte Luftgütesensoren, einen derartigen Sportwagen auf die Räder stellen wollte. Ein Anfang bei Null. Ohne Werkshalle, ohne Mitarbeiter, ohne Marke und ohne echte Vorkenntnisse. Firmenchef Klaus Dieter Frers entschied Ende 2005 jedoch vollmundig: „Dann bauen wir den Wagen eben selbst.“ In gerade einmal dreijähriger Entwicklungszeit kreierte man Design, Produktionsstätte, Auto und Konzeptumsetzung. „Unsere schlanken Hierarchien haben das hier am Standort Delbrück überhaupt nur möglich gemacht“, so Pressesprecher Matthias Hack.

Kompetente Berater an Bord

Formschönes Heck Foto: Paragon

Auch wenn Artega in Sachen Automobilbau ein echter Frischling ist, so hat man sich kompetente Partner ins Boot geholt. Berater Karl-Heinz Kalbfell machte sich unter anderem bereits im Vorstand von BMW und als Chef von Alfa Romeo sowie Maserati einen Namen. Auch beim Design wollte man klotzen statt kleckern. So holte man sich für die Kreation des Mittelmotorcoupés mit dem renommierten Dänen Fisker einen echten Sportwagenexperten. Der hatte im Frühjahr 2006 gerade bei Aston Martin die Segel gestrichen und mit Kreationen wie dem BMW Z8 oder dem Aston-Martin-Modellen DB9 und Vantage gezeigt, was er drauf hat. «Schließlich hatten wir vier Designvorschläge auf dem Tisch. Aus den beiden besten hat Klaus Dieter Frers Font und Heck miteinander kombiniert und fertig war der Artega GT», so Matthias Hack. Nur wenige Monate später war der erste Prototyp auf dem Genfer Automobilsalon im März 2007 zu bestaunen.

Mit großer Liebe zum Detail und enormer Hingabe wurde nicht nur die Marke Artega, sondern auch der GT Realität. Der sieht mit seinen weichen Linien nicht nur sportlich aus, sondern fährt sich auch so. Bei der Entwicklung half unter anderem die Nähe zum Volkswagen-Konzern, zu dem Klaus Dieter Frers besonders gute Beziehungen unterhält. So steuern die Wolfsburger nicht nur den 300 PS starken V6-Motor, sondern auch Kleinteile und das begehrte Direktschaltgetriebe DSG bei. Der Artega GT ist ein echter Sportwagen. Gerade in Verbindung mit dem optionalen 305er Reifen auf der Hinterachse ist der gerade einmal 1,1 Tonnen schwere Hecktriebler hart gefedert. Die direkte, aber schwergängige Lenkung erfreut den Piloten in schnellen Kurven und nervt beim Einparken fast mehr als die Unübersichtlichkeit nach hinten. Die kann man mit der optionalen Einparkhilfe umschiffen.

Innenraum soll Maßstäbe setzen

Mehr als ein Hauch von Porsche Foto: Paradon

Bereits auf den ersten Metern kann man sich von den Qualitäten des westfälischen Sportwagens überzeugen. Der an sich recht langweilige Sechszylinder aus dem VW Passat R36 und Audi Q7 brüllt bei Pedaltritten wie ein Löwe und bringt unumwunden seinen stattlichen Tatendrang an die Hinterachse. Etwas mehr Biss würde man sich trotz der 221 kW / 300 PS und rund 280 km/h Spitze dennoch wünschen. Ab 2.200 U/min steht das maximale Drehmoment von 350 Nm zur Verfügung. Die beim Prototypen noch etwas unwillige Doppelkupplung sorgt dafür, dass man lautstark jederzeit bei der Musik ist. Besonders wild geht es im Sportmodus und bei manueller Beeinflussung der Schaltvorgänge zu. Dann dreht der Renner bis an die 7.000er-Marke und drückt einen ohne jegliche Zugkraftverluste in die Lederstühle. Bei aller Sportlichkeit soll sich der Artega GT mit gerade einmal neun Litern auf 100 Kilometern zufrieden geben.

Der Innenraum des Artega GT soll in der Liga der kompakten Sportcoupés Maßstäbe setzen. Dank der angenehmen Innenbreite stößt man selbst bei scharfer Kurvenhatz nicht mit Ellenbogen oder Schultern zusammen. Doch bei der Sitzhöhe geht es für Personen über 1,85 Metern enger als beispielsweise im Porsche Cayman zu. Die ledernen Sportsitze können dagegen vollends überzeugen. Sie sehen nicht nur gut aus, sondern sind gleichermaßen bequem und stützend zugleich. Hinter dem Gestühl gibt es bis zu 225 Liter Stauraum. Die braucht man auch dringend. Im Kofferabteil vorn finden gerade einmal 75 Liter Platz. Am besten, man bestellt das exklusiv angepasste Kofferset gleich mit.

500 Fahrzeuge pro Jahr

Und auch bei dieser Ansicht scheint es Anleihen aus Zuffenhausen zu geben Foto: Paradon

Eigentlich war der Artega GT als Visitenkarte für die Armaturenbrett-Kompetenz des Paragon-Unternehmens gedacht. So gibt es eine Instrumententafel mit großer analoger Runduhr und frei programmierbaren Nebeninformationen. Über der Mittelkonsole ziehen zwei Analogchronos im Flugzeug-Stil ebenso den Blick auf sich. Kein großer Wurf scheint hingegen das große Multifunktionsdisplay im Fußraum. Es läuft nach unten vom Fahrer weg; ist deshalb schlecht abzulesen und ungünstig zu bedienen. Pfiffiger erscheint dagegen die Lösung, dass das Navigationssystem seine Routenführung in den Innenspiegel projiziert. Kleinere Elektronikprobleme werden derzeit noch ausgemerzt. «Doch bis im Frühjahr das erste Kundenautos ausgeliefert wird, haben wir das im Griff», verspricht Verkaufsleiter Benedikt Altrogge, «Qualität geht bei uns in jedem Fall vor Schnelligkeit.»

Unwahrscheinlich, dass der Artega, der anfangs für eine Jahresproduktion von 380 Fahrzeugen ausgelegt war, die exquisite Sportwagenkonkurrenz in echte Bedrängnis bringen wird. «Die Nachfrage ist ungeheuer groß», so Altrogge, «derzeit planen wir mit 500 Fahrzeugen pro Jahr.» Die erste Jahresproduktion ist bereits ausverkauft. Und das obwohl gerade einmal sechs Händler im Inland und sechs weitere Händler im europäischen Ausland unter Vertrag genommen worden sind. Dabei ist es längst kein Geheimnis mehr, dass der geschlossene Artega GT kein Einzelmodell bleiben wird. So sind unter anderem ein Roadster, sowie eine Sportversion im Gespräch. Auch eine eigene Rennserie scheint bei der Begeisterung von Initiator Klaus Dieter Frers nicht ausgeschlossen.

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